Polizeigewalt in Stuttgart

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grenzwertig
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Re: Polizeigewalt in Stuttgart

Beitragvon grenzwertig » Sa 22. Apr 2017, 14:24

Also wenn ich mir die verschiedenen Videos mal aus fachlicher Sicht anschaue, dann ist die Gewahrsamnahme einfach technisch besch... gelöst. Erst wird der Beteiligte weggeschoben, dann sollen ihm die Arme auf den Rücken gedreht und schließlich am Hals zu Boden gerissen werden. Ich kenne die Einsatztechniken der Pol BW nicht, kann mir aber nicht vorstellen, dass sowas geschult wird. Das sieht aus wie Kraft gegen Kraft und der zugreifende Kollege hat sich da wohl etwas verschätzt. Technik war da in meinen Augen nicht vorhanden.

Was aber noch viel paradoxer ist, und für jeden guten Verteidiger ein gefundenes Fressen, ist die Tatsache, dass der Beteilgte in UNMITTELBARER Nähe zum Unfallfahrzeug, MIT der Kippe in der Hand, zu Boden gebracht werden soll. Fakt ist, die Gefahr geht von dem Glimmstängel aus. Wo soll denn da Gefahrenabwehr sein, wenn die Kippe in Folge der wilden Keilerei unkontrolliert durch die Gegend fliegt :polizei13: Schon alleine dadurch würde ich die VHMK, nämlich die Geeignetheit der Maßnahme, in Frage stellen.

Ebenso bei Schlägen mit dem EKA auf die hintere Oberschenkelmuskulatur. Was soll dadurch erreicht werden? Es handelt sich hier zwar um einen zulässigen Trefferbereich, aber zugleich um einen der uneffektivsten, da hier relativ geringe Schmerzreize gesetzt werden.

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Re: Polizeigewalt in Stuttgart

Beitragvon Kaeptn_Chaos » Sa 22. Apr 2017, 14:27

Es wurde alles gesagt. Nur noch nicht von jedem. :polizei3:

Es sieht nicht gut aus.
Die Techniken sind falsch gewählt, bzw. nicht vorhanden.
Ob es rechtmäßig war, zeigen die Ermittlungen, bzw. würdigt die Justiz.
:lah:

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Re: Polizeigewalt in Stuttgart

Beitragvon DerLima » Sa 22. Apr 2017, 14:37

vladdi hat geschrieben:Lima


So wie du es beschreibst ist es das eine, jedoch zeigt das Video Abweichungen zu deinem Beitrag

I
Grundverfügung wurde nicht befolgt, daraufhin schubst der Polizist einfach drauf los
Mir fehlt, neben der Kommunikation, der Platzverweis. Du unterstellst, dass er ergangen sei. Mir fehlt da jegliches Indiz für; weder im Video noch in den Berichten deutet irgendetwas auf einen PV hin.
Du sagst, dass theoretisch auch ohne ergangenen PV gehandelt werden kann. Ja, stimmt. Aber das ist nicht in jedem Fall so. Für den Fall hier gibt es doch gar keinen Grund ohne Kommunikation einen PV im Sofortvollzug mit Gewahrsam durchzusetzen. Natürlich könnte auch ein Rauchverbot (Unterlassungsverfügung) mit Gewalt, auch im Sofortvollzug, oder Gewahrsam durchgesetzt werden. Jedoch reden wir hier von einem Verkehrsunfall und dem Beifahrer, der eine rauchen möchte. Mehr liegt in dem Moment nicht vor, als der Cop mit dem schubsen beginnt.
Hoffe du liest, was ich schreibe. Ich zitiere mich selber:
DerLima hat geschrieben:Ob ein PV erfolgte oder nicht, wissen wir nicht (Schnitte/Pausen in allen Videos). Möglich das aus einem bestimmten Grund die Person eben nicht vom Platz verwiesen werden konnte (Unfallbeteiligter).
Wir wissen NICHT ob mehr vorlag. Wir wissen auch nicht, welche Anweisungen VOR dem Video erfolgt sind. Du summierst einen SV lediglich auf ein unvollständiges Video und ziehst daraus Schlüsse.
vladdi hat geschrieben: II
Die Gewahrsamnahme
Überzeuge mal einen Richter für eine Gewahrsamnahme, weil ein Beifahrer in der Nähe einer Unfallstelle rauchen möchte.
Nun denn.... gegen dieses Geschubse und die Gewahrsamnahme sperrt er sich.
Tatsächlich darf man zum Brechen eines Widerstandes mit Faust und Stock schlagen.
Mit der Faust ins Gesicht sollte man jedoch restriktiv umgehen. Auf dem Video sah das überzogen aus. Wenn der Mann schlagen, treten, spucken, beißen würde, dann mag das anders aussehen. Tut er aber nicht.
Mit dem Stock auf den Oberschenkel bringt nicht wirklich was und war, so wie das aussieht, auch überflüssig. Beine fixieren, wegziehen wäre vielleicht besser gewesen als wild rumzuprügeln. Anders mag das aussehen, wenn der Mann mit Fäusten um sich schlägt, tatsächlich eine Waffe bei sich führt, tritt, schlägt, beißt.
Ich überzeuge einen Richter ggfs. auch von einer Gewahrsamnahme von einer Person, die meinen Anweisungen an einem polizeilichen Ereignisort niocht befolgt. Problemfrei.
Mir gefällt dein Satz: "Auf dem Video sah das überzogen aus." Denn der gibt deine subjektive Meinung über das GESEHENE wieder. Nicht über das GESCHEHENE.
Was der Mann mit seinem Kopf/Zähnen macht, kannst du auf dem Video nicht sehen. Ebenso kann man (zumindest ich kann das nicht) nicht erkennen, ob die Faustschläge gegen den Kopf geführt werden. Vielleicht auch Schulterbereich/Achselbereich. Das weiß ich nicht und lege mich da auch nicht fest.

