Auswahlverfahren Fliegerstaffel NRW - Ein Bericht

Auswahlverfahren und Ausbildung

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igess
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Auswahlverfahren Fliegerstaffel NRW - Ein Bericht

Beitragvon igess » Di 25. Mai 2021, 16:47

Da ich Ende April 2021 das Auswahlverfahren für die Fliegerstaffel NRW erfolgreich beendet habe, möchte ich hier allen Interessierten einen Überblick verschaffen und vor allem mit irgendwelchen Mythen und Gerüchten aufräumen. Fangen wir also mal chronologisch an. Holt euch Popcorn, die Geschichte ist lang und erforderte nicht nur von meiner Seite aus Geduld..


I. Motivation

Da saß ich nun also irgendwann Juli 2020 im mir aufgebrummten Gewahrsamsdienst und surfte gelangweilt durch unser Intranet. Im Newsfeed der Hauptseite plöpte es plötzlich auf: Ein Foto unseres Hubschraubers in action mit der Überschrift "Die Fliegerstaffel sucht Nachwuchs!".
Ich sah zu meinem Hundertschaftskollegen links neben und sagte nur: "Ey, ich glaube ich bewerbe mich bei der Hummel". Sein Blick dazu war irgendwas zwischen wohlwollender Begeisterung und kaltem Realismus.

Nachdem ich nun auch sicher war, dass alle formalen Voraussetzungen (gehobener Dienst, 3 Jahre Diensterfahrung, zur Einstellung nicht älter als 34 Jahre, nicht wesentlich größer als 185cm) erfüllt waren, konnte ich mich daran machen alle Unterlagen auszufüllen und auf den Dienstweg zu geben. Zudem möchte ich erwähnen, dass ich große Unterstützung durch meinen Zugführer erfahren habe, der mir einige schöne Freiheiten für die Vorbereitung gewährt hat.

So verschlang ich also zunächst alles, was unser Intranet zu dem Thema hergab. Das ging allerdings relativ schnell, weshalb mein Wissensdurst nicht befriedigt war. Also rief ich ganz blauäugig bei unserer Landesleitstelle an und ließ mich zur Fliegerstaffel Düsseldorf weiterleiten. Dem dortigen Piloten am anderen Ende des Drahts erklärte ich mein Vorhaben und bat um einen Kennenlerntermin. Und ich sollte einen bekommen, nämlich bereits am Folgetag im Spätdienst. Perfekt dachte ich mir, so kanns losgehen!

Am besagten Folgetag stand ich also zur vereinbarten Uhrzeit vor verschlossenem Tor der PFSt Düsseldorf. Kein Klingeln und kein Rütteln brachte was. Dann die Nachricht vom Piloten: "Kommen gleich runter, waren im Einsatz.". Keine 5 Minuten später höre ich das markante Röhren der Turbinen und die blau-silberne Hummel landete auf der anderen Seite des Hangers. Guter Start. Es folgte eine sehr geduldige und mehrstündige Einweisung in alles was man sich vorstellen kann. Ich erfuhr was wichtig für das Auswahlverfahren ist und wie der Alltag eines Einsatzpiloten aussieht. Außerdem wurde mir natürlich gründlich die AIRBUS H145 von innen gezeigt. Krasses Gerät, dachte ich mir damals schon.
Irgendwann schillerte die helle Glocke des Hangers. “Ist dann wahrscheinlich ein Einsatz.” sagte mir der Kollege. Nachdem der zweite Pilot und der Operator (derjenige, der die Kameras etc. bedient) heran geeilt kamen, wurde ich gefragt ob ich spontan Lust hätte mitzufliegen. Ehm.. ja klar?! Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und saß plötzlich hinten links mit einem ans Intercom angeschlossenem Headset auf dem Kopf. Die Umstände hätten kaum besser sein können. Das Wetter war wolkenlos und die Sonne neigte sich so langsam Richtung Horizont. Die Maschine samt Besatzung machte sich auf den Weg nach Moers zu einer aus einem Heim entlaufenen älteren Frau. Auch wenn der Einsatz für die Hummel diesmal nicht von Erfolg gekrönt war, so war er für mich ein unvergessliches Erlebnis. Es ist tatsächlich so wie man sagt, es gibt nichts Vergleichbares. Wie muss es sich erst anfühlen, wenn man selber steuern darf? Nach ca. 45min gingen wir wieder sicher zu Boden und mir war mein 180° Grinsen wahrscheinlich immer noch anzumerken. Ich ließ die restliche Zeit noch im Gespräch mit dem Piloten von davor verstreichen und beendete zusammen mit ihm den Spätdienst. Auf meiner Heimfahrt rasten die Gedanken und der Wunsch nach mehr von sowas wurde immer größer.

