"Berauschende Mittel" §316StGB vs. 24a StVG

Rund um das Thema Drogen....
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Luk91
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"Berauschende Mittel" §316StGB vs. 24a StVG

Beitragvon Luk91 » Fr 9. Sep 2016, 11:42

Servus,

mich interessiert der unterschiedliche Umgang mit den beiden Normen im Bezug auf "Rauschfahrten" (Alk. ausgeklammert) in den Bundesländern.

Wann wird "nur" der 24a StVG zur Anwendung gebracht?
Wie viele Auf-/Ausfallerscheinungen braucht ihr für die Einleitung eines 316er?

Bei uns im Saarland z.B. reicht eine Ausfallerscheinung dafür. Im Fortbildungslehrgang zum Thema wird dafür gern die "erheblich Lichtstarre" Pupille angeführt.

Hat den Vorteil, man ist relativ schnell aus der Bindung an die Anlage zu §24a StVG raus, welche die Stoffgruppen ja massiv einschränkt.

Wie sieht das bei euch aus?
Ist das Thema in den anderen Ländern überhaupt ein für wichtig erachtetes Thema in Aus-/Fortbildung?
Wie ist der Umgang mit den beiden Normen?
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Re: "Berauschende Mittel" §316StGB vs. 24a StVG

Beitragvon Ailäx » Sa 19. Nov 2016, 00:19

Ich denke in diesem Zusammenhang muss man stark zwischen den körperlichen Auffälligkeiten / Symptomen und den Ausfallerscheinungen während des Fahrvorganges differenzieren.

Bei berauschenden Mitteln sind zumeist keine bis nur wenige Ausfallerscheinungen während des Führens eines Kraftfahrzeugs zu beobachten. So zumindest meine Feststellung. Bei Betäubungsmitteleinfluss sind die Auswirkungen auf das Fahrverhalten nicht in der Intensität zu beobachten, wie es oftmals bei dem alkoholisierten Fahrzeugführer der Fall ist. Das liegt sicherlich auch daran, dass gewisse Drogen zwar über einen längeren Zeitraum im Blut nachweisbar sind (auch über dem entsprechenden Grenzwert hinaus), jedoch nach einigen Stunden / Tagen nicht mehr diese Wirkungsintensität hervorbringen und den Konsumenten, bzw. Fahrzeugführer auch nicht mehr derart beeinflussen.

Ich bringe hier regelmäßig lediglich den §24a, Absatz 2 StVG zur (OWI-)Anzeige, da eben auch regelmäßig keine Ausfallerscheinungen beim Fahren erkennbar sind.

Geschilderte Auffälligkeiten, wie gerötete Skleren, träge Pupillenreaktion, Schwitzen oder ,,Kauen" der Person würden bei uns nicht für einen 316 reichen.

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zambo84
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Re: "Berauschende Mittel" §316StGB vs. 24a StVG

Beitragvon zambo84 » Sa 19. Nov 2016, 08:56

Kann den Beitrag Ailäx so unterschreiben. :zustimm:


Eine lichtstarre Pupille ist keine Ausfallerscheinung sondern eine Auffälligkeit. Kann mir nicht vorstellen, dass es Richter gibt, die alleine aufgrund einer lichtstarren Pupille einen 316er bejahen. In der Regel sind die Anforderungen an Ausfallerscheinungen erheblich höher. In Berlin reicht meines Wissens nach auch nicht das Vorliegen einer alleinigen Ausfallerscheinung (z.B. Rotlichtfahrt) aus.

Ich sehe auch nur bedingt Sinn darin, unbedingt auf den 316er zu gehen. Der §24a StVG sieht ein sehr empfindliches Bußgeld vor. Zusammen mit den Verfahrenskosten landet man beim Erstverstoß eigentlich immer bei ca. 900 €. Die FE wird dann zwar nicht sofort, aber in der Regel durch die Führerscheinstelle auf dem Verwaltungsweg entzogen. Da es sich um eine Ordnungswidrigkeit handelt, folgt die Strafe in der Regel auch deutlich schneller als beim 316er. Nach Gutachteneingang (6-8 Wochen nach der Tat) dauert es ca. 2 Wochen, dann bekommt der Proband Post.

Das Problem bzgl. der anderen Stoffgruppen lässt sich mit dem 316er nicht zwangsläufig lösen. Denn auch die berauschenden Mittel müssen ja nachgewiesen werden. In Berlin zumindest untersucht das KTI die Blutproben entweder auf Alkohol, Drogen (gem. dem Anhang zu § 24a) oder auf "Medikamente" (sehr weit gefasst). Diese müssen jedoch im Untersuchungsantrag genau benannt werden. Wenn ich nicht weiß, was der Proband konsumiert hat, wird es also schwierig.

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Re: "Berauschende Mittel" §316StGB vs. 24a StVG

Beitragvon Ycie » Di 31. Jan 2017, 00:08

Für Berlin gibt es keine "Anweisung" oder festgelegte Verfahrensweise wie hier zu verfahren ist. Letztendlich regelt das meiner Meinung nach aber auch klar das Recht. Ich habe es wie folgt gehandhabt und entsprechend auch ausgebildet:

Fahrauffälligkeiten die dem Konsum dem ersten Anschein nach zugerechnet werden konnten wurden ebenso berücksichtigt, wie Auffälligkeiten bei den Vortestverfahren. Das äußere Erscheinungsbild allein war auf keinen Fall ausreichend und wurde lediglich als Entscheidungshilfe mit gewertet. Wenn in der Summe ausreichend dafür sprach, dass das Gegenüber so deutlich unter dem Einfluss des Rauschmittels stand, dass eine Fahreignung in Frage zu stellen war, dann habe ich den § 316 StGB als Haupttatbestand gewählt, in den anderen Fällen den § 24a StVG. Ich würde sagen, das Verhältnis war etwa 1:20.

Die Erfahrungen vor Gericht waren überwiegend positiv. Tatsächlich wurde kein Verfahren eingestellt bzw. auf die Owi runtergebrochen.

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Re: "Berauschende Mittel" §316StGB vs. 24a StVG

Beitragvon 1957 » Di 31. Jan 2017, 11:29

Es ist zu differenzieren in "Auffallerscheinungen" (gerötete Augen, Kleidung, körperlicher Zustand etc.) und Ausfallerscheinungen. Auffallerscheinungen alleine indizieren keine Ausfallerscheinungen i.S. des 316, 315c STGB.
Allerdings können fehlende Pupillenreaktionen aus einer OWi eine Straftat nach 316 machen.
Ausfallerscheinungen betreffen überwiegend die Beeinträchtigung der physischen Kontrolle.
Ausfallerscheinungen ergeben sich aus dem Einzelfall. NIcht jede ist auch gleich eine i.S.d. 316 etc.
Es gibt keine Festlegung auf die Anzahl der notwendigen Ausfallerscheinungen. Eine reicht in der Regel aus, um einen 316 zu schreiben. Letztlich ist es Aufgabe der STA, diese dann zu bewerten.

http://www.verkehrsrecht.gfu.com/2015/0 ... entration/


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