Urteil im Fall "Jalloh"

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UllaDieTrulla
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Feuertod in der Zelle - Revision

Beitragvon UllaDieTrulla » Do 17. Dez 2009, 21:07

http://www.sueddeutsche.de/panorama/575/497876/text/
Ein afrikanischer Asylbewerber verbrannte 2005 in einer Arrestzelle in Dessau, der diensthabende Polizist wurde freigesprochen. Jetzt wird der Fall erneut verhandelt.
BTW: Viele Gruesse aus Neuseeland...

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Apollo
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Re: Feuertod in der Zelle - Revision

Beitragvon Apollo » Do 17. Dez 2009, 21:24

Muss wohl wieder alles bis zum Exzess durchgekaut werden......
"All gave some, some gave all"

In Xanadu schuf Kubla Khan
Ein prunkvolles Vergnügungsschloss.
Wo Alph, der heil´ge Strom, durchfloss,
die tiefen Höhlen, unendlich groß,
hinab zum dunklen Ozean.


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Re: Feuertod in der Zelle - Revision

Beitragvon Marvin » Do 17. Dez 2009, 21:30

Ja, muss es!

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Vito
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Re: Feuertod in der Zelle - Revision

Beitragvon Vito » Do 17. Dez 2009, 21:47

Steht ja noch nicht fest.

Bei einer Revision geht es um Rechtsfehler. Bei der Prüfung der Zulassung wird nicht nochmal alles "durchgekaut" ;D
BildFreiheit für die SpareribsBild

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Re: Feuertod in der Zelle - Revision

Beitragvon 1957 » Fr 18. Dez 2009, 11:57

Dennoch bietet die Revision für einen Strafverteidiger vielfältige Möglichkeiten, ganz oder teilweise die Aufhebung des Urteils in Strafsachen zu erreichen, sofern die Grundlagen dafür in der Tatsacheninstanz durch Beweisanträge und Beanstandungen von Verfahrensfehlern gelegt worden sind oder das Gericht im Rahmen der Urteilsgründe Fehler macht.
Die Aufgabe und auch die Kunst des Revisionsanwalts liegt darin, genau zu prüfen, ob der Tatrichter bei der Bildung seiner Überzeugung den gesetzlich vorgeschriebenen Weg zu den Feststellungen und zu dem Strafurteil, also zum Verfahrensrecht, beachtet hat (sog. Verfahrensrüge).

Smarty76
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Re: Feuertod in der Zelle - Revision

Beitragvon Smarty76 » Fr 18. Dez 2009, 15:32

Dann sollte mal ein Versuch gestartet werden: Richter, Staats- und Rechtsanwalt durchsuchen einen renitenten Betrunkenen dergleichen Größe. Bin gespannt, ob sie ein Feuerzeug ohne Probleme finden...

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Re: Feuertod in der Zelle - Revision

Beitragvon Nucleonix » Fr 18. Dez 2009, 15:48

Dann sollte mal ein Versuch gestartet werden: Richter, Staats- und Rechtsanwalt durchsuchen einen renitenten Betrunkenen dergleichen Größe. Bin gespannt, ob sie ein Feuerzeug ohne Probleme finden...
Das ist richtig. Aber smarty..
Der Typ war dermaßen alkoholisiert (plus Koks), dass selbst seine Gewahrsamsfähigkeit infrage
steht. Hier kann schon der erste Fehler gesehen werden. Aber was dann kam..
Wenn man jemanden fesselt, dann kann derjenige sein Leib und Leben selbst nicht
mehr schützen. Damit geht diese Verantwortung m.E. auf die Fesselnden über.
Und wenn dann ein Rauchalarm ignoriert und die Gegensprechanlage stumm
geschaltet wird, weil der Typ halt nervt: Das geht nicht. Das ist sowas von verantwortungslos,
das muss bestraft werden. Und wenn nicht gestraft werden kann, weil, wie der Richter sagt,
die Polizisten sich gegenseitig vor der Strafverfolgung schützen - dann ist das
ein dunkler Moment für den Rechtsstaat.

Meine Vermutung zum Fall Jalloh ist, dass dort ein Mensch gestorben ist, weil er
genervt hat und als beschwerde-schwach eingeschätzt wurde.