Nach einer kurzen Unterbrechung im Sommerurlaub ging es Ende August direkt los mit einer offiziellen Infoveranstaltung im selbigen Hangar. Zusammen mit vielen anderen potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern ließ ich mir von der Auswahlleitung und von aktiven Piloten alles Wichtige erzählen. Für mich kam wenig Neues dazu, aber essentiell war hier die Kontaktknüpfung zu den anderen Leuten. Wir haben sofort eine Chatgruppe aufgemacht, um uns bei der Vorbereitung zu unterstützen. Prämisse war nämlich von Anfang an, dass es kein richtiges Konkurrenzdenken gibt. Jede/r, die/der das Auswahlverfahren schafft, wird auch Pilot/in.

Tja, jetzt wo alles gesagt ist, brauche ich nur noch bisschen Mathe und Physik lernen, richtig?...


II. Vorbereitung

Zunächst will ich erwähnen, dass ich nichts mit Fliegerei zu tun habe. Abgesehen von den gelegentlichen Flügen in den Urlaub, einem (fantastischen) Fallschirmsprung in den Alpen und einem Tandemflug im Segelflieger hatte ich null Berührungspunkte zu den Dingen in der Luft. Das stellt für das Auswahlverfahren allerdings kein Hindernis dar. Teilweise könnte es sogar ein Vorteil sein.

Zudem sollte hier noch gesagt werden, dass man sich für den jeden neuen Auswahltag wieder aufs Neue vorbereiten muss, da die Fülle einfach so groß ist, dass es sinnlos wäre vorzuarbeiten.

Meine (ernsthafte) Vorbereitung begann direkt nach der genannten Infoveranstaltung. Dort wurden uns zwei Bücher ans Herz gelegt. Nämlich jeweils Mathe und Physik für Schüler bis Klasse 10. Nichts wie direkt bestellt. Das Niveau der Aufgaben pendelt sich nämlich bis zu dieser Schwierigkeit ein. Man muss also kein Physikstudium absolviert haben. Ein grundsätzliches Verständnis für Zahlen und zumindest eine kleine Vorliebe für physikalische Zusammenhänge sollten eigentlich genügen. Der Termin für den ersten Auswahltag war Mitte Oktober, ich hatte also noch knapp 6-7 Wochen zum lernen.
Getrieben von den Gedanken an den Flug war es relativ einfach die Lernmotivation hoch zu halten. Jeden Tag investierte ich ca. 2-3 Stunden, um Stück für Stück alles aus der Schulzeit aufzuholen und Verlerntes wieder neu ins Hirn zu kriegen. Mit einem Mix aus der Chatgruppe, den Büchern und YouTube-Videos gelang das meinem Gefühl nach auch ganz gut. Neben Mathematik und Physik ist Englisch das dritte Fach, das in der Anfangsklausur abgefragt wird. Es ist ein ca. A4 langer Text ins Deutsche zu übersetzen. Da ich persönlich in diesem Bereich deutlich fitter bin, als in Mathe und Physik, ließ ich das bisschen nebenher laufen.


