private Sicherheitsunternehmen mit Schusswaffe?

Polizeibezogenes, was in keine andere Sektion hineinpasst

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Beitragvon Yggdrasil » Mo 11. Sep 2006, 07:49

§ 3 HSOG ( Polizeigesetz in Hessen )

Geltungsbereich


(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden Anwendung bei der Erfüllung von Aufgaben der Gefahrenabwehr und weiterer Aufgaben nach § 1. Vorschriften des Bundes- oder des Landesrechts, in denen die Gefahrenabwehr und die weiteren Aufgaben besonders geregelt sind, gehen diesem Gesetz vor. Soweit die besonderen Rechtsvorschriften keine abschließenden Regelungen enthalten, ist dieses Gesetz ergänzend anzuwenden.


(2) Bei der Gefahrenabwehr sowie bei der Erforschung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sind die Vorschriften des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776) in der jeweils geltenden Fassung entsprechend anzuwenden.


(3) Bei der Erforschung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sind die Vorschriften der §§ 55 bis 62 über die Art und Weise der Anwendung unmittelbaren Zwanges anzuwenden, soweit die Strafprozessordnung keine abschließenden Regelungen enthält.
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Beitragvon Yggdrasil » Mo 11. Sep 2006, 07:58

das problem mit dem wachmann und seiner knarre ist auch leider ein phänomen, dass es erst in unserer moderne aufgetaucht ist. da hat im StGB noch keiner an solche auswüchse gedacht.

ein privatmann muss nicht nach dem verhältnismäßigkeitsgrundsatz handeln. geht ja auch nicht, denn das steht im polizeigesetz.

verteidigungsfähig ist JEDES rechtsgut. schranken gibt es eigentlich nur, wenn die beiden betroffenen rechtsgüter in einem krassen mißverhältnis zueinander stehen. z.b. erschießen, weil jemand beleidigt wurde. oder der angriff gegen betrunkene und kinder. kinder darf man ja bekannter maßen nicht mit der schrotflinte vom kirschbaum schießen, erwachsene schon.

der gesetzgeber hat sich ja gesagt, dass der staat das alleinige gewaltmonopol hat und die ausübung von gewalt durch den privatmann die absolute ausnahme sein soll. deswegen unterliegt die ausübung von gewalt durch den fachmann eben auch so hohen anforderungen (polizeigesetz) und die des privatmannes eben nicht. zu zeiten, in denen die notwehr erfunden wurde, gab es auch für die polizei noch keine so hohen voraussetzungen. früher gab es bei der polizei auch nur einen paragraphen und er besagte "tu alles was erforderlich ist um zuckt und ordnung zu gewährleisten). das hat dann die gewalt mit eingeschlossen. und aus dieser zeit stammt auch noch die notwehr für den privatmann.

heute ist das ausüben von gewalt durch den privatmann ja schon die regel, bei den ganzen unzähligen wachgesellschaften etc. man könnte schon darüber nachdenken, die notwehrparagraphen für gewerbsmäßige hilfssheriffs zu konkretisieren.
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Beitragvon Herr-Jemine » Mo 11. Sep 2006, 09:03

[quote=""Yggdrasil""]§ 3 HSOG ( Polizeigesetz in Hessen )

Geltungsbereich

(3) Bei der Erforschung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sind die Vorschriften der §§ 55 bis 62 über die Art und Weise der Anwendung unmittelbaren Zwanges anzuwenden, soweit die Strafprozessordnung keine abschließenden Regelungen enthält.[/quote]

schön, es gibt also doch gesetzgeber, die mitdenken! :)

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Beitragvon Herr-Jemine » Mo 11. Sep 2006, 09:13

[quote=""Yggdrasil""]
ein privatmann muss nicht nach dem verhältnismäßigkeitsgrundsatz handeln. geht ja auch nicht, denn das steht im polizeigesetz.

verteidigungsfähig ist JEDES rechtsgut. schranken gibt es eigentlich nur, wenn die beiden betroffenen rechtsgüter in einem krassen mißverhältnis zueinander stehen. z.b. erschießen, weil jemand beleidigt wurde. [/quote]
§ 34StGB Rechtfertigender Notstand

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.
wenn mir jemand einschlägige urteile vorlegen kann, nach denen ein räuber erschossen werden darf, werde ich gerne von meiner sicht abweichen. ich kann es mir jedenfalls nicht vorstellen, dass bei "geld oder leben" das eigene leben als derart gefährdet angesehen wird, dass gnaden- und konsequenzlos getötet werden darf, da der angriff dem rechtsgut eigentum gilt.

wenn es so wäre, hätten wir, wie ich weiter oben schon anmerkte, einen freibrief für private waffenträger, egal ob sie ihre waffe legal oder illegal tragen.

