Old Bill hat geschrieben: ↑Di 21. Feb 2023, 10:53
Robocop hat geschrieben: ↑Mo 20. Feb 2023, 17:32
Welches Gesetz mir letztlich Recht gibt, ist mir tatsächlich wurscht.
Das, und nichts anderes, meinte ich. Bei einer solchen Blockade ist von vorne herein klar, dass
du als Polizeibeamter nach dem PolG einschreitest. Das sollte auch klar sein und nicht wurscht. Wenn man auf der ganzen Klaviatur spielt, dann sollte man auch die richtigen Töne treffen.
Bisher habe ich eher aus meiner Rolle als Autofahrer argumentiert. Aber auch als Polizeibeamter ist es mir wurscht nach welchen Rechtsgrundlagen ich handle. Bis der Blockierer von der Straße runter ist, würde ich nach dem PolG handeln, die IDF und den ggf. sich daraus ergebende Uzw. würde ich nach der StPO vornehmen, die Durchsuchung der Person wieder nach dem PolG, die ed-Behandlung ich nach der StPO, den Gewahrsam würde ich nach dem PolG vornehmen und wenn der Blockierer nach den Maßnahmen mit dem Auto wegfahren will womöglich noch irgendwas nach der StVO und wenn der Blockierer mich während der Maßnahmen noch mit einem Messer angreifen sollte, dann wehre ich mich nach dem StGB. Ich könnte bei den Rechtsgrundlagen auch wechseln. Die IDF könnte ich beispielsweise auch nach dem PolG durchziehen, die Durchsuchung nach der StPO - wie gesagt mir letztlich wurscht, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich noch immer den richtigen Ton getroffen habe, andernfalls würde ich ja rechtswidrig handeln.
DerLima hat geschrieben: ↑Di 21. Feb 2023, 14:45
Warum dein Einbrecher keine passende Analogie ist?
Weil dein Einbrecher in dem von dir erklärten ersten Teil "nur" den Hausfriedensbruch begangen hat (wenn er schon auf dem Grundstück ist), aber in deinem zweiten Teil zu der nächsten Straftat, dazu noch einer schwerwiegenderen Straftat, nämlich der Sachbeschädigung und dem besonders schweren Fall des Diebstahls ansetzt. Mithin also die Rechtsgutverletzung größer wird.
Die Blockierer hingegen sind in meinem Beispiel zuerst noch im Anfangsstadium der Nötigung, wohingegen im zweiten Teil die Nötigung weiter andauert, mithin die Rechtsgutverletzung ohne eine Steigerung fortgeführt wird. Allerdings sind die Handlungen der Störer im ersten Teil noch in einem Stadium, an dem der Autofahrer das Festkleben noch verhindern kann, im zweiten Teil jedoch die Störer bereits kleben und das Risiko von Verletzungen durch das Ankleben bei einem Entfernen deutlich höher sind.
Um das einmal noch zu verdeutlichen: Ich schreibe nicht von Menschen, die einfach auf der Straße sitzen. Ich schreibe von Menschen, die sich dort mittels Kleber (oder seit neustem auch Beton) befestigt haben.
Das ist fast alles die Prüfung der Angemessenheit (Abwägung von Rechtsgütern) und ein bisschen die Prüfung, ob ein Angriff unmittelbar bevorsteht oder andauert. Angemessenheit gibt´s bei Notwehr nicht.
DerLima hat geschrieben: ↑Di 21. Feb 2023, 14:45
Wenn ich deine Texte so lese, dann lese ich daraus, dass du Notwehr für die gesetzlich legitimierte und notwendige Handlung, hingegen ist das hoheitliche Einschreiten lediglich eine Ersatzvornahme der Notwehr, hältst. Nach deinen Erklärungen ist Notwehr in JEDEM Fall rechtmäßig, wenn eine Straftat nicht unmittelbar im Beisein eines Polizeibeamten geschieht. Und das ist eben nicht so.
Zwar sprechen wir hier bei den Klima-Klebern von einer Nötigung, jedoch ist diese (in der Regel) nicht so schwerwiegend, dass immer und in jedem Fall die Notwehr erforderlich ist. Als Autofahrer in Ballungsräumen rechne ich von vornherein Staubildungen mit ein, weswegen eine Wartezeit bis zum Eintreffen der Inhaber der staatlichen Gewalt regelmäßig zumutbar ist. Auch wenn hier seitens der Störer eine Straftat vorliegt. Damit weicht das Recht nicht dem Unrecht, es wird lediglich ein Faustrecht vermieden.
Recht weicht auch nicht dem Unrecht, wenn zeitnah die hoheitlich handelnde Staatsmacht eintrifft und a) die Störung beendet und b) die Strafverfolgung einleitet. Notwehr ist subsidiär zur handelnden Staatsmacht.
Zum ersten Satz: Das liest Du falsch heraus. Wie gesagt, ich habe bisher eher aus der Sicht der Autofahrer argumentiert.
Zum zweiten Satz: Das stimmt so nicht. Eine Notwehrlage ist immer dann gegeben, wenn ein rechtswidriger Angriff gegen mich oder einen anderen unmittelbar bevorsteht oder bereits andauert. Nicht jede Straftat stellt automatisch einen rechtswidrigen Angriff dar, der dann auch noch gegenwärtig ist. Werde ich z. B. beklaut und der Täter wirft bei der Verfolgung das Diebesgut weg, kann ich den nicht mehr nach 32 StGB verfolgen. Ich könnte dann allerdings auf 127 StPO wechseln. Beobachte ich einen Drogenhandel liegt zwar eine Straftat vor, aber kein gegenwärtiger Angriff gegen mich oder einen anderen. Notwehr gilt übrigens auch bei Ordnungswidrigkeiten.
Eine Notwehrhandlung kann vorgenommen werden, wenn keine Polizei präsent ist.
Weil hier ja auch höchst-(hoch-)richterliche Urteile gefordert wurden, mal ein Beispiel eines OLG. Das Blockieren eines Parkplatzes für einen später hinzukommenden Autofahrer ist eine Nötigung zum Nachteil des Autofahrers, der dort gerade einparken will und bringt diesen in eine Notwehrlage. Das Wegschieben des Blockierers mit dem Auto wurde als rechtmäßige Notwehrhandlung anerkannt.
Man muss auf der ganzen Klaviatur des Gesetzes spielen können.