Körperverletzung oder Notwehr?

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Ghostrider1
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Re: Körperverletzung oder Notwehr?

Beitragvon Ghostrider1 » So 27. Okt 2013, 07:33

Du beantwortest meine Frage nicht, sondern kommst wieder nur mit grauer Rechtsthoerie.
**** Wie würdest du diesen SV abarbeiten? ***

Es ist genauso nicht lebensfremd, dass ein Typ eine fängt und dann wars das. Passiert so oft.
Man kann sich durch Vieles bedroht fühlen, rechtfertig aber nicht sofort körperliche Angriffe.

Bitte kommt hier nicht mit Waffen. Davon war keine Rede. :polizei10:

.. wenn ein Angriff zu befürchten ist. Und dafür benötigt es Begleitumstände!
- allg. Situation
- ggf. weitere verbale Androhungen
- Körperhaltung

Nur weil es Eine gab, muss es keine Zweite geben. Da machst du dir es doch recht einfach

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krisjugo
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Re: Körperverletzung oder Notwehr?

Beitragvon krisjugo » So 27. Okt 2013, 07:42

Viel Theorie bei...es kommt doch wie immer auf den Einzelfall an.
Eine Ohrfeige kann als einmaliger Angriff, bzw. als Ausdruck der Verachtung gewertet werden, auf welchen erfahrungsgemäß oftmals keine weiteren Attacken folgen...oder aber man wertet es den Umständen entsprechend als "Auftakt zum Warmwerden"...

Fakt bleibt jedoch, dass dies nicht die Polizei, sondern Sta/AA und/oder Gerichte entscheiden.

Interessierte können hierzu auch die Begriffe "Notwehrexzess, Putativnotwehr und Erlaubnistatbestandsirrtum" nachschlagen"

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PotionMaster
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Re: Körperverletzung oder Notwehr?

Beitragvon PotionMaster » So 27. Okt 2013, 08:17

Nein, ich betrachte die Gegenwärtigkeit. Und die muss eben nicht deshalb beendet sein, weil der erste Schlag erfolgt ist :polizei2: Deshalb ist es gerade wichtig zu wissen, warum der Freund des TE sich so sicher war, dass der Angriff beendet war (oder eben nicht). Das sind genau die Begleitumstände, die hier wichtig sind. Deshalb ist es keine "Was wäre, wenn"-Frage, die unwichtig ist. Eigentlich ist das überhaupt keine "Was wäre, wenn,"-Frage sondern mehr ein "Was war?".
Ghostrider1 hat geschrieben:Nur weil es Eine gab, muss es keine Zweite geben. Da machst du dir es doch recht einfach
Nein, du machst es dir einfach, wenn du einfach so eine Notwehr ausschließt. Ich sage, dass es durchaus prüfenswert ist, ob eine vorliegt und dass die Gegenwärtigkeit eben nicht so einfach ausgeschlossen werden kann :polizei2:

Die Waffe war ein Beispiel dafür, dass es auch mal mehr als ein paar Millisekunden dauern kann, bis ein Angriff seine Gegenwärtigkeit verliert. Ebenso gut hätte ich sagen können, dass der Angreifer sich kurz bückt, um seine verlorene Uhr aufzuheben und sich dann weiter dem Opfer zuwendet. Nur, weil der zweite Schlag nicht sofort dem ersten folgte, ist die Gegenwärtigkeit nicht zu verneinen. Das ist gerade das Gegenteil von Rechtstheorie :polizei2: Das ist praktischer Opferschutz. Es kann dem Angegriffenen nicht zugemutet werden, Schläge abzuwarten. Es ist eben so, dass die Gegenwärtigkeit noch andauert, solange die Gefahr der Rechtsgutverletzung oder deren Vertiefung andauert.

Mir geht es nicht darum, wie die Anzeige vor Ort aufgenommen wird. Da der Beamte nicht dabei war, sind die Aussagen der beiden Beteiligten eben so aufzunehmen, wie sie sie von sich geben. Und wenn der Freund des TE dabei erwähnt, dass er in Notwehr zu handeln geglaubt hat, dann kommt das da auch rein. Interessant für mich ist aber mehr, was dabei am Ende herauskommen könnte. Und da ist eben die Frage der Gegenwärtigkeit für die Annahme/Ablehnung einer Notwehr relevant. Und die Notwehrfrage ist es ja auch, die der TE stellte. Also, ich denke, dass die Notwehr nicht einfach so ausgeschlossen werden kann, sondern durchaus diskussionswürdig sein kann. Und eben deshalb würde ich auch den Freund des TE frage, warum er sich so sicher war, dass kein weiterer Schlag folgen würde.