III. Auswahlverfahren

a) Klausur

Nach mehreren auswärtigen Hunderschaftseinsätzen kurz vor der Klausur hatte ich bisschen die Bedenken nicht genug getan zu haben, als dann Mitte Oktober die Stichtag kam. Coronakonform saßen wir mit ca. 50 Personen auf drei Räume verteilt im Duisburger LZPD und warteten auf die Ausgabe der Dokumente. Davor hatte ich noch Gelegenheit bisschen mit Leuten zu plaudern, die ich vom Infotag kannte. Das hat den Stresspegel etwas runtergedreht. Die Aufgaben waren vom Typ her teils überraschend und teils erwartet. Doch um tatsächlich mit allem fertig zu werden, blieb mir nichts anderes über, als komplett durch zuschreiben. Meine Schreibhand war daran jedenfalls nicht mehr gewöhnt. Ich ging mit einem relativ guten Gefühl aus der Klausur und musste jetzt nur noch ca. 2-3 Wochen warten, bis die Ergebnisse per Dienstmail bekannt gegeben wurden.
Die Erleichterung kam dann Anfang November mit der Einladung zum zweiten Auswahltag.. puh geschafft!

b) Assessment Gespräch

Knapp die Hälfte der 50 Personen hat die Klausur bestanden. Diese durften sich darauf freuen ins mündliche “Kennenlern”-Gespräch zu gehen. Dieses sollte Anfang November stattfinden. Die Betonung liegt auf >sollte<. Knapp drei Tag vor meinem Termin wurde dieser auf unbestimmte Zeit verschoben. Dies traf natürlich auch alle Anderen.

Tja und so verbrachten wir nun satte drei Monate in einem Limbus, wo keiner genau wusste wann es weitergehen soll. Das frische Wissen im Kopf fing Stück für Stück wieder an zu schwinden und die Motivation regelmäßig zu lernen wurde auch immer schwieriger aufrechtzuerhalten. Eigentlich sollte das gesamte Verfahren bis kurz vor Weihnachten beendet sein. Ein perfektes Weihnachtsgeschenk wäre das, dachte ich mir damals. Aber es sollte so kommen, dass das Verfahren erst Anfang Februar 2021 fortgeführt wird. Nach Bekanntgabe den neuen Termins konnte ich mich endlich wieder dazu aufraffen mir die “alten” Sachen anzuschauen.

Im Assessment Gespräch geht es um verschiedene Aspekte. Man sitzt vor einer mehrköpfigen Kommission und muss sich deren Fragen aussetzen. Zum einen gibt es den fachlichen Bereich. Dort werden wieder Mathematik und Physik in Form von Fragen geprüft, die man ad-hoc im Kopf oder an einer Tafel vorrechnen soll. Zudem gibt es eine Unterhaltung auf Englisch. Des Weiteren werden einem geografische Fragen zu Deutschland und Europa gestellt. Neben dem Fachlichen ist es natürlich auch die Intention der Prüfer die persönlich Eignung und den Charakter des Prüflings einzuschätzen. So wird z.B. nach der Motivation für die Berufswahl gefragt. Schließlich verbringt man im Zweifelsfall 30-40 Jahre bei der Staffel, welche auch nur aus paar Dutzend Beamten besteht. Das sollte dann auch menschlich passen.

Mein Gespräch fing erstmal damit an, dass mein privates Kfz beim Losfahren zum Test nicht anspringen wollte (Totalschaden wie sich später herausstellte, danke für nichts Opel). Also schnell mit dem Rad zur Dienststelle und mit Dienstkfz los. Zeitpuffer sei dank. Das Gespräch verlief vom Gefühl her eher gemischt. Ich konnte fast alles lösen, aber teilweise ganz schön holprig. Ich hatte aber das Gefühl, dass ich auf persönlicher Ebene ganz gut klargekommen bin mit der Kommission. Da ich der Letzte des Tages war, hatte ich eine zusätzliche Wartezeit im Vorraum des LZPD Duisburg, was den Nerven nicht gerade half. Aber nun gut, jetzt war diese Sache nach Monaten des Wartens endlich hinter mich gebracht.