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Beitragvon springer » Mo 11. Sep 2006, 09:27

[quote=""Herr-Jemine""]aber wenn eine verhältnismässigkeit nicht gegeben sein muss, wozu dann die überschreitung der notwehr, und wozu der rechtfertigende notstand?[/quote]

Ok, ich gebs zu: ich musste nachlesen :/ :

Überschreitung der Notwehr bedeutet, dass Du mit der Notwehrhandlung weitermachst, obwohl kein Angriff mehr vorliegt.
Bsp.: A greift B an, B wehrt sich und schlägt A nieder, A liegt kampfunfähig am Boden - so weit ist es Notwehr. Notwehrüberschreitung wäre dann, wenn B auf den kampfunfähig am Boden liegenden weiter eintritt; ein Angriff geht von B ja nicht mehr aus, die Gefahr ist schon abgewehrt.

Beim rechtfertigender Notstand darfst Du eine Gestzesnorm brechen, um ein höherwertiges Rechtsgut zu schützen.
Bsp.:
A und B sind zusammen am A*sch der Welt - kein Handynetz, es kommt auch auf absehbare Zeit niemand vorbei. Sie sind mit dem Auto hingefahren, A hat einen FS, B nicht, kann aber Auto fahren.
Jetzt verletzt sich A lebensgefährlich. B packt A ins Auto und fährt in zum nächsten Krankenhaus, damit er med. versorgt werden kann.

B hat also - dem Tatbestand nach - eine Straftat (fahren ohne - § 21 StVG) begangen. Er hat diese Straftat aber nur begangen, weil sie das einzige Mittel war, das Leben des A zu schützen.
Hier findet jetzt eine Güterabwegung statt, was ist wichtiger: die Einhaltung der Verbotsnorm aus § 21 StVG oder das Leben des A - diese Entscheidung fällt für das Leben des A aus.
B darf also eine Rechtsnorm brechen, wenn es die einzige Möglichkeit ist, eine höher gestellte Rechtsnorm zu schützen und die Sache verhältnismäßig ist.

[quote=""Herr-Jemine""]der umkehrschluss wäre nämlich ein freibrief für den privaten sicherheitsmann, jeden räuber abknallen zu können. nein: sogar für jeden privatmann, auch den, der eine waffe illegal führt.[/quote]

Eine illegal geführte Waffe kann rechtmäßig zur Notwehr eingesetzt werden; das schließt eine Bestrafung wegen Verstoß WaffG aber natürlich nicht aus.
Das Notwehrrecht ist ja absichtlich recht weit gefasst - gerade wegen wegen dem Grundsatz "Recht braucht Unrecht nicht zu weichen".

[quote=""Herr-Jemine""] ich kann es mir jedenfalls nicht vorstellen, dass bei "geld oder leben" das eigene leben als derart gefährdet angesehen wird, dass gnaden- und konsequenzlos getötet werden darf, da der angriff dem rechtsgut eigentum gilt.[/quote]

Da war jetzt ein Denkfehler drin - der SWG bei "Gib mir all den Gold, oder..." läuft nicht nach dem rechtfertigenden Notstand, sondern nach Notwehr - hier liegt der gegenwärtige rw Angriff definitiv vor, also gilt grundsätzlich keine Güterabwägung.


Gruß,
Springer

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Beitragvon TomDark » Mo 11. Sep 2006, 09:50

[quote=""milka""]ok... ihr habt recht.... alle in den sicherheitsfirmen, sind gute, gläubige menschen; die sich nie was zu schulden kommen lassen haben!!!![/quote]

Hat niemand behauptet das es keine schwarzen Schafe gibt. Die gibt es überall, auch bei der Polizei, oder täusche ich mich?

