Tja, ich bin zwar davon überzeugt, dass einem Kriminalbeamten, der nie Wach- und Wechseldienst gemacht hat, sehr wichtige Erfahrungen fehlen, die er niemals aufarbeiten bzw. wettmachen kann. Aber womöglich ist das heutzutage als Luxusproblem zu betrachten.Spätestens die Ermittlungspannen im Missbrauchskandal von Lügde haben gezeigt, wie dramatisch unterbesetzt die Polizei in NRW ist. Innenminister Herbert Reul (CDU) will nun Abhilfe schaffen: Junge Kommissaranwärter "mit besonderen Talenten" sollen die Möglichkeit erhalten, direkt nach der dreijährigen Ausbildung zur Kripo zu wechseln.
"Ich brauche schnell gut ausgebildete Kripoleute", erklärte Reul am Freitag (23.08.2019) im WDR Interview. Viele Beamte der Kriminalpolizei seien "sehr alt", da man über viele Jahre versäumt habe, junge Leute in den Dienst zu bringen. Seine Idee: Junge Polizisten sollen künftig auf ihre Vorbildung hin betrachtet werden. Absolventen, die bereits kaufmännische oder IT-Kenntnisse haben oder zuvor Kfz-Mechaniker waren, müssten "nicht erst durch den Wach- und Wechseldienst geschleust werden", sondern könnten direkt zu Spezialisten werden.
"Spezialisten zu Polizisten"
Bisher müssen Kommissar-Anwärter nach ihrer Ausbildung mindestens ein Jahr in den Wach- und Wechseldienst, danach steht in vielen Dienststellen eine zweijährige Zeit bei der Bereitschaftspolizei an. In NRW gibt es derzeit 40.000 Beamte, 8.500 davon bei der Kriminalpolizei. Das Programm "Spezialisten zu Polizisten" sei vorerst auf den Zeitraum 2020 bis 2023 beschränkt.
Es sei ein "wichtiger Meilenstein zur personellen Stärkung unser Kommissariate" erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Marc Lürbke. Die Polizei in NRW brauche zur Kriminalitätsbekämpfung "verstärkt junge, gut ausgebildete Spezialisten".
Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass es aber mittlerweile Direktionen K in NRW gibt, die um Interessenten ringen und dadurch bedingt nicht gerade die Creme als Nachwuchs bekommen.
Dass man über viele Jahre versäumt habe, jungen Nachwuchs zur Kripo zu bringen, ist so isoliert behauptet auch nicht richtig. Bereits ab 2013 wurde versucht, per Erlass eine massive Verjüngung bei K zu erzeugen. Dies wurde, nicht zuletzt durch das Engagement einzelner Gewerkschaften, die die Idee „Kripo als Altersruhesitz“ in Gefahr sahen, dann aber wieder aufgeweicht, bis es fast keine Bewandtnis mehr hatte.
Zumindest sehe ich durch diesen Vorstoß aber die Möglichkeit gegeben, mehr Bewerber zu bekommen, die sich mangels Lust auf Streifenwagen bislang woanders als in NRW bewerben - wenn da nicht die zeitliche Befristung dieses Projekts wäre.