Rufbereitschaft

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Rufbereitschaft

Beitragvon Triton303 » Sa 10. Apr 2021, 13:52

Moin,
ich bin bei der WSP in SH im Stationsdienst. Wir gehen hier Schwerpunktdienst, d.h. im Winter 10 Stunden Regeldienst + Rufbereitschaft und im Sommer 12 Stunden Regeldienst + Rufbereitschaft. Das ganze gerne auch verblockt, also 3 dieser Dienste hintereinander. Ich will hier nicht jammern, aber ich mache das schon seit über 10 Jahren ich bin langsam auf mit der Bereifung und voll auf Zinne. Jahr 2020 leistete ich 1340 Stunden RB, die nur zu 15% vergütet werden. :stupid:

Die Alarmierungen in der RB sind tatsächlich nur sporadisch, aber wenn wir dann los müssen, sind wir auch gerne erst mal 45 min+ auf der Anfahrt zum Einsatzort.
Das ergibt sich aus der Größe unseres Dienstbezirks. Die Einsätze vor Ort dauern dann auch gerne mal 2+x Stunden.

In der RB können wir den Streifenwagen mit nach Hause nehmen und sind im Alarmierungsfall nach Erlasslage zur unverzüglichen Einsatzwahrnehmung verpflichtet. Konkrete Zeitvorgaben gibt es nicht, aber ich denke "unverzüglich" ist aussagekräftig genug, zumal Seenotfälle auch meistens zeitkritisch sind.
Ich konnte meinen Dienststellenleiter bereits davon überzeugen, dass 12 Stunden Regeldienst + RB nicht mehr mit dem geltenden Arbeitszeitrecht vereinbar sind. Er teilt meine Meinung und so werden wir im kommenden Sommer wohl nur noch 10 Stunden Regeldienst + RB gehen, zumindest wenn die höheren Vorgesetzten in all ihrer Güte und Weisheit dem noch zustimmen. Ich habe vor kurzem mit einem Mitglied des HPR darüber gesprochen, der unser Anliegen allerdings gar nicht verstehen konnte. :wall: :wall: :wall:

Ich möchte einmal gerne von euch wissen, ob es unter euch Kollegen (außerhalb der WSP SH) gibt, denen ein ähnliches Dienstmodell aufgedrückt wird und ob und wie ihr euch dagegen gewehrt habt. Des Weiteren interessiert mich, ob es bei euch in den anderen Bundesländern, in den Arbeitszeiterlassen eine Höchstgrenze gibt, was die zulässige Anzahl an RB´s im Monat angeht. Bei uns in SH gibt es die nämlich nicht, sodass uns der Dienstherr beliebig oft dazu heranziehen kann. Von NRW weiß ich, dass dort eine Höchstgrenze existiert.

Die Rechtsprechung bezüglich Rufbereitschaften entwickelt sich ja auch weiter und ich bin nicht mehr bereit, mich verarschen zu lassen.

Inspektor_GER

Re: Rufbereitschaft

Beitragvon Inspektor_GER » Mo 12. Apr 2021, 08:28

Was den zeitlichen Umfang des Regeldienstes betrifft, kann ich dir für Hessen Folgendes mitteilen:

Bei uns sind auf den meisten Dienststellen des Schichtdienstes 12-Stunden-Dienste die Regel. Oftmals muss auftragsbedingt sogar länger gearbeitet werden. Rufbereitschaft kommt selten vor, aber wenn, fällt diese mit dem 12-Stunden-Dienst dann natürlich auch zusammen.

Das sind zwar lange Arbeitszeiten, aber fast alle Kollegen wollen dies so beibehalten. Schileßlich muss man dadurch seltener zur Arbeit fahren und die Überschneidungszeiten zum Schichtwechsel kommen nur zwei Mal am Tag vor. Käme bei uns jemand auf die Idee, die 12-Stunden-Schichten abzuschaffen, würde derjenige sich keine Freunde machen. :polizei2:

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Re: Rufbereitschaft

Beitragvon Controller » Mo 12. Apr 2021, 18:23

Triton ....schöner Name für einen WSP Kollegen :zustimm: :zustimm:

Was sagt denn die GdP zu eurer Situation ?
Regeln sind wie Donuts, sie haben Löcher.
Und darin lebt der Ermessensspielraum. :mrgreen: :zunge:

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Re: Rufbereitschaft

Beitragvon Triton303 » Mo 12. Apr 2021, 20:21

@Controller
Ja, meine Gewerkschaft (GDP) fordert in gewissen Abständen immer mal wieder etwas, dann ist wieder Schweigen im Walde und es passiert nix. Insgesamt bewerte ich die Leistung dieser Gewerkschaft uns gegenüber als mangelhaft. Ich werde aber den Landesvorsitzenden nochmal diesbezüglich anschreiben und dann schauen wir mal was passiert. Außerdem erwäge ich eine Klage, um die Zeiten in RB zumindest zu 50% erstattet zu bekommen. Mal schauen, ob die GDP da mitzieht und mir Rechtsbeistand gewährt.
Wenn das nicht der Fall sein sollte, werde ich wohl zu den "Blauen" wechseln. Passt auch viel besser zu meinem Zuständigkeitsbereich. :polizei2:

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Re: Rufbereitschaft

Beitragvon Controller » Mo 12. Apr 2021, 21:21

hm....nun ja, in meinem Bundesland ist das genau gegenteilig; da wäre eine Klage schon lange in Bearbeitung.