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Beitragvon Yggdrasil » Mo 11. Sep 2006, 09:51

das problem ist, dass dieser notwehrparagraph absichtlich schwammig verfasst wurde. so dass jedes mal eine einzefallentscheidung getroffen werden muss. und wenn es schlimmstenfalls am ende die richter anders sehen als du, hattest du halt pech.

aus diesem grund und noch anderen bewegen wir beamte uns auch lieber im polizeigesetz und nicht im strafrecht oder bürgerlichen recht.

aber tatsache ist, dass man die verhältnismäßigkeit in an den unterschiedlichen rechtsgüter aus macht. das bedeutet, es wird nicht betrachtet ob es verältnismäßig ist in das recht auf leben einzugreifen um das recht am eigentum zu schützen. das ist völlig egal. es wird der maßstab der verhältnismäigkeit nur an der auswahl der mittel festgemacht. also warum erschießen und töten, wenn es auch ein schuss in die beine getan hätte um den flüchtenden einbrecher daran zu hinder, meine goldmünzen zu klauen. das währe auch jedem zuzumuten in die beine zu schießen.

in privatmann darf in solchen sachen wirklich machmal mehr als ein polizist.

z.b. im daschnerfall. was währe gewesen, wenn sich er papa des kleinen jakob v. M. auf § 34 berufen hätte und dem entführer in die fresse gehauen hätte.....
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Beitragvon TomDark » Mo 11. Sep 2006, 09:59

[quote=""Maxe""]Schonmal nen Security durchs POLAS gelassen? Ich ja-Und mit 28 Ts und PGB Gewa nicht ganz unschuldig. Und er ist nicht das einzige mir bekannte schwarze Schaf. Typisch, fühlt sich mal wieder ein Security aufn Sack getreten... 8) (Aber es gibt auch gute von euch, um es mal nicht zu verallgemeinern)[/quote]

Einen Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma oder einen Angestellten einer Disco?
Da unterscheidet das Gesetz. Sicherheitsfirma braucht die Überprüfung, Disco nicht. Das ist definitiv eine Gesetzeslücke.
Und falls es sich doch um einen Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma gehandelt hat hat das Ordnungsamt gepennt.

Schußwaffen finde ich für Securities auch überzogen. Aber gerade auf öffentlichen Veranstaltungen sollten wenigstens Schlagstöcke für Sicherheitsmitarbeiter erlaubt werden, wenn diese über eine ausreichende Ausbildung verfügen.

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Beitragvon Herr-Jemine » Mo 11. Sep 2006, 10:22

[quote=""springer""]
[quote=""Herr-Jemine""] ich kann es mir jedenfalls nicht vorstellen, dass bei "geld oder leben" das eigene leben als derart gefährdet angesehen wird, dass gnaden- und konsequenzlos getötet werden darf, da der angriff dem rechtsgut eigentum gilt.[/quote]

Da war jetzt ein Denkfehler drin - der SWG bei "Gib mir all den Gold, oder..." läuft nicht nach dem rechtfertigenden Notstand, sondern nach Notwehr - hier liegt der gegenwärtige rw Angriff definitiv vor, also gilt grundsätzlich keine Güterabwägung.[/quote]

grad kein zeit mehr, daher nur zu diesem einen punkt:
der unterschied zwischen §32 und §34 liegt nicht im gegenwärtigen rechtswidrigen agriff, sondern darin, dass im §34 noch eine "tat" begangen werden muss, um den angriff/die gefahr abzuwehren. der angriff liegt in beiden fällen vor.

