Jaguar 1986 hat geschrieben:Habakuk hat geschrieben:Denen die Straße überlassen , alleine weil solch ein Vorfall -sollte er sich wiederholen - Sprengkraft hat .
Ich wittere hier auch keinen Untergang oder so ... ich finde nur, dass die letzten Postings (so sympathisch ich sie privat finde), so hilflos und nach Resignation anhörte.
Resignation ist ein böses Wort. Es ist aber nunmal so: zum einen sind die allermeisten von uns, die hier schreiben, keine Entscheidungsträger, sondern kleine Erdnuckel im großen Polizeigetriebe. Zum anderen ist die ganze Angelegenheit nichts, was sich völlig überraschend auf einmal einfach so ereignet hat, sondern es ist systemischer Natur und als solches eigentlich kein technisch-taktisches Problem. Ich gebe zu, daß mich die schiere Dimension zuerst ein wenig überrascht hat, aber daß wir es mit derartigen Auswüchsen der Straßenkriminalität zu tun bekommen, dürfte keinen Praktiker über Gebühr wundern. Es ist die logische Folge der Entwicklung, die unsere Gesellschaft in einer ganzen Reihe von Themenbereichen inzwischen genommen hat... zuvorderst die Ausdünnung der Sicherheitsorgane, eine schwache Justiz mit einem wirklichkeitsfremden Menschenbild, der ausdrückliche Verzicht darauf, ernsthafte Kontrolle über den Zugang zu unserer Gesellschaft auszuüben und themenübergreifend eine tiefgreifende Phobie davor, sich in irgendeiner Weise ausgrenzend zu verhalten - bis zur Selbstaufgabe. Wir haben dermaßen Angst davor, für Nazis und Rabauken gehalten zu werden, daß wir lieber das Risiko in Kauf nehmen, daß andere sich uns gegenüber selber wie ebensolche benehmen. Warum sollte ich hier jetzt wettern und schimpfen, daß beim nächsten Großereignis mehr Kräfte im Einsatz sein müssen? Das ist nur die Oberfläche, des Pudels Kern liegt woanders und viel tiefer.
Vladdi hat nicht unrecht, wir erleben im Moment eine geradezu epische Transformation des Landes und der Gesellschaft, in der wir leben. Wir haben mehr als ein halbes Jahrhundert in einer komfortablen Blase relativer Sorglosigkeit gelebt, und das ist nun vorbei. Justizielle Sanktionen, die für Angehörige einer saturierten Wohlstandsgesellschaft gedacht waren, verfangen nunmal nicht so einfach bei Menschen, die einer hobbesianischen, vorneuzeitlichen Welt voller Gewalt, Mangel, tribaler Strukturen und staatlicher Willkür entstammen.
Und bevor ich mich endgültig in die Nesseln setze, schreibe ich mal lieber nicht weiter. Die Blase ist angestochen worden und ein Zurück gibt es wohl nicht mehr... oder wie die New York Times treffend schrieb, "Der globale Süden hat sich auf den Weg gemacht und damit muß sich der globale Norden nun arrangieren." Jeder möge selbst seine eigenen Schlüsse daraus ziehen. Ich für meinen Teil denke, daß das Stichwort "Wehrhaftigkeit" zukünftig sowohl für unsere staatliche Ordnung als auch für den einzelnen Bürger eine andere Bedeutung bekommen wird.