Drück dir die Daumen :zustimm:
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Re: Rufbereitschaft

Beitragvon JKM » Di 13. Apr 2021, 00:50

Das mit der Klage könnte interessant werden. Ich habe da noch nicht so viel zu gelesen, aber ich würde vermuten, dass die 50% schwierig werden könnten, wenn tatsächliche Einsätze nur sporadisch sind. Aber ich würde mich freuen, wenn Du uns hier auf dem Laufenden hältst, das ist ja auch für andere interessant.

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Re: Rufbereitschaft

Beitragvon Triton303 » Di 13. Apr 2021, 11:56

Also ich bin mir bewusst, dass das ein ziemlich heißes Eisen ist und dass die Nummer auch durchaus in die Hose gehen kann, vor allem in der ersten Instanz.
Insgesamt schätze ich meine Chancen das durch zu kriegen auf 50/50. Aber es ist zumindest eine Chance die ich nutzen will. Es kann meiner Meinung nach nicht sein, dass der Dienstherr auf der einen Seite eine 24/7 Abdeckung will und auf der anderen Seite eine kleine Station, die zur Zeit nur mit 8 Mann besetzt ist, weiil wir kein Peronal kriegen, und eine hohen Krankenstand aufweist, dazu zwingt, das durch Rufbereitschaften zu gewährleisten. Ich meine, im Winter geht es immer noch, aber im Sommer, wenn die Urlaubszeit beginnt, kommt man gerne mal auf 12 oder 13 RB´s im Monat. Und das ist wirklich hochgradig ätzend. :gaga:
Der Dienstherr hingegen freut sich, dass er Polizeibeamte mit einer sauteuren Spezialausbildung so billig im Dienst abspeisen kann. Allerdings muss man sich dann auch nicht wundern, wenn man keinen Nachwuchs bekommt.

Hier mal ein Link zu einem aktuellerem Urteil:
https://www.dgbrechtsschutz.de/fileadmi ... olizei.pdf

Und keine Sorge, ich werde berichten wenn es diesbezüglich Neuigkeiten gibt.

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Re: Rufbereitschaft

Beitragvon anschu » Di 13. Apr 2021, 13:41

Also ich halte es für nahezu ausgeschlossen, dass in SH im Jahr 2021 sich keine der Gewerkschaften mit dem Thema Arbeitszeit befasst. :gruebel:

Auch das Thema geplante 12-Stunden Dienste dürfte eigentlich überall in den Fokus gerückt sein. :verweis:


Nur mal so bei der Tante eingegeben...

https://www.gdp.de/gdp/gdpsh.nsf/id/890 ... 8A0045DEED

Solltest du tatsächlich keine weiteren Infos zum Thema Arbeitszeit finden, einfach mal bei den anderen Landesverbänden der GDP :lupe:

Hier z.B.

https://www.gdp.de/gdp/gdpnds.nsf/id/DE ... rbeitszeit

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Re: Rufbereitschaft

Beitragvon Controller » Mi 14. Apr 2021, 20:26

@ Triton, ganz aktuell, da würde ich mal ein Auge drauf haben:

LTO kündigt an:

Das BVerwG hat angekündigt, in einer kommenden Entscheidung die Voraussetzungen dafür zu konkretisieren, wann beamtenrechtlich Arbeits- statt Ruhezeit vorliegt, es geht um den G7-Gipfel 2015 in Elmau.

https://www.lto.de/recht/hintergruende/ ... 0027646668
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Re: Rufbereitschaft

Beitragvon Triton303 » Mi 14. Apr 2021, 22:56

Oh, sehr interessant, danke für den Hinweis! :zustimm:

Rennschnecke
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Re: Rufbereitschaft

Beitragvon Rennschnecke » Mi 14. Apr 2021, 23:29

Controller hat geschrieben:
Mi 14. Apr 2021, 20:26
@ Triton, ganz aktuell, da würde ich mal ein Auge drauf haben:

LTO kündigt an:

Das BVerwG hat angekündigt, in einer kommenden Entscheidung die Voraussetzungen dafür zu konkretisieren, wann beamtenrechtlich Arbeits- statt Ruhezeit vorliegt, es geht um den G7-Gipfel 2015 in Elmau.

https://www.lto.de/recht/hintergruende/ ... 0027646668
Nach dem Lesen des 30seitigen Urteils des OVG Lüneburg hat dieses doch dazu schon Stellung bezogen und auch auf den EuGH verwiesen und mitgeteilt, dass die aktuelle Rechtssprechung dem des EuGH widerspricht.
Ich finde schon, dass dort (EuGH) relativ deutlich dargestellt wird, wann es Rufbereitschaft und wann um Arbeitszeit handelt. Dementsprechend dürfte das BVerwG dem EuGH-Urteil folgen.


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