Die Ergebnisverkündung dauerte diesmal eine gute Woche. Ich Trottel hatte natürlich nicht meine Privatmail in den Verteiler angegeben und besitze als Hunderschaftsdödel auch kein Diensthandy. Deshalb musste sich eine gerade im Dienst befindliche Kollegin unter meinem Account einloggen und mir das Ergebnis sagen. Ich glaube meine Erleichterung war am anderen Ende der Leitung deutlich zu spüren. Diesmal haben es nur noch 10 Personen weiter geschafft. Diese 10 Personen könnte sich die PFSt NRW nun also grundsätzlich als Piloten bei sich vorstellen, geil.

Das Verfahren geht weiter mit einem Sporttag beim LAFP Selm und danach mit dem eigentlich wichtigsten Test, nämlich der Untersuchung beim DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) in Hamburg. Das DLR hat die jahrzehntelange Kompetenz potenzielle Kandidaten nach den Vorgaben des Auftraggebers (hier die PFSt NRW) auszuwählen.

c) Sporttest

Der Sporttest..tja, der Sporttest. Das hier halte ich kurz, da ich den Sinn davon noch nicht gänzlich verstanden habe. Mitte Februar wurden verschiedene Disziplinen geprüft. Klimmzüge, Hindernisparcour samt Denkaufgaben und ein 30-Minuten Dauerlauf. Das Schwimmen wurde wegen Corona weggelassen. Welche Ergebnisse man bei diesen Disziplinen erreichte war allerdings ziemlich egal. Ob 0 oder 10 Klimmzüge spielte keine Rolle. Solange man Kopf, zwei Arme und zwei Beine hatte, war alles in Ordnung. Für mich war es ein netter Trainingstag und zudem die erste Gelegenheit die anderen Bewerber kennenzulernen. Allein dafür war es super. Alle haben bestanden, was nach meiner Erklärung keinen mehr wundern sollte.

d) DLR Hamburg

Nach Monaten des Lernens und Wartens und drei bestandenen Terminen stand nun das größte Hindernis bevor. Das Auswahlverfahren beim DLR gilt als der härteste Teil der ganzen Sache, da man sich auf manche Dinge kaum vorbereiten kann. Entweder man kanns, oder eben nicht. Wir wurden zunächst in zwei Gruppen aufgeteilt. 5 sollten Ende Februar und die anderen 5 Mitte März geprüft werden. Wegen Corona waren die Kapazitäten auch dort beschränkt. Ich war sehr glücklich darüber in die erste Rutsche zu kommen, auch wenn meine Vorbereitungszeit dadurch etwas schrumpfte. Ich wollte es einfach hinter mir haben.
Die Vorbereitung dafür geschieht hauptsächlich mittels einer Software, die vom DLR gestellt wird. Dort sind verschiedene kleine “Spiele”, welche die Merkfähigkeit, Reaktionsfähigkeit, Raumvorstellung, Multitasking etc. schulen. Zudem gibt es Fragenkataloge zu Mathe, Physik, Technik und Englisch. Man kann diese Programme beliebig oft machen und merkt auch ziemlich schnell einen guten Fortschritt. Zu manchen Programmen gibt es nur Erklärvideos und Texte. Für diese wird die Hardware vor Ort in Hamburg benötigt. Das sind auch die berüchtigten Mehrfachbelastungstest. Also Hände, Füße und Hirn gleichzeitig. Dieses Softwarepaket stand uns bereits im November zur Verfügung und dort habe ich angefangen einige Sachen zu üben. Nach einer Winterpause habe ich im Februar wieder ernsthaft damit angefangen, als das Assessmentgespräch bestanden war. Nun saß ich also jeden Tag 3x jeweils 1-2 Stunden am PC vor diesen Programmen. Nebenbei habe ich noch etwas Physik, Mathe und Technik geblättert. Erinnert ihr euch an die Klausur vom Anfang? Das war alles nur Vorspiel für diesen Brocken. Dazu kommt noch ein psychologisches Gespräch. Aber das habe ich komplett auf mich zukommen lassen.

