Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon Brot » Do 24. Aug 2017, 11:23

Wie ist denn "bestimmte Tatsachen" zu verstehen?

Bei Alkohol mit einem vorliegenden Atemalkoholergebnis oder bei Drogen mit einem positiven Urinvortest dürfte es klar sein. Aber wie schaut es in Fällen aus, in denen die Mitwirkung an solch einem Vortest verweigert wird? Hier gehen zum Teil die Meinungen bzgl. ausreichender Anhaltspunkte weiter auseinander.

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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon hoschi101 » Do 24. Aug 2017, 12:02

Mithin sicherlich nicht mehr als die Ausformulierung des geforderten Anfangsverdachtes - zum/-r besseren Verständnis & erneuten Erinnerung :verweis:

"Bestimmt" würde ich derart auslegen, als das damit lediglich - verbunden mit den genannten Verkehrsstraftaten - solche Tatsachen vorliegend sein müssen, welche eben konkret die Annahme rechtfertigen, einen der vorgenannten Straftatbestände zu erfüllen.

In der Konsequenz, alles wie gehabt!

Welche Tatsachen einen entsprechenden Anfangsverdacht begründen und ab wann dieser vorliegt, ist Gegenstand zahlreicher Publikationen. Das hier "die Meinungen weiter auseinander gehen" kann ich eigentlich nicht teilen.

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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon 1957 » Do 24. Aug 2017, 12:18

Bestimmte Tatsachen sind Auffall- und Ausfallerscheinungen. Wie gehabt. Diesbezüglich hat sich nichts geändert.

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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon Polimannzei » Do 24. Aug 2017, 15:21

1957 hat geschrieben:Hier, schaust du unter Ziffer 3 und 6:


https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xa ... 3552997764
Moin,

vielen Dank, habs endlich gefunden, scheinbar konnte mein Handy die Webseite nicht vernünftig darstellen :lupe:

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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon schutzmann_schneidig » Do 24. Aug 2017, 16:20

Brot hat geschrieben:Wie ist denn "bestimmte Tatsachen" zu verstehen?

Wie schon geschrieben wurde, ist darunter ein Anfangsverdacht zu verstehen. Neben den genannten Vortests können das natürlich auch z.B. Alkoholgeruch in der Atemluft, Fahrauffälligkeiten oder körperliche Ausfallerscheinungen sein.
Hier gibt es keinen Unterschied zur bisherigen Bewertung, ab wann eine Blutentnahme gem. § 81a StPO alte Fassung beantragt wurde.

Die Formulierung in der neuen Fassung hat nicht zum Ziel, den erforderlichen Anfangsverdacht neu oder anders zu definieren (was sie auch nicht tut), sondern sie soll vielmehr eine Begrenzung dieser neuen Regelung auf die dann nachfolgend genannten Verkehrsdelikte bewirken.
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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon Brot » Do 24. Aug 2017, 17:09

Mir geht es darum, ob es auch Grenzfälle gibt, bei denen trotzdem die StA bzw. ein Richter zur Anordnung verständigt werden muss.

Ich kenne z.B. einen Fall, da wurde jemand angehalten, hat nach Alkohol gerochen und hatte eine verwaschene Aussprache. Die Blutentnahme und weitere Maßnahmen wurden dennoch durch die StA abgelehnt. Der Herr durfte weiterfahren. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich die BE bejaht.

Daher meine Frage, ob es doch Ausnahmen gibt, in welchen trotz der neuen Regelung Rücksprache gehalten werden muss. Oder ob es ausreicht, wenn ich als Polizeibeamter der Meinung bin, dass ich sein Blut brauche.

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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon vladdi » Do 24. Aug 2017, 17:20

Musst du einen Richter Fragen, wenn du auf jemanden schießt ?

Das Gesetz sagt: Polizist
Mit der Verantwortung muss der Polizist nun bewusst umgehen. Er muss eben nicht mehr fragen, sondern selber entscheiden - und zwar rechtmäßig
Ich vertraue auf die Polizei und ihren hierarchischen Aufbau.