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Beitragvon Herr-Jemine » Mo 11. Sep 2006, 10:24

[quote=""Yggdrasil""]
aber tatsache ist, dass man die verhältnismäßigkeit in an den unterschiedlichen rechtsgüter aus macht. das bedeutet, es wird nicht betrachtet ob es verältnismäßig ist in das recht auf leben einzugreifen um das recht am eigentum zu schützen. das ist völlig egal. es wird der maßstab der verhältnismäigkeit nur an der auswahl der mittel festgemacht. also warum erschießen und töten, wenn es auch ein schuss in die beine getan hätte [/quote]

falsch!
abwägung der rechtsgüter:
Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt
abwägung des mittels:
Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

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Beitragvon Herr-Jemine » Mo 11. Sep 2006, 10:27

[quote=""Yggdrasil""]
also warum erschießen und töten, wenn es auch ein schuss in die beine getan hätte um den flüchtenden einbrecher daran zu hinder, meine goldmünzen zu klauen. das währe auch jedem zuzumuten in die beine zu schießen.

in privatmann darf in solchen sachen wirklich machmal mehr als ein polizist. [/quote]

genau da liegt der hase im pfeffer. hier wird dem privaten waffenträger eben nicht unterstellt, er habe aufgrund seiner ausbildung (im gegensatz zum PVB), doch eher in die beine schiessen können. da kann er sich auf mangelnde praxis und panik stützen, und schwupps hat er den angreifer konsequenzfrei umgenietet.

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Beitragvon Trooper » Mo 11. Sep 2006, 10:28

nee... ich gebe gerne zu, wenn ich da falsch liege. aber wenn eine verhältnismässigkeit nicht gegeben sein muss, wozu dann die überschreitung der notwehr, und wozu der rechtfertigende notstand?
Die Überschreitung der Notwehr tritt ein, wenn du entweder deine Abwehrhandlung noch fortsetzt, obwohl der Angriff nicht mehr gegenwärtig ist, oder wenn du nicht das mildeste Mittel wählst, obwohl es geeignet ist und zur Verfügung steht. Das ist aber nicht mit den (ungleich komplexeren und höheren) Anforderungen der Verhältnismäßigkeit zu verwechseln. Solange kein absolut krasses Mißverhältnis zwischen den beeinträchtigen Rechtsgütern herrscht (Leib und Leben gegen geringe Sachwerte), muß ich als Angegriffener diese Rechtsgüter nicht gegeneinander abwägen.

Im übrigen... ein Raub/räuberische Erpressung geht ja bekanntlich immer mit Gewalt bzw. der Drohung von Gewalt einher. Folglich ist nicht bloß ein Angriff auf dein Eigentum gegeben, sondern auch auf deine körperliche Unversehrtheit. Insofern kann (je nach Art der angedrohten/angewendeten Gewalt) der SWE tatsächlich das einzige geeignete und damit zugleich mildeste Mittel sein. Ein Freibrief ist das nicht, weil es eben auf die Art und Weise des Angriffs ankommt.

Rechtfertigender Notstand ist eine völlig andere Kiste, weil es (im Gegensatz zur Notwehr) nicht um einen Angriff, sondern um eine Gefahr geht. Notwehr kann immer nur gegen den Angreifer gerichtet sein, eine Notstandshandlung hingegen auch gegen eine Person, die für die Gefahr gar nicht verantwortlich ist.

Deshalb muß beim rechtfertigenden Notstand die Verhältnismäßigkeit sehr wohl gewahrt werden, weil hier eben auch Tätlichkeiten zum Nachteil von Nichtverantwortlichen möglich sind. Ein Täter jedoch, der durch eigenes Fehlverhalten eine Notwehrhandlung seines Opfers heraufbeschwört, bekommt in unserem Rechtssystem eben weniger Nachsicht und Milde.
wenn mir jemand einschlägige urteile vorlegen kann, nach denen ein räuber erschossen werden darf, werde ich gerne von meiner sicht abweichen. ich kann es mir jedenfalls nicht vorstellen, dass bei "geld oder leben" das eigene leben als derart gefährdet angesehen wird, dass gnaden- und konsequenzlos getötet werden darf, da der angriff dem rechtsgut eigentum gilt.

wenn es so wäre, hätten wir, wie ich weiter oben schon anmerkte, einen freibrief für private waffenträger, egal ob sie ihre waffe legal oder illegal tragen.
Ich meine mich zu erinnern, daß es da irgendwann sogar ein Verfahren vor dem BGH gab, in dem die Tötung eines Erpressers bei der Geldübergabe verhandelt wurde. Meines Wissens wurde damals auf Notwehr entschieden. Ich kenne allerdings die Begleitumstände nicht.