Ende Februar gings dann per ICE nach Hamburg. Eingeplant waren vier Tage. Zwei Tage Reise, der erste Tag am PC und der zweite Tag beim Psychologen. Der Anreisetag verlief wegen der Anspannung ziemlich unspektakulär. Wir hatten im Hotel ein gemeinsames Abendessen und dann gings auch schon in die Heia.
Dank anderer Erfahrungsberichte wusste ich den ungefähren Ablauf des PC-Tages und konnte mich ein bisschen darauf einstellen was kommen wird. Es sei nur soviel gesagt, dass wir von 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr mental oben gehalten wurden. Kognitive und fachliche Tests wechselten sich ab und wurden mit kleinen Pausen und einer Mittagspause etwas entschärft. Zum Ende hin kamen dann die beiden Mehrfachbelastungstests. So anstrengend sie auch waren, hat es zumindest mir ziemlich viel Spaß bereitet geistig so komplett am Limit zu sein. Die Aufgaben sind die konzipiert, dass man sie nicht perfekt schaffen kann. Also versucht man ständig nicht komplett zu versagen und hofft dabei, dass das so reichen wird.
Zum Glück bekamen wir unser Ergebnis nach einer gewissen Wartezeit direkt vor Ort mitgeteilt. Alle bestanden, Wahnsinn. Die Stimmung war da natürlich ganz weit oben. Der Abend wurde wieder zusammen im Hotel mit Burger und Pommes ausgeklungen. Vor dem Psychologen am nächsten Tag hatte keiner so richtig Angst. Einfach ehrlich bleiben und kein Arschloch sein, dann wird das schon.
Ich hatte meinen Termin als Letzter. Einerseits blöd, andererseits konnte ich so mit einem Leihrad etwas die Hamburger City erkunden und dabei etwas Sonnenbrand abgreifen (damals, als die Sonne noch schien...hach). Mein Hochgefühl, mit dem ich unbeschwert durch die Stadt radelte, wurde massiv durch das Ausscheiden zweier Bewerber beim Psychologen betrübt. Ich konnte mir kaum vorstellen was da passiert sein könnte und wurde immer nervöser. Als ich dann endlich an der Reihe war, wich zwar die Anspannung, aber das Gespräch war alles andere als angenehm. Man sitzt vor zwei Psychologen des DLR und vor zwei Piloten der PFSt. Stellt euch vor eine Stunde lang wird jedes eurer Worte auf die Goldwaage gelegt und das Hauptgesprächsthema sind eure Defizite im Test und selbst im Abiturzeugnis (welches man einreichen muss). Was war ich froh, als das endlich vorbei war. Aber anscheinend schien ich einen halbwegs vernünftigen Eindruck hinterlassen zu haben. Nach einer höchstens einminütigen Beratungszeit wurde ich wieder hereingerufen und mir wurde verkündet, dass ich als fliegertauglich gelte. Krass. Nach all der Zeit und Vorbereitung war das schwierig zu begreifen und dauerte auch noch einige Tage, bis es ganz nach unten gesackt ist. Nach einem schönen gemeinsamen Abschluss in der Hamburger City (soweit es Corona erlaubt hat) ging es am nächsten Tag ganz entspannt wieder Richtung Heimat. Insgesamt haben es von vorherigen 10 Bewerbern nur 6 auch durch das DLR Hamburg geschafft.

e) DLR Köln

Genug vom DLR? Falsch gedacht! Nachdem ich geistig für tauglich erklärt wurde, musste mein Körper auf den Prüfstand. Die Piloten der PFSt müssen sich jährlich (später sogar halbjährlich) einer ärztlichen Untersuchung stellen. Die Grunduntersuchung ist natürlich sogar noch umfänglicher. Auf diesen Tag habe ich mich nicht vorbereitet. Höchstens in dem Sinne, dass ich schon seit immer Sport mache und versuche meine fleischige Hülle nicht ganz zu kacke zu behandeln. Aber auf manche Sachen, wie zB die Augen, hat man nicht sehr viel Einfluss.
Ende März ging es also nach Köln zu den Fliegerärzten. Am umfangreichsten war die Augenuntersuchung. Dazu kamen Ruhepuls, Blut/Urin Abgabe, Akustik und paar weitere Kleinigkeiten. Zum Glück hat mich mein Körper hier nicht im Stich gelassen und ich erhielt mein medical class 1 für den Zeitraum von einem Jahr. Check. Alle 6 sind auch hier weiter.