Gruß,

Nucleonix

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Re: Feuertod in der Zelle - Revision

Beitragvon Smarty76 » Fr 18. Dez 2009, 16:07

Ich war nicht dabei. Aber ich habe lange an einem sehr freqeuentierten Zellentrakt Dienst getan. Dort waren die Gefesselten durch ein Fenster dauerhaft unter Aufsicht. Dort gab es klare Regelungen, was den Aufenthalt alkoholisierter Personen in den Zellen anging (wie in ganz HH)
Wenn es das in Dessau nicht gab, kann man kaum den dort arbeitenden Beamten die alleinige Schuld geben, wenn was schief geht.
Als Zellenwächter hat man - zumindest bei uns - ansonsten zwei Mal die Stunde die Zellen zu kontrollieren.
Wenn man einen "Klopfer" oder "Dauerklingler" hat, ist es wohl verständlich, dass nach dem 10ten unbegründeten Alarm nicht in der selben Form reagiert wird, wie nach dem 1.
Und was Gefesselte zum Teil zu Stande bringen, das glaubt eh nur der, der es selbst erlebt hat. Seien wir doch mal ehrlich: passiert was in den Zellen, ist der Wächter stets der Blöde. Aber verhindern kann er es oft selbst dann nicht, wenn er sich penibelst an die Vorschriften hält.
Ich hatte jmd. in der Zelle, der versuchte sich die Pulsadern AUFZUBEISSEN. Wie willst das noch verhindern?

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Re: Feuertod in der Zelle - Revision

Beitragvon Nucleonix » Fr 18. Dez 2009, 16:25

Ich hatte jmd. in der Zelle, der versuchte sich die Pulsadern AUFZUBEISSEN. Wie willst das noch verhindern?

Der Mann war doch wohl mit den Händen auf dem Rücken gefesselt. SO dürfte es schwierig werden, sich
die Pulsadern aufzubeißen. Ok, unter der Annahme, dass der sich nicht die Schulter auskugelt.

Schau mal.. hier soll ein gefesselter Volltrunkener, der zuvor durchsucht worden war, es geschafft haben,
ein verborgen gebliebenes Feuerzeug herauszufrickeln, und die Naht des flammhemmenden Bezuges seiner Matratze
zu öffnen, und anschließend deren Füllung zu entzünden, um dann qualvoll zu verbrennen.
Sei mal ehrlich, das klingt -gelinde gesagt- unwahrscheinlich. Tatsächlich ist es sehr verdächtig.
Ich will's dennoch glauben, weil nirgends ein Mord-Motiv erkennbar ist.
Was aber bleibt, ist eine Fahrlässige Tötung. Wer jemanden fesselt, muss dessen Unversehrtheit garantieren.
Das ist hier NICHT GESCHEHEN. Woran es lag, ist aufzuklären.
Aber eine Verkettung unglücklicher Umstände, die von niemandem zu verantworten ist, erscheint mir
im Zusammenhang noch unwahrscheinlicher als Mord.





Gruß,

Nucleonix

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Re: Feuertod in der Zelle - Revision

Beitragvon Smarty76 » Fr 18. Dez 2009, 16:37

War er? Das weiß ich nicht. Bei uns wurden die Betrunkenen auf dem Bauch liegend mit einem Geschirr fixiert: ein Gurt über die Hüfte, evtl. einer über die Schultern, Arme und Beine an der Liege mit Gurten fixiert.
Vorteil: deutlich bequemer für den Gefesselten. Nachteil: dadurch hat er auch deutlich mehr Spielraum. Und je nachdem wo das Feuerzeug versteckt war, wäre all das Geschilderte möglich. Und das locker in der halben Stunde bis zur nächsten Kontrolle.

Ich habe bisher lediglich von "gefesselt auf der Liege" gelesen. Könnte daher sehr gut so sein. Und wie gesagt: was möglich ist in Zellen, von durchsuchten und betrunkenen Personen, darüber könnte man locker Bücher schreiben.
Von "Erdrosselversuch mit Socke" bis "Abbauversuch der x fach gesicherten Lampe" oder "Hochwürgen verschluckter Rasierklingen". Ging alles gut. Aber gemacht wird so etwas.
Du kannst da kaum mit deiner Vorstellung ran gehen, dass DU das nicht tätest.

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Re: Feuertod in der Zelle - Revision

Beitragvon Smarty76 » Fr 18. Dez 2009, 16:43

Wir sollten die Artikel lesen ehe wir diskutieren :polizei1:
Steht da ja. Er war ähnlich fixiert wie ich es schilderte.
Und in Versuchen wurde bewiesen, dass man genug Bewegungsfreiheit hat.

