Schusswaffeneinsatz

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Kaeptn_Chaos
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Re: Schusswaffeneinsatz

Beitragvon Kaeptn_Chaos » Do 12. Okt 2017, 07:02

Darum bleiben auch aus der Ehu regelmäßig so viele (schwerst)verletzte auf der Strecke...mal ketzerisch gesagt.
:lah:

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Re: Schusswaffeneinsatz

Beitragvon SirJames » Do 12. Okt 2017, 12:25


Trooper hat geschrieben:Es hat immer mal wieder Fälle gegeben, in denen Polizeibeamte im Angesicht derartiger Bedrohungen (rechtmäßig) geschossen haben... die meisten dieser Vorkommnisse haben sich allerdings - soweit ich das auf dem Schirm habe - im polizeilichen Einzeldienst und nicht im geschlossenen Einsatz abgespielt.

Warum das so ist, könnte ich nicht mit Sicherheit sagen. Ich habe ja die Theorie, daß es nicht so sehr an rechtlichen Erwägungen liegt, sondern eher daran, daß auf dem GruKW und im Funkwagen aufgrund von Training und tradierten Verhaltensweisen grundlegend andere Konditionierung und Mindset vorliegen, die auch bei objektiv ähnlichen Risikofaktoren zu unterschiedlichen Reaktionen führen.

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Moin,

dem würde ich zustimmen. Ich schrieb hier auch schonmal, dass nach meiner Ansicht in vielen Sachverhalten in denen der Schusswaffengebrauch absolut rechtmäßig wäre, dennoch nicht geschossen bzw. nichtmal ein Schusswaffengenrauch erwogen wird. Woran das liegt, vermag ich nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Wenn man sich aber mit "älteren" Kollegen unterhält, dann mag das "früher" wohl geschulte Mindsetting "die Waffe bleibt am besten im Holster" ein nicht unerheblicher Faktor sein. Ich sehe immer noch bei vielen Kollegen die Hemmung offensiv mit der Waffe zu agieren. Gleichsam hat sich da aber inzwischen in der Aus - und Fortbildung nach meinem Empfinden sehr viel gewandelt.

Im geschlossenen Einsatz sehe ich die Schwierigkeiten des notwehrrechtlichen Schusswaffengebrauches eher bei den oftmals sehr unübersichtlichen Gemengelagen, was das saubere Agieren mit der Schusswaffe aus meiner persönlichen Sicht sehr erschweren würde.

Persönlich habe ich während eines geschlossenen Einsatzes aber auch noch keine Situation erlebt, bei der ich einen Schusswaffengebrauch erwogen hätte - im Einzeldienst hingegen schon mehrfach. Allerdings wurde ich auch nie mit Gehwegplatten und Mollys beworfen oder mit Zwillen beschossen, was in den 80er und 90ern wohl teilweise an der Tagesordnung war.

Gruß
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Re: Schusswaffeneinsatz

Beitragvon Trooper » Do 12. Okt 2017, 12:53

Hmja. Wobei das Dienstalter und die daraus öfters resultierende Konditionierung auf Trainingsinhalte vergangener Zeiten ja nix mit dem Unterschied zwischen Einzeldienst und Ehu zu tun hat.

Ich glaube, es liegt tatsächlich an dem unterschiedlichen Stellenwert, den die Schusswaffe als Einsatzmittel in den jeweiligen Fortbildungskontexten hat. Im Einzeldienst hat sich zumindest in der Aus- und Fortbildung das Paradigma der Schusswaffe als unverzichtbare Lebensversicherung für Hochrisikoeinsätze, die ab einer gewissen, auch in alltäglichen Lagen durchaus erreichbaren Schwelle auch tatsächlich eingesetzt wird, fest etabliert. Die Verbreitung von FX-Trainingswaffen und szenariobasierten Trainings bis hin zum SWG hat gerade bei vielen dienstjüngeren Kollegen diese Handlungsmuster eingebrannt.

Demgegenüber ist im geschlossenen Einsatz die Schusswaffe nach wie vor etwas, das im Grunde nur mitgeschleppt wird. Zumindest ist das mein Eindruck... ich mag mich täuschen, bin ein Kind des Einzeldienstes und habe geschlossene Einsätze nur gelegentlich in einer Alarmhundertschaft erlebt.

