Polizistinnen ließen Kollegen verletzt im Kugelhagel im Stich

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RafaelGomez
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Re: Polizistinnen ließen Kollegen verletzt im Kugelhagel im Stich

Beitragvon RafaelGomez » Mi 23. Jun 2021, 18:54

Das ist natürlich korrekt, 1957. Die Frage, ab welchem Risiko die Handlung durch beobachten und melden ersetzt werden darf wird halt unterschiedlich bewertet.

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Re: Polizistinnen ließen Kollegen verletzt im Kugelhagel im Stich

Beitragvon Controller » Mi 23. Jun 2021, 19:00

Also ich sehe weder die Eidesformel noch die Beistandspflicht aus besagtem § 12 als zwingende Verpflichtung, das eigene Leben zu ‚opfern‘. Ich war nie bei der Bw, wird das da so kommuniziert? Gibt es ggf. einen vergleichbaren Fall mit Urteil?
In derartigen der Lebenswirklichkeit widersprechenden Ausnahmesituationen kann es ME nach auch keine vorgegebene Aktionsverpflichtung geben. Einzelfallentscheidung eben.
dito@ Raffael, sehe ich genauso.

Ich beurteile auch hier nicht das moralische Empfinden oder die Einstellung zu Berufsethos o.ä. sondern mich interessiert die Strafbarkeit der Handlungen, die zum Vorwurf gemacht werden; also die versuchte gefährlichen Körperverletzung durch Unterlassen.

Ich denke, wir sind uns alle einig, dass es bei Fahrlässigkeitstaten keinen Versuch gibt ebenso wenig wie Teilnahme, Anstiftung oder Beihilfe.
Gleichfalls ist eine fahrlässige Mittäterschaft ebenfalls nicht möglich, da eine solche stets ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken mehrerer Täter erfordert.

Bleibt die Strafbarkeit wegen fahrlässigen Unterlassens, welche denkbar und zudem mit Strafe bedroht ist.

Hier unterscheiden wir die bewusste Fahrlässigkeit und die unbewusste Fahrlässigkeit.

Bei der bewussten Fahrlässigkeit hält es der Täter zwar für möglich, dass er durch sein Handeln (oder Unterlassen) einen gesetzlichen Tatbestand verwirklicht, er vertraut jedoch pflichtwidrig und in vorwerfbarer Weise darauf, dass das Ergebnis nicht eintritt.

Im Rahmen der unbewussten Fahrlässigkeit hingegen lässt der Täter diejenige Sorgfalt außer Acht, zu der er nach den objektiven Umständen und seinen persönlichen bzw. subjektiven Verhältnissen verpflichtet und fähig war und verwirklicht infolgedessen den Tatbestand, ohne dies zu erkennen.

Zusätzlich wird einfache Fahrlässigkeit von der Leichtfertigkeit unterschieden.

dies alles bietet viel juristischen Spielraum und ich will und kann da nicht urteilen.
Ich gebe jedoch zu bedenken, die beiden sprangen

aus dem Auto raus,
Auto offen gelassen
und MP's waren auch noch drin.
Direkt abgehauen und später Auto gestoppt.
Also zusätzlich noch starker Eingriff in fremde Grundrechte....

Für mich hört sich dass nach heller Panik an, es käme also der Entschuldigende Notstand in Betracht :polizei10:

Jedoch kann dieser auch eingeschränkt werden – komplette Schuldfreiheit ist dann nicht mehr gegeben.
Einschränkungen sind u.a. möglich durch ein besonderes Rechtsverhältnis:

bei dem sich der Täter in einem besonderen Rechtsverhältnis befindet, aufgrund dessen er die vorliegende Gefahr hinzunehmen hatte, so ist eine Schuldbefreiung nicht möglich.
Auch die Strafmilderung ist dann in der Regel nicht vorgesehen (Beispiel: Feuerwehrmann, Polizist, Soldat).

Es bleibt also abzuwarten.
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Re: Polizistinnen ließen Kollegen verletzt im Kugelhagel im Stich

Beitragvon 1957 » Mi 23. Jun 2021, 19:13

https://www.rechtsportal.de/Rechtsprech ... s-Garanten


so mal auf die schnelle. Es gibt ne ganze Reihe von Meldungen zur KV durch Unterlassen. Auch Urteile.

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Re: Polizistinnen ließen Kollegen verletzt im Kugelhagel im Stich

Beitragvon RafaelGomez » Mi 23. Jun 2021, 19:14

C., so isses. Für sowas gibt es keine Blaupause, nach der funktioniert werden muss.
Allerdings gilt im Bereich des BBG der Grundsatz, dass nur wenn die Pflichterfüllung den absolut sicheren Tod des Beamten bedeuten würde, er nicht zum Handeln verpflichtet wäre, in allen anderen Fällen also schon. Flucht ist sicher kein handeln im genannten Sinne.
Rechtfertigungs-/Schuldausschließungsgründe sind im folgenden dann noch gesondert zu prüfen.