Das jetzt an dem Feuerzeug aufzuhängen ist unglaublich.
Wie gesagt: einen sich wehrenden "feuerzeugsicher" zu durchsuchen, ist letztlich nur durch komplett nackt machen möglich.
Und DIE Sprüche möcht ich mal hören, wenn wir jedem Betrunkenen. der ausnüchtern soll, zwangsweise die Klamotten vom Leib reißen...

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Re: Feuertod in der Zelle - Revision

Beitragvon Nucleonix » Fr 18. Dez 2009, 16:50

Aber gemacht wird so etwas.
Du kannst da kaum mit deiner Vorstellung ran gehen, dass DU das nicht tätest.

Ist schon wahr. Eine Freundin von mir hatte vor vielen Jahren mal eine akute Psychose
(zum Glück voll ausgeheilt) und hatte versucht, sich einen Daumen abzubeißen, um
die Handfesseln loszuwerden. Und zwar, nachdem sie sich den Arm ausgekugelt
hatte, um da ranzukommen (Halluzinatorische Schizophrenie, sich hielt sich für
einen Vampir und die Beamten für eine Horde mörderischer Vampirjäger.. kein Witz!).
Da geht schon einiges.

Was aber dennoch im Raume steht, ist die Feststellung des Richters über
das Aussageverhalten der Beamten. Und die bei 2.5/1000 EtOH fragwürdige Gewahrsamsfähigkeit.
Und der stummgeschaltete Alarm. Und der ignorierte Rauchmelder.


Gruß,

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Re: Feuertod in der Zelle - Revision

Beitragvon Kaeptn_Chaos » Fr 18. Dez 2009, 16:55

Die Diskussion gab es hier bereits.

Ulla hätte den Mod lieber bitten sollen, den bestehenden Fred zu öffnen und die neueste Lageentwicklung dort posten sollen...

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Re: Feuertod in der Zelle - Revision

Beitragvon Smarty76 » Fr 18. Dez 2009, 17:01

Nach Feststellung eines Brandsachverständigen hatte der Feueralarm 90 Sekunden nach Entstehung des Brandes ausgelöst, 53 Sekunden dauere der Weg bei "zügigem Gehen" bis zur Zelle. Polizist S. habe allerdings erst reagiert, als auch ein zweiter Brandschutzmelder Alarm schlug. Er habe keinen Feuerlöscher mit in die Zelle genommen, die er frühestens nach vier Minuten und 50 Sekunden geöffnet haben soll.


Binnen Sekunden verstorben
Obduktionen ergaben allerdings, dass der Afrikaner offenbar nicht an einer Rauchvergiftung gestorben sein soll - sondern dass er mehrere Atemzüge lang sehr heiße Luft eingeatmet habe, was zu einem "inhalativen Hitzeschock", einem Tod binnen weniger Sekunden geführt haben könnte. Laut Gutachten lasse das die Vermutung zu, dass Jalloh innerhalb einer bis zwei Minuten nach Entstehen des Brandes gestorben sein soll.


Sprich: er hat 4 Minuten gewartet, nachdem der Gefangene zuvor dauergeklingelt hat.
Nicht richtig. Keine Frage. Aber selbst wenn er sofort reagiert hätte, hätte es evtl. nicht gereicht.
Und eine Minute "Reaktionszeit"...der sitzt ja nicht die ganze Zeit und "bewacht" nur einen Einzigen.

Stehpinkler
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Re: Feuertod in der Zelle - Revision

Beitragvon Stehpinkler » Fr 18. Dez 2009, 17:59

Smarty76 hat geschrieben: [...]
Und DIE Sprüche möcht ich mal hören, wenn wir jedem Betrunkenen. der ausnüchtern soll, zwangsweise die Klamotten vom Leib reißen...
Hi !

Auch, wenn das nicht das Thema ist: Ich kenne das nicht anders... (NRW).
Natürlich gibt es Grenzen - wenn sich jemand ein Feuerzeug komplett in den Hintern schiebt, wird das wohl bei der "Gewahrsam-Standard-Durchsuchung" nicht auffallen.
Aber nackig gemacht wird bei uns jeder, der in die Zelle geht.

Nicht falsch verstehen: Ich meine damit nicht, dass es das bei "uns" nicht gegeben hätte, dass da jemand Sachen aus Öffnungen zaubert - wundert mich nur, dass es anscheinend nicht überall gängig ist, die Leute blank ziehen zu lassen.

fG


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