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Re: Schusswaffeneinsatz

Beitragvon Controller » Do 12. Okt 2017, 14:35

Wenn man sich aber mit "älteren" Kollegen unterhält, dann mag das "früher" wohl geschulte Mindsetting "die Waffe bleibt am besten im Holster" ein nicht unerheblicher Faktor sein.
Ist das möglicherweise regional wieder unterschiedlich ?

Ich würde mich selbst als älteren bezeichnen und in Zeiten, in denen ich ein Jungfuchs war, haben die damals Älteren schon sehr offensiv mit der Waffe agiert, auf allen Dienststellen wo ich unterwegs war, bzw wo man das so mitbekam.
Demgegenüber ist im geschlossenen Einsatz die Schusswaffe nach wie vor etwas, das im Grunde nur mitgeschleppt wird.
Ich wurde mal mit der Einzeldiensthundertschaft aufgerufen und der Hufü wollte, dass wir die Waffen abgeben, bevor es losgeht :o

ich hab danach nie mehr erlebt, dass ein Kollege so laut, so lange und so herzhaft ausgelacht wurde. :polizei1:
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Re: Schusswaffeneinsatz

Beitragvon Buford T. Justice » Do 12. Okt 2017, 18:33

Controller hat geschrieben:
Do 12. Okt 2017, 14:35
Ich wurde mal mit der Einzeldiensthundertschaft aufgerufen und der Hufü wollte, dass wir die Waffen abgeben, bevor es losgeht :o
Das ist keine olle Kamelle. 2012 wurde das für die am Karnevalsumzug beteiligten Einzeldienstkräfte bei uns so angeordnet.

Seit gewisse Risiken aber auch in Deutschland wieder etwas präsenter geworden sind, gehe ich davon aus, dass so etwas auf absehbare Zeit nicht mehr passieren wird.
:applaus:

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Re: Schusswaffeneinsatz

Beitragvon schutzmann_schneidig » Fr 13. Okt 2017, 18:35

Buford T. Justice hat geschrieben:
Do 12. Okt 2017, 18:33
2012 wurde das für die am Karnevalsumzug beteiligten Einzeldienstkräfte bei uns so angeordnet.
Da hätte ich remonstriert und in letzter Konsequenz die Dienstverrichtung verweigert. Auch im Jahr 2012.
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Re: Schusswaffeneinsatz

Beitragvon Controller » Fr 13. Okt 2017, 18:44

joh, dafür kann man sich schon mal ein Diszi fangen - mal sehen wie das ausgehen würde :polizei1:
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Re: Schusswaffeneinsatz

Beitragvon Diag » Fr 13. Okt 2017, 19:05

Das Diszi wäre durchaus interessant.

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Re: Schusswaffeneinsatz

Beitragvon schutzmann_schneidig » Fr 13. Okt 2017, 19:50

Interessant fände ich allenfalls die Argumentation der Behörde. Dem Ergebnis des Verfahrens, so es denn überhaupt eines gäbe, würde ich hingegen recht gelassen entgegensehen.
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Re: Schusswaffeneinsatz

Beitragvon Buford T. Justice » Fr 13. Okt 2017, 19:56

Die Anordnung kam nicht plötzlich aus dem Bauch irgendeines Vorgesetzten, sondern schriftlich im Einsatzbefehl des Polizeiführers.

Sie erging vermutlich, nachdem er sorgsam das Risiko des Entrissenwerdens der Waffe gegen die Wahrscheinlichkeit der Notwendigkeit des Schusswaffengebrauchs innerhalb einer Menschenmenge gegeneinander abgewogen hat. Zumindest wäre das im äußersten Fall so begründet worden.

Ich habe da keine griffige Grundlage gesehen, zu remonstrieren, und schon gar nicht, die Dienstverrichtung zu verweigern.