@Krisjugo.
Allerdings. Hier wäre auch interessant zu wissen, was da im Vorfeld gelaufen ist, eben wegen der von dir angesprochenen Dinge.

Das dies nicht von der Polizei entschieden wird, habe ich nicht verneint. Natürlich läuft das einen Schreibtisch höher. Dadurch wird es ja nicht uninteressant und die Frage des TE bleibt bestehen :)

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Re: Körperverletzung oder Notwehr?

Beitragvon -SKY- » So 27. Okt 2013, 08:50

Also ich freue mich das es sich doch zu einer Diskussion entwickelt und man hier einige gute Beispiele herauslesen kann. Ist ja auch Interessant, da ihr ja von der Praxis reden könnt und wisst wie es da draußen abläuft.

@PotionMaster: Ich kann dazu leider keine näheren Angaben machen, ich habe den Sachverhalt selber via Internet geschildert bekommen, da es allerdings nur ein Bekannter, kein Freund ist, also mal ein "Hallo und Tschüss", wollte ich mich jetzt nicht näher damit beschäftigen, da ich einiges zu tun hatte. Am Ende hat mich allerdings die polizeiliche Bearbeitung interessiert, wie dies dann gesehen wird.

Ich kann mich nur auf Signalwörter stützen, die er nannte: "Als Reaktion auf die Schelle, habe ich ihm aufs Auge geschlagen, das habe ich zugegeben das ich da auch Schuld bin".

Wenn ich als Sachbearbeiter so eine Aussage serviert bekommen würde, wäre durch diesen kurzen Satz für mich zu sehen das er vorsätzlich, als Quittung/Rache, zurückgeschlagen hat, nicht aber aus Angst oder Furcht da würde mehr kommen (Notwehr).

Am Ende hat er dann geschrieben er stütze sich auf Notwehr, aber das habe ich ihm nicht abgekauft, aber da geht vielleicht auch persönliche Meinung mit rein, denn man bekommt ja nicht einfach eine Schelle - sowas kann es geben, ist aber eher die Seltenheit schätze ich.

@PotionMaster und krisjugo: Ich denke es kommt ja auch drauf an, wie der GES darauf reagiert, oder nicht? Wenn Person A eine Schelle bekommt, hat sie mehrere Möglichkeiten, u.a. zurückschlagen/es heraus provozieren und daraus könnte sich dann eine Schlägerei entwickeln. Sie könnte aber auch weg gehen/rennen und die Polizei rufen, dann würde keine gegenwärtige Gefahr bestehen. Eine weitere Theorie, bitte verbessert mich wenn ich jetzt komplett falsch liege, sie könnte eine vorläufige Festnahme nach §127 I StPO machen, woraus allerdings dann auch eine handfeste Auseinandersetzung folgen könnte, wobei sich dann aber Person A definitiv auf Notwehr berufen könnte, da sich GES ggf. dann der Flucht entziehen möchte oder mit der vorläufigen Festnahme nicht einverstanden ist.

@Ghostrider1: Also du würdest den Sachverhalt ebenfalls so aufnehmen, wie der MICHI, oder? Also beide als GES und BES aufnehmen und zweiläufige KV laufen lassen, allerdings bei dem einen die Notwehr in den Sachverhalt mit rein schreiben, so dass dann die StA sich darum den Kopf machen muss, richtig?
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Re: Körperverletzung oder Notwehr?

Beitragvon PotionMaster » So 27. Okt 2013, 09:08

Natürlich gibt es einige Reaktionsoptionen auf einen Angriff. Niemand muss sich durch Schläge verteidigen. Aber die Notwehr charakterisiert eben , dass er nicht weglaufen muss. Plakativ wird das immer mit dem Satz "Das Recht muss nicht dem Unrecht weichen" genannt. Deshalb gerade sind ja manche Rechtsgutverletzungen durch Notwehr nicht rechtswidrig.

