Verfolgungsjagd durch Kreuzberg
So kann es enden, wenn man Polizisten für Verbrecher hält
Berlin-Touristen aus den Niederlanden flüchteten im Auto vor Zivilbeamten. Der Fahrer (23) wurde bei der Festnahme verletzt.
Sie hatten sich auf den Zwischenstopp in Berlin wirklich gefreut. Sightseeing stand bei den drei jungen Urlaubern aus den Niederlanden auf dem Programm, ein wenig Berliner Luft schnuppern. Doch statt Potsdamer Platz gab es Platzwunden, statt Fernsehturm eine wilde Verfolgungsfahrt! Und das alles nur, weil die Touristen nicht glauben konnten, wie unsere Hauptstadt-Polizisten unterwegs sind …
Mit 30 km/h durch die Skalitzer Straße
Nach einem Kurzurlaub in Prag hatten Hajar D. (28), Younes D. (23) und Naja G. (26) aus Den Haag in der Nacht zu Sonntag einen Stopp in Berlin eingelegt. „Wir hatten uns spontan entschlossen, die Hauptstadt zu besuchen, weil wir noch nie dort waren“, sagt Hajar D. Am Sonntagmorgen stiegen sie in ihren grauen Mercedes und suchten nach einem Café zum Frühstücken.
Mit nur 30 Stundenkilometern tuckerten sie gegen 10.40 Uhr durch die Skalitzer Straße – und das Unheil nahm seinen Lauf! Zivilbeamten in ihrem zivilen Streifenwagen kam der auffällig langsam fahrende Mercedes verdächtig vor. Sie versuchten, das Auto zu stoppen – doch statt anzuhalten, gab Younes D. Gas. Laut Polizei soll er dabei mehrfach rote Ampeln, Vorfahrtsregeln und Geschwindigkeitsbegrenzungen ignoriert haben.
„Das sah überhaupt nicht professionell aus!“
Eine Polizeisprecherin: „In der Lenaustraße gelang es den Kollegen, das Auto zu stoppen. Als einer der Beamten ausstieg, gab der Mercedes-Fahrer wiederum Gas. Nur durch eine Ausweichbewegung konnte ein Zusammenstoß mit dem Polizeiwagen verhindert werden.“
Doch warum flüchteten die Niederländer? „Wir dachten, diese Männer wollen uns überfallen und ausrauben. Wir wollten schnell in eine belebtere Straße“, so Hajar D. zur B.Z. „Die Männer winkten mit einem runden Schild, das sah überhaupt nicht professionell aus!“
Erst auf der Hobrechtbrücke hielt Younes D. seinen Wagen an. Die Niederländer blieben wie versteinert sitzen – denn beim Anblick der Zivilbeamten wurde ihnen angeblich angst und bange. „Diese Männer hatten Tattoos, trugen Basecaps, Shorts und T-Shirts. Die Typen sahen aus wie Kriminelle! Und das Auto, das sie fuhren, war für einen Polizeiwagen viel zu alt“, berichtet Hajar D. „Wir sahen kein Blaulicht, keine Dashcams, keine Funkgeräte und auch ein digitales, blinkendes Stopp-Schild fehlte.“
Dann ging alles ganz schnell
„Ein Mann schlug mit seiner Pistole gegen mein Fenster, einen Polizeiausweis zeigte er nicht“, behauptet Younes D. Wenig später lag er auf der Straße. Nach dem Schlag mit einer Handschelle – so ist es zumindest in einem Augenzeugenvideo zu sehen, das B.Z. vorliegt – blutete er im Gesicht. Hajar D.: „Ich lief panisch umher und fragte Passanten, ob das wirklich echte Polizisten sind.“
Waren sie. Der Führerschein von Younes D. wurde beschlagnahmt. Erst am Nachmittag durfte er sich seine Papiere vom Abschnitt 53 in der Friedrichstraße wieder abholen. „Ein traumatisches Erlebnis“, sagt er.
Immerhin: Ein netter Berliner, der das Geschehen beobachtet hatte, sorgte dafür, dass Berlin den drei Niederländern nicht nur in schlechter Erinnerung bleibt. Er zeigte ihnen nach der ganzen Aufregung die Stadt – von der East Side Gallery, über das Brandenburger Tor bis zum Holocaust-Mahnmal.
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