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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon schutzmann_schneidig » Do 24. Aug 2017, 17:47

Brot hat geschrieben:Daher meine Frage, ob es doch Ausnahmen gibt, in welchen trotz der neuen Regelung Rücksprache gehalten werden muss.
Das gibt die StPO nicht her. In der Begründung zu dieser Änderung war ja u.a. auch genannt, dass die richterliche Würdigung nach Sachverhaltsvortrag durch den Antragsteller regelmäßig keine echte Überprüfung zuließ, sondern dass der Richter ohnehin nur aufgrund der Angaben des Antragsstellers entscheiden konnte.
vladdi hat geschrieben:Das Gesetz sagt: Polizist
Nein. Die StPO sagt StA und EPStA.
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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon Peppermintpete » Do 24. Aug 2017, 18:37

Und es gibt Behörden, da werden StA und EPStA nicht als gleichwertig betrachtet.

Hier bleibt es für die Kollegen dabei, die StA als Herrin des Verfahrens anzurufen und sich dann (wenn überhaupt) den Anruf beim Richter zu ersparen.
:keks:

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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon MICHI » Do 24. Aug 2017, 18:39

Peppermintpete hat geschrieben:Und es gibt Behörden, da werden StA und EPStA nicht als gleichwertig betrachtet.

Hier bleibt es für die Kollegen dabei, die StA als Herrin des Verfahrens anzurufen und sich dann (wenn überhaupt) den Anruf beim Richter zu ersparen.
Ob sich da über gesetzliche Befugnisse hinweg gesetzt werden kann, wage ich zu bezweifeln.
Gruß
MICHI


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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon schutzmann_schneidig » Do 24. Aug 2017, 18:48

Peppermintpete hat geschrieben:Und es gibt Behörden, da werden StA und EPStA nicht als gleichwertig betrachtet.
Ja, diese Behörden gibt es auch. Dort wird es aber, wie schon im Januar geschrieben, meiner Einschätzung nach dazu kommen:
schutzmann_schneidig hat geschrieben:Und ich gehe davon aus, dass die meisten (oder sogar sämtliche) StA'en im Rahmen einer allgemeinen/generellen Weisung die Anordnungskompetenz auf die Polizei übertragen werden.
Und zwar aus den gleichen Gründen, die auch den Richterbund veranlasst haben, diese Änderung der StPO ausdrücklich zu begrüßen. :pfeif:
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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon vladdi » Do 24. Aug 2017, 18:50

schutzmann_schneidig hat geschrieben:.
vladdi hat geschrieben:Das Gesetz sagt: Polizist
Nein. Die StPO sagt StA und EPStA.
Das passiert, wenn man nur überfliegt / nicht ordentlich liest.
Sorry
Dann entscheidet natürlich der StA, nachrangig - bei Gefahr im Verzug - die Ermitlungsperson der StA (Polizist)

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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon schutzmann_schneidig » Do 24. Aug 2017, 18:54

vladdi hat geschrieben:Dann entscheidet natürlich der StA, nachrangig - bei Gefahr im Verzug - die Ermitlungsperson der StA (Polizist)
Nein. Die Anordnung steht StA und EPStA zu. Unabhängig von einer etwaigen Rangfolge bedarf es keiner GiV mehr.
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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon Buford T. Justice » Do 24. Aug 2017, 19:37

vladdi hat geschrieben:Musst du einen Richter Fragen, wenn du auf jemanden schießt ?
Der Schusswaffengebrauch ist ja nun auch nicht gerade eine StPO-Maßnahme :polizei10:
vladdi hat geschrieben:Ich vertraue auf die Polizei und ihren hierarchischen Aufbau.
Was genau macht denn der hierarchische Aufbau da? Ich persönlich verantworte meine Maßnahmen selbst.
:applaus:

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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon 1957 » Do 24. Aug 2017, 20:02

Grundsätzlich ja, allerdings gibt es mitunter eine Menge Unsicherheit. Dann hilft die Hierarchie.


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