Bei der Notwehr muss natürlich ein Verteidigungswille vorhanden sein. Andere Motive daneben schaden nicht, wenn der Verteidigungswille dominant ist. Jemandem primär aus Rache eine zu geben, fällt dann nicht mehr unter Notwehr!

Hier wurde ja schon mehrfach gesagt, dass letztendlich eine andere Instanz über die Rechtswidrigkeit entscheidet.

Schwierig bei solchen "Hörensagen-Fällen" ist eben, dass man meist nur eine Seite kennt, die oft subjektiv rübergebracht wird, manches fehlt, was vielleicht wichtig wäre usw.

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Re: Körperverletzung oder Notwehr?

Beitragvon zulu » So 3. Nov 2013, 15:36

Konkret kommt er um die Anzeige auch bei bejahter Notwehr nicht rum. Solche soliden Streitigkreiten enden meistens in einer KV Anzeige für jeden. In der Vernehmung können die von mir aus jeweils Notwehr geltend machen...den Rest entscheidet die StA oder der Richter.

Ohne Zeugen und bei glaubhaften Aussagen von beiden landet das mit hoher Wahrscheinlichkeit in Ablage P.

Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen, man muss sich nicht schlagen lassen. Woher sollte B wissen, dass A es nur auf die eine Schelle abgesehen hat? Ich rechne da grundsätzlich mit weiteren Angriffen.

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Re: Körperverletzung oder Notwehr?

Beitragvon powle » So 3. Nov 2013, 15:57

Würde das auch als Notwehr sehen, wie lange soll ich abwarten ob der Mensch mich nochmal schlagen soll oder nicht? Der Angriff dauert noch an, da seh ich gar kein Problem.

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Re: Körperverletzung oder Notwehr?

Beitragvon -SKY- » So 3. Nov 2013, 16:21

Aktueller Stand, der mir vorliegt, mein Bekannter ist als BES eingetragen. Wie und ob es weiter läuft, kann ich an dieser Stelle nicht sagen.

Danke euch aber für eure konstruktive und lehrreiche Beiträge, wodurch auch wieder etwas dazu lernen konnte. Es ist eben die Verschmelzung, von Theorie und Praxis, die mich neugierig macht und ich probiere anhand von solchen Situationen mein Wissenstand aus.

Sollte es zu einem Ergebis kommen, halte ich euch natürlich auf dem laufenden.

Gruß :hallo:
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Re: Körperverletzung oder Notwehr?

Beitragvon Hessen78 » So 3. Nov 2013, 17:13

Um es noch mal klar zu stellen, SKY:

Egal ob im Nachhinein der Rechtfertigungsgrund Notwehr durch das Gericht angenommen wird, zunächst liegt durch das Zurückschlagen tatbestandsmäßig eine vorsätzliche KV vor. Punkt. Daher ist Dein Bekannter auch Beschuldigter im Ermittlungsverfahren. Das ist kein Widerspruch, sondern die normale Verfahrensweise.

Hinsichtlich der schweren KV solltest Du noch einmal in die Kommentierung schauen. Hier mangelt es sicherlich am Vorsatz hinsichtlich der Erfolgsqualifikation. Aber das lenkt hier vom eigentlichen Diskussionsgegenstand ab.

Über die Gegenwärtigkeit lohnt es sich auf jeden Fall mal zu reden. Da haben unsere Gerichte ein sehr robustes Notwehrrecht ausgeprägt. Ich möchte da nur an den Fall des erschossenen Jugendlichen nach vollendetem, jedoch nicht beendetem Raub erinnern als dieser mit der Beute das Grundstück des Rentners noch nicht verlassen hatte... Wurde glaub ich auch hier im Forum damals diskutiert.
Auch hier kommt es auf die Details an. KV des ursprünglichen Angreifers vollendet und beendet? Oder nur vollendet und möglicherweise nicht beendet, weil es demnächst nochmal einschlägt? Reicht es vielleicht bereits wenn es nochmal einschlagen könnte? Da sind etliche Lösungsansätze denkbar. Die Notwehr von vornherein kategorisch auszuschließen finde ich falsch und völlig lebensfremd.


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