III
was ist mit der Aussage des Polizisten, dass es einen Angriff gegeben haben soll? Dafür fehlt jegliches Indiz.
Wurde zuviel Videomaterial herausgeschnitten oder wusste der Polizist, dass diese Gewalt als Begründung einen tätlichen Angriff und verletzten PVB erforderlich machen würde, dass das zur Durchsetzung des Rauchverbotes überzogen ist.
Es fehlt nicht "jegliches" Indiz. Es fehlt nur ein Indiz außerhalb der Aussagen der Polizeibeamten. Nur weil es auf dem Video nicht zu sehen ist, heißt es nicht, dass es nicht passiert ist.

IV
Wie mit den Beamten umgegangen werden soll, hängt für meine Meinung sehr stark an der Beantwortung von Punkt III
Die Suspendierung lässt jedoch Rückschlüsse auf die Erstbewertung der Behörde zu. Als Beamte wegen ähnlich harter Prügel in Kritik standen (Diskothek in Bremen) wurde der Beamte nicht suspendiert. Dort gab es jedoch zwischen Aussage der Polizisten und Videomaterial nicht so große Differenzen; und im Videomaterial waren deutliche Schnitte zu erkennen.
Das was du hier schreibst, steht nicht im Verhältnis zu "in dubio pro reo". Die Beamten wurden supendiert. Was für dich mit einem Schuldspruch gleichzusetzen ist. Der Gedanke, dass die Beamten aus der Schusslinie genommen werden sollen, mag dir scheinbar nicht gefallen.
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Re: Polizeigewalt in Stuttgart

Beitragvon vladdi » Sa 22. Apr 2017, 14:44

Aus der Schusslinie nehmen ist etwas anderes als Suspendierung.

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Re: Polizeigewalt in Stuttgart

Beitragvon DerLima » Sa 22. Apr 2017, 14:53

Ich hab grad nachgeguckt... "aus der Schusslinie nehmen" lässt sich in keinem das Beamtenrecht regelnden Gesetz finden. Auch in keiner PDV...

EDIT: Wortwahl geändert. Inhalt bleibt gleich
Zuletzt geändert von DerLima am Sa 22. Apr 2017, 15:03, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Polizeigewalt in Stuttgart

Beitragvon grenzwertig » Sa 22. Apr 2017, 14:55

vladdi hat geschrieben:Aus der Schusslinie nehmen ist etwas anderes als Suspendierung.
Was wäre für dich denn eine solche (rechtlich zulässige) Maßnahme ohne Suspendierung :polizei13:

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Re: Polizeigewalt in Stuttgart

Beitragvon Bones65 » Sa 22. Apr 2017, 15:01

vladdi hat geschrieben:Aus der Schusslinie nehmen ist etwas anderes als Suspendierung.
Weißt du oder meinst du?
:snoopy:

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Re: Polizeigewalt in Stuttgart

Beitragvon vladdi » Sa 22. Apr 2017, 15:15

Weiß ich.

Umsetzung, Verwendung im Innendienst wäre aus der Schusslinie nehmen

Hier mal LDG BW

§ 22
Vorläufige Dienstenthebung, Einbehaltung
von Bezügen oder Ruhegehalt
(1) Ab Einleitung des Disziplinarverfahrens kann die Disziplinarbehörde den Beamten vorläufig des Dienstes entheben, wenn

1.
er voraussichtlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt oder ihm das Ruhegehalt aberkannt wird oder

2.
andernfalls der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die Enthebung im Hinblick auf die Bedeutung der Sache und die zu erwartende Disziplinarmaßnahme verhältnismäßig ist.