Das deutsche Notwehrrecht geht allerdings relativ weit (in einigen Dingen sogar deutlich weiter als die vielgescholtenen und wenig gekannten US-amerikanischen Gesetze). Insbesondere der Grundsatz "Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen" ist ziemlich beispielhaft. Und ebendieser Grundsatz würde drastisch verletzt werden, wenn du juristisch dazu gezwungen wärst, dem Räuber im Interesse der Deeskalation deine Kohle zu überreichen.

Wie stellst du dir denn ein juristisch einwandfreies Verhalten bei einem bewaffneten Raubüberfall denn sonst vor, Herr-Jemine?
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Beitragvon Trooper » Mo 11. Sep 2006, 10:31

der unterschied zwischen §32 und §34 liegt nicht im gegenwärtigen rechtswidrigen agriff, sondern darin, dass im §34 noch eine "tat" begangen werden muss, um den angriff/die gefahr abzuwehren. der angriff liegt in beiden fällen vor.

Neinneinneinnein!!! :)

Du wirfst Sachen durcheinander. Wenn ein rechtswidriger Angriff vorliegt, ist immer § 32 (ohne Verhältnismäßigkeit) einschlägig. Wirst du aber nicht durch einen Angriff, sondern nur durch eine Gefahr bedroht, greift § 34 StGB (mit Verhältnismäßigkeit).
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Beitragvon Yggdrasil » Mo 11. Sep 2006, 10:31

ich rede vom 32 und nicht vom 34 :wink:

und ja, wenn er aufs bei schießt und den schädel trifft war das pech. das gesteht man ja einem schutzman allerdings sogar auch zu.

wenn ich einem flüchtenden verbrecher nach dem polizeigesetz ins bein schießen will, der aber dummer weise genau in diesem moment stolpert und ich deswegen sein herz treff, dann war das für mich nicht vorhersehbar und somit nicht rechtswidrig.
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Beitragvon Vito » Mo 11. Sep 2006, 11:35

[quote=""Controller""]
Herr Richter, ich habe unmittelbaren Zwang mittels Waffe (Schlagstock) angewandt auf der Grundlage der StPO - Ja nee, is klar

Vito,

hier liegt dein rechtliches Problem !

Ich erinnere da mal an einen anderen Diskussionsstrang........ :wink: :mrgreen:
Controller[/quote]

Natürlich kann ich mich noch an die andere Diskussion erinnern. Hier ging es aber darum dass die StPO eine spezielle Regelung enthält (Sicherstellung/Beschlagnahme). Dass hier das „Springen“ ins Polizeirecht strittig ist, ist ja kein Thema.

Im vorliegenden Fall ging es aber u.a. um den Schusswaffengebrauch. Und hier enthält die StPO keine abschließende Regelung. Yggdrasil hat mir aber schon vorgegriffen und den § 3 HSOG zitiert:

(3) Bei der Erforschung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sind die Vorschriften der §§ 55 bis 62 über die Art und Weise der Anwendung unmittelbaren Zwanges anzuwenden, soweit die Strafprozessordnung keine abschließenden Regelungen enthält.

Somit ergibt sich für mich kein Problem in das Polizeirecht zu „Springen“ sofern die StPO hier keine abschließende Regelung enthält.

Ansonsten dürftest Du niemals einen flüchtigen Mörder „fluchtunfähig“ nach dem Polizeirecht schießen sofern Du Dich schon in der StPO befunden hast. Einen solchen Schusswaffengebrauch könntest Du nämlich nicht über Notwehr/Nothilfe begründen.

Hier noch ein kleines Beispiel:
3. um eine Person anzuhalten, die sich der Festnahme oder Identitätsfeststellung durch Flucht zu entziehen versucht, wenn sie
a) eines Verbrechens dringend verdächtig ist oder
b) eines Vergehens dringend verdächtig ist und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Schusswaffen oder Explosivmittel mit sich führt,

Wenn Du also eine Festnahme oder Identitätsfeststellung nach der StPO (dringender Verdacht eines Verbrechens bzw. Vergehens ... ist bereits Vorraussetzung) durchführen willst kannst Du unmittelbaren Zwang nach Polizeirecht anwenden.
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