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Re: Polizistinnen ließen Kollegen verletzt im Kugelhagel im Stich

Beitragvon Controller » Mi 23. Jun 2021, 19:25

Die Frage für mich ist, inwieweit ist die Flucht rational gesteuert bzw ab wann hast du keinen Einfluss mehr auf dein Handeln, weil nur noch Instinkte die Oberhand haben ?
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Re: Polizistinnen ließen Kollegen verletzt im Kugelhagel im Stich

Beitragvon 1957 » Mi 23. Jun 2021, 19:27

Das wird womöglich entscheidend sein für die strafrechtliche Beurteilung und letztlich eine Verurteilung verhindern.
Aber gab es wirklich Anlass zu Panik?

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Re: Polizistinnen ließen Kollegen verletzt im Kugelhagel im Stich

Beitragvon Controller » Mi 23. Jun 2021, 19:42

Naja das wissen wir nicht so genau

Schusswechsel bei Nacht, völlig unvorbereitet, niemand weiß woher die Schüsse komme, wie viele Gegner, haben die den Verletzten überhaupt gesehen?

Alles ungeklärte Fragen 🙄
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Re: Polizistinnen ließen Kollegen verletzt im Kugelhagel im Stich

Beitragvon 1957 » Mi 23. Jun 2021, 19:53

yo.

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Re: Polizistinnen ließen Kollegen verletzt im Kugelhagel im Stich

Beitragvon Controller » Mi 23. Jun 2021, 20:06

was sich eigentlich beisst in meinen Augen ist, dass es bei Fahrlässigkeitstaten keinen Versuch gibt;
es ist jedoch die versuchte gefährlichen Körperverletzung durch Unterlassen strafbar.

Also passt der Versuch und die fahrlässige Unterlassung nicht zusammen :polizei10:
Oder habe ich da einen Denkfehler ??
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Re: Polizistinnen ließen Kollegen verletzt im Kugelhagel im Stich

Beitragvon RafaelGomez » Mi 23. Jun 2021, 20:10

Controller hat geschrieben:was sich eigentlich beisst in meinen Augen ist, dass es bei Fahrlässigkeitstaten keinen Versuch gibt;
es ist jedoch die versuchte gefährlichen Körperverletzung durch Unterlassen strafbar.

Also passt der Versuch und die fahrlässige Unterlassung nicht zusammen :polizei10:
Oder habe ich da einen Denkfehler ??
Das Unterlassen muss mit Vorsatz erfolgen. Ich denke schon, dass eine Flucht mit Wissen und Wollen erfolgt.

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Re: Polizistinnen ließen Kollegen verletzt im Kugelhagel im Stich

Beitragvon Controller » Mi 23. Jun 2021, 20:20

Nein Raffael, eine Strafbarkeit wegen fahrlässigen Unterlassens ist durchaus möglich.
Ich denke schon, dass eine Flucht mit Wissen und Wollen erfolgt.
ok, aussteigen, Lage sichten und beurteilen, zum Schluss kommen es ist gefährlich und dann flüchten; da würde ich Vorsatz auch bejahen.

Lag das hier auch vor ?
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Re: Polizistinnen ließen Kollegen verletzt im Kugelhagel im Stich

Beitragvon RafaelGomez » Mi 23. Jun 2021, 20:35

Controller hat geschrieben:
ok, aussteigen, Lage sichten und beurteilen, zum Schluss kommen es ist gefährlich und dann flüchten; da würde ich Vorsatz auch bejahen.

Lag das hier auch vor ?
Das ist der Punkt, den wir hier wohl kaum klären können. StA und Gericht schon. Die haben sämtliche Vernehmungen, Mitschnitte, Protokolle etc. Ohne dieses umfassende Wissen um die Gesamtumstände müssten wir Knochen werfen und den Vogelflug lesen…
Nach meiner Erfahrung hat ein StA bei Anklageerhebung aber genug Fleisch am Knochen, um nicht völlig blank dazustehen. Ein mittelmäßig begabter Verteidiger dürfte andererseits die Panikkarte ziehen und Richtung nicht schuldfähig argumentieren.

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Re: Polizistinnen ließen Kollegen verletzt im Kugelhagel im Stich

Beitragvon Controller » Mi 23. Jun 2021, 20:40

Ein mittelmäßig begabter Verteidiger
hm :polizei10: :polizei10:

und ein toller sehr guter Anwalt ? :polizei1:
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Re: Polizistinnen ließen Kollegen verletzt im Kugelhagel im Stich

Beitragvon RafaelGomez » Mi 23. Jun 2021, 20:46

Controller hat geschrieben:
Ein mittelmäßig begabter Verteidiger
hm :polizei10: :polizei10:

und ein toller sehr guter Anwalt ? :polizei1:
Entweder genauso oder schon im Tatbestand den StA auszuhebeln versuchen. Außer Publicity oder innerer Befriedigung macht das keinen Unterschied, daher wird wohl jeder die einfachste Variante wählen. Wenn sie denn schlüssig ist.

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Re: Polizistinnen ließen Kollegen verletzt im Kugelhagel im Stich

Beitragvon Controller » Mi 23. Jun 2021, 20:48

ok ;D
Regeln sind wie Donuts, sie haben Löcher.
Und darin lebt der Ermessensspielraum. :mrgreen: :zunge:

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