Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon Controller » Mo 9. Jan 2017, 19:41

Ich glaube, unsere Justiz kommt um die Einrichtung eines Bereitschaftsdienstes -über kurz oder lang- nicht herum.
In die Übermittlung von Sachverhalten wird neuere Technik einziehen.
Es geht nämlich nicht nur um Blutproben von Verkehrssündern.
Da greifen wir in die gelebten Rechte unserer Adressaten mitunter deutlich tiefer ein - ohne richterliche Anordnung.
gefahrenabwehrend
strafprozessual hingegen eher weniger.

Vladdi, nochmals,

ich bin der Meinung, beweissichernde strafprozessuale Grundrechtseingriffe müssen aufgrund des im Grundgesetz verankerten Fairnessprinzips mit Richtervorbehalten ausgestaltet werden.
Und weiterhin: Aus dem Rechtsstaatsprinzip ergibt sich zwingend ein Erfordernis, Richtervorbehalte für verfahrens- und vollstreckungssichernde Grundrechtseingriffe zu normieren.

/edit: einen doppelten Artikel entfernt
Zuletzt geändert von Controller am Mo 9. Jan 2017, 20:31, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon vladdi » Mo 9. Jan 2017, 20:13

1957

Wenn die GIV Nachts zur Regel wird, dann steht das dem Sinn der richterlichen Entscheidung entgegen. Die Ausnahme darf nicht die Regel sein. Da die Gerichte es nicht geschafft haben 24/7 erreichbar zu sein, muss der Gesetzgeber sagen was er will.

Bei der BE sagt er das jetzt. So kann ich damit leben. Für Freiheitsentziehung und Wohnung schuldet er noch eine Antwort.

Anders als Controller denke ich nicht, dass alle Grundrechtseingriffe der Beweissicherung dem Richtervorbehalt unterliegen sollten. Jedoch ist die Aussage / Forderung im Kern gar nicht unbegründet. Mir würde es jedoch reichen, das, was er fordert, bei der StA anzusiedeln.

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SirJames
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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon SirJames » Mo 9. Jan 2017, 20:25

1957 hat geschrieben:Weil die Blutprobe bei Verkehrsdelikten obligatorisch ist. Es geht nicht ohne sie, ganz gleich wer sie anordnet. Da bietet sich an, das ganze Verfahren zu straffen.
Diese strenge Auslegung der GIV gibt es ja erst seit ca. 12 Jahren, das Urteil bzw. die enge Auslegung der GIV, kam zustande, weil ein Kollege gegen die durch STA angeordnete Durchsuchung seiner Wohnung (Drogen) Rechtsmittel einlegte.
Da hat an die anderen Ermächtigungen mit GIV wohl kaum einer gedacht.

Für andere Fälle ist der Beweiswert der Blutprobe gering.
Ich lasse für viele Delikte kaum noch jemanden zur Ader. I.d.R. nur, wenn ich keinen Atemalkoholtest bekomme, bzw. sich Anzeichen zur Schuldunfähigkeit ergeben.
Moin,

es mag sein, dass eine BE bei Verkehrssachen obligatorisch ist, aber es gibt ja Grenzfälle, bei denen man durchaus uneins sein kann über die deliktische Einordnung eines Verhaltens im Straßenverkehr und den daraus resultierenden Maßnahmen. Keine freiwillige AAK, bisschen Alkoholgeruch, dünne Ausfallerscheinungen oder Thema Radfahrer und Ausfallerscheinungen usw. Ich habe es jedenfalls schon erlebt, dass die StA es so wie ich gesehen hat, der Richter aber nicht und nicht angeordnet hat.

Ich finde auch nicht, dass eine BE ein geringfügiger Eingriff ist. Eigensicheringsdurchsuchung, Transport zur GeSa, Stündchen warten in der Zelle, gegen seinen Willen gepiekst werden - ist schon ein bisschen was.