BBG (BW müsste im LBG bestimmt ähnliches haben)
§ 66
Verbot der Führung der Dienstgeschäfte

Die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde kann einer Beamtin oder einem Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verbieten. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.


Ich bleib dabei, Suspendierung und aus der Schusslinie nehmen sind andere Sachen.

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Re: Polizeigewalt in Stuttgart

Beitragvon DerLima » Sa 22. Apr 2017, 16:02

§66 ist eine Handhabe zum "aus der Schusslinie" genommen zu werden.
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Re: RE: Re: Polizeigewalt in Stuttgart

Beitragvon vladdi » Sa 22. Apr 2017, 16:31

DerLima hat geschrieben:§66 ist eine Handhabe zum "aus der Schusslinie" genommen zu werden.
Jein... einfacher als das vorläufige verbieten der Dienstgeschäfte ist die temporäre Verwendung in einem anderen Bereich.
Und das ist für mich aus der Schusslinie nehmen.

Der Beamte aus der Bremer Diskothek/ Polizeigewaltkritik war Beamter der EHu, der während des Ermittlungsverfahrens im Innendienst in einem anderen Bereich eingesetzt wurde. Der wurde aus der Schusslinie genommen.

Der Beamte hier aus dem Fall (bzw 2 davon) dürfen nicht mehr zur Arbeit kommen und die Uniform nicht anziehen. Das ist nicht (mehr) aus der Schusslinie nehmen, das ist höchstens die Behörde aus der Schusslinie nehmen.

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Re: Polizeigewalt in Stuttgart

Beitragvon DerLima » Sa 22. Apr 2017, 16:49

Rechtsstaatliches Prinzip dazu wurde oben von mir bereits genannt.
Du als Polizeibeamter solltest das kennen.
Du schließt von einer Innerdienstlichen Maßnahme auf eine Schuld. Und du lässt auch keinen anderen Schluss zu.
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Re: RE: Re: Polizeigewalt in Stuttgart

Beitragvon vladdi » Sa 22. Apr 2017, 16:53

DerLima hat geschrieben:
Du schließt von einer Innerdienstlichen Maßnahme auf eine Schuld.
Nein! Das tue ich nicht. Ich bilde mir aus der Summe aller Fakten und Indizien eine Meinung.

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Re: Polizeigewalt in Stuttgart

Beitragvon DerLima » Sa 22. Apr 2017, 17:19

Und deine Meinung ist, dass die Beamten sich auf jeden Fall fehlverhalten haben müssen, weil sie ja supendiert wurden.
Und dieser Rückschluss ist eben nicht richtig.
Alle anderen Indizien die du siehst bewertest du ebenso.
Ich will dir deine Meinung nicht absprechen, sehe die Sachlage aber aufgrund deiner vorgestellten Indizien- und Faktenlage anders. Fakten haben wir ganz wenige, Indizien nicht wirklich mehr.
Wir haben ein Video und eine Reaktion der Behörde. Das ist für dich ausreichend um zu sagen: Die Beamten haben falsch gehandelt.
Und das ist eben der Punkt, den ich anders sehe. Aber da werden wir nicht übereinkommen.
Ergebnisunabhängig sehe ich deine Bewertung kritisch.
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Re: Polizeigewalt in Stuttgart

Beitragvon Kaeptn_Chaos » Sa 22. Apr 2017, 17:20

Ich weiß gar nicht, warum ihr das immer noch versucht.
:lah:

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Re: Polizeigewalt in Stuttgart

Beitragvon Controller » Sa 22. Apr 2017, 17:37

die letzen Beiträge hab ich nur überflogen; ist dem hin und her "zitieren" geschuldet.

Die Kollegen wurden suspendiert, ist das richtig ?

Starker Tobak dann, denn im Bund und in den Ländern kann die oberste Dienstbehörde einen Beamten bei oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, ihn also suspendieren.

Zur Suspendierung greift der Dienstherr nur, wenn der Verdacht eines sehr schweren Dienstvergehens besteht,
das wahrscheinlich zu einer Beendigung des Beamtenverhältnisses führen wird.

Zweite, seltenere Möglichkeit: Das Gesetz ermöglicht eine Suspendierung auch dann, wenn durch das Verbleiben des Beamten im Dienst der Dienstbetrieb oder die disziplinarrechtlichen Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die vorläufige Dienstenthebung zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht.


Das sollte man bedenken.
Regeln sind wie Donuts, sie haben Löcher.
Und darin lebt der Ermessensspielraum. :mrgreen: :zunge:

- Verstorben am 09.08.2021 -


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