f) Gewöhnungsflug

Immer noch nicht vorbei? Ja richtig, aber fasst. Der letzte Punkt des Auswahlverfahrens ist quasi ein Testflug. Man sitzt als Co-Pilot im Helikopter und es wird geschaut, dass man körperlich und mental auf der Höhe bleibt und grundlegende Aufgaben hinbekommt wie zB Funken und Navigieren. Ich hatte Ende April, paar Tage nach meinem 30. Geburtstag, das Vergnügen in die Hummel 1 am Düsseldorfer Standort einzusteigen. Ca. eine Stunde waren wir bei bestem Wetter in der Luft und ich absolvierte die genannten simplen Aufgaben. Zudem durfte ich sogar überraschend viel selber steuern. Zumindest solche Sachen wie Kurs oder Position halten. Jedenfalls trieb das Ganze ein massives Grinsen in mein Gesicht, wie schon damals beim spontanen Einsatzflug und ich wäre am liebsten den ganzen Tag oben geblieben.
Aber nun konnte ich mir sicher sein, dass ich höchstwahrscheinlich eines Tages oft genug die Möglichkeit dazu haben werde. Das Verfahren war nun für mich und auch die anderen 5 durch. Wahnsinn, endlich.


IV. Wie geht es weiter?

Die Ausbildung zum Berufshubschrauberpiloten erfolgt für Polizeibeamte zentral in Bonn und dauert ca. zwei Jahre. Die dortige Luftfahrerschule für den Polizeidienst bildet alle Einsatzpiloten deutschlandweit aus und Hauptträger der Ausbildung ist die Bundespolizei (welche auch den größten Flugdienst in der Republik hat). Da es für die Polizei NRW jährlich nur drei Ausbildungsplätze gibt, werde ich aufgrund einer Warteliste erst 2022 meine Ausbildung anfangen und solange weiterhin in der Hundertschaft bleiben. Mit diesen Aussichten jedenfalls kein schlechtes Los.


V. Abschlussbemerkungen

Wie ihr seht muss man keine Vorerfahrungen oder besondere Kenntnisse in den genannten Bereichen vorweisen. Bei mir hat ein grundsätzliches Interesse für diese Themen sowie viel Geduld und Durchhaltevermögen ausgereicht, um das Verfahren erfolgreich hinter mich zu bringen. Und natürlich darf man eine Prise Glück und gute Tagesformen auch nicht vernachlässigen.

Aber oft heißt es, zumindest in meiner bisherigen Laufbahn und selbst schon in der Ausbildung, dass nur Genies und Auserwählte zur Fliegerstaffel gehen können. Das ist auf jeden Fall Quatsch. Ich dachte mir einfach: “Irgendwer muss es ja machen.”
Ach und übrigens. Dieses Mal hat es endlich auch eine Frau durch das Verfahren geschafft. Also Mädels, nicht abschrecken lassen.

AventMam
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Re: Auswahlverfahren Fliegerstaffel NRW - Ein Bericht

Beitragvon AventMam » Di 25. Mai 2021, 19:00

Vielen Dank für den absolut klassen Bericht!

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Re: Auswahlverfahren Fliegerstaffel NRW - Ein Bericht

Beitragvon Polli » Di 25. Mai 2021, 19:04

Hi igess,

auch von mir im Namen der Interessenten ein herzliches Dankeschön. :blume:

Ich werde deinen Bericht in den nächsten Tagen in die 99 Antworten von A - Z aufnehmen.
Damit der Thread übersichtlich bleibt, schließe ich diesen.

Gruß :polizei2:



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