Wie gesagt, heutzutage würde das wohl nicht mehr so angeordnet werden.
:applaus:

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Re: Schusswaffeneinsatz

Beitragvon schutzmann_schneidig » Fr 13. Okt 2017, 20:05

Nun, ich fände es sehr interessant, ein tragfähige Begründung zu lesen, mit welcher uniformierte Polizeibeamte unbewaffnet in einen Einsatz geschickt werden, bei dem die Wahrscheinlichkeit, dass sie in körperliche Auseinandersetzungen geraten und Angriffen mit gefährlichen Gegenständen ausgesetzt sind, nicht nur "dem im Streifendienst üblichen Maße" entspricht, sondern signifikant erhöht ist.
Ich kann mich an diverse Karnevalseinsätze erinnern, bei denen die Kollegen im Verlauf der unzähligen Schlägereien, zu denen sie gerufen wurden, mit abgebrochenen Tisch- und Stuhlbeinen, abgebrochenen Flaschenhälsen usw. bedroht und attackiert wurden (z.T. mit folgender Androhung des SWG).

Wie gesagt: Da wäre ich selbst vor dem VG noch ziemlich relaxt. Eine derart unsinnige Anordnung kann ich mir bei unserer Führung allerdings auch beim besten Willen nicht vorstellen.
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Re: Schusswaffeneinsatz

Beitragvon Buford T. Justice » Fr 13. Okt 2017, 20:26

schutzmann_schneidig hat geschrieben:
Fr 13. Okt 2017, 20:05
Ich kann mich an diverse Karnevalseinsätze erinnern, bei denen die Kollegen im Verlauf der unzähligen Schlägereien, zu denen sie gerufen wurden, mit abgebrochenen Tisch- und Stuhlbeinen, abgebrochenen Flaschenhälsen usw. bedroht und attackiert wurden (z.T. mit folgender Androhung des SWG).
Dafür wären die Eingreifkräfte entsandt worden - normal ausgerüstete EHu-Beamte. Ich war da bloß Zugsicherung.

Natürlich ist mir klar, dass man auch da in etwas hineingeraten kann, und ich verteidige die Entscheidung auch gar nicht. Gewisse Lagen waren da halt noch zu weit weg.
:applaus:

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Re: Schusswaffeneinsatz

Beitragvon Controller » Fr 13. Okt 2017, 21:07

hm, also ich denke da ganz grundsätzlich anders:

Trag ich die Uniform, hab ich auch mein Gerümpel am Mann, immer ohne Abstriche - egal welche "Lage" gerade ist.

Wenn man mich z.B. bei Gericht nicht mit Waffe sehen will, muss man in Kauf nehmen, dass ich in Zivil komme; das Thema hatte ich im letzen Jahrtausend schon mal mit dem Chef eines AG in unserem Lande.
Das hat dann der damalige IM mit dem MP und dem JM geklärt.

Polizeibeamter, korrekt uniformiert, mit Dienstwaffe ... etc pp natürlich und dem vielgeliebten Hut, den ich auch nicht gerne trug, was sich besserte, als die Haare so langsam gingen :polizei1:

Genauso Fustw - fahr ich mit dem Reklamewagen - trag ich Uniform !
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Re: Schusswaffeneinsatz

Beitragvon Trooper » Fr 13. Okt 2017, 21:10

Bei uns gibts seit letztem oder vorletztem Jahr einen Erlass, der das Tragen von Uniform ohne Dienstwaffe rundheraus verbietet - egal ob im Dienst oder außerhalb. Okay, es sind die üblichen Ausnahmegummiparagrafen dabei... aber immerhin.

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Re: Schusswaffeneinsatz

Beitragvon Kaeptn_Chaos » Fr 13. Okt 2017, 21:21

PG oder JVA....Ende.
In einer gewissen Obs Einheit wurde mal dem Grundsatz Tarnung vor Wirkung entsprechend andiskutiert, ob Observanten nicht ohne Colt dran bleiben könnten...nein.
Buford, ich muss mich ob dieser Anordnung wundern, gab es in NRW gerade dafür ein 'KSA Holster' zur Trageweise am Gürtel, unter der Joppe. Das hätte ich nicht gedacht, dass so eine Anordnung noch Resonanz erfuhr - erst Recht nicht nach 2000.
:lah:


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