Grds. habe ich nichts dagegen, wenn man für Entlastung und Straffung sorgen will, aber nicht an der aus meiner Sicht falschen Stelle und aus den falschen Gründen. So eine Anordung kostet mich max. 10 Minuten. Und StA und Bereitschaftsrichter sollten in einem Rechtsstaat auch zur Nachtzeit erreichbar sein, warum auch nicht? BEs im Straßenverkehr sind ja nicht die einzigen Maßnahmen, die da abgefragt werden. Auch wen ich durchaus die von Schutzmann gennnaten positiven Aspekte nachvollziehen kann, so teile ich ebenfalls die Bedenken von Controller.

Gruß
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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon Controller » Di 10. Jan 2017, 16:49

Merci für die Lektüre, wobei ich sagen muss, der Richterbund ist hammerhart. :ja:
Der Referentenentwurf enthält in Artikel 3 Nummer 1 eine besondere Regelung
für die Anordnung der Entnahme einer Blutprobe, wenn tatsächliche
Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Tat vorliegen, die der Beschuldigte bei
oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Fahrzeuges oder unter Verletzung
der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat.

In diesen Fällen wird die Anordnungsbefugnis auf die Staatsanwaltschaft übertragen,
bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung steht sie den
Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft zu.


Die besondere Anordnungsbefugnis wird automatisch in das Recht der Ordnungswidrigkeiten
übertragen, da § 46 Absatz 1 OWiG auf die Strafprozessordnung Bezug
nimmt.
Der Deutsche Richterbund unterstützt nachdrücklich die von ihm schon seit
langem geforderte Abschaffung
des Richtervorbehalts bei der Blutprobenentnahme,
wenn es um die Feststellung des Blutalkoholgehalts oder der
Konzentration anderer berauschender Mittel im Straßenverkehr geht. Der im
geltenden Recht vorgesehene Richtervorbehalt führt in der Praxis angesichts
der Notwendigkeit, relativ schnell zu entscheiden, insbesondere am späten
Abend und zu Nachtzeiten, zu großen Problemen.

Die Anordnung durch den Richter ist aus Sicht des Deutschen Richterbundes auch nicht erforderlich.
Die Blutprobenentnahme ist ein relativ geringer Eingriff in die körperliche
Unversehrtheit der Betroffenen und beim Verdacht einer Alkoholisierung im
Straßenverkehr nicht untypisch.
Das „Vier-Augen-Prinzip“ bleibt durch die
im Entwurf vorgesehene grundsätzliche Anordnungsbefugnis der Staatsanwaltschaft
gewahrt und die nachträgliche gerichtliche Überprüfung der
Rechtmäßigkeit der Blutprobenentnahme bleibt möglich.
Da steht jetzt also, verkürzt gesagt,

" Wir wollen den RV schon lange abschaffen, weil es am späten Abend und zu Nachtzeiten große Probleme gibt (und natürlich völlig nervig ist)
Daher ist die Anordnung durch den Richter nicht erforderlich; für diese Fällen (also zu den ungünstigen Zeiten) wird die Anordnungsbefugnis auf die Staatsanwaltschaft übertragen :ja: :ja:
die erledigen dann auch das mit dem Vier Augen Prinzip
und GiV und Anordnung des PVB greift nur bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung, wenn also der STA nicht erreicht wird.

Eine tolle Lösung für die Richter, die auch Carsten Krumm vom Beck Verlag gefällt.

Die IMK Datei ist ein guter Überblick, wobei mir andere PRO RV Argumente allerdings fehlen, naja ok :polizei3:
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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon zambo84 » Di 10. Jan 2017, 16:55

Auch Richter denken halt durchaus freizeitorientiert. :polizei3:

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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon 1957 » Di 10. Jan 2017, 17:25

Und ich denke auch als Steuerzahler.
Ein echter rechtstaatlicher Bereitschaftsdienst, also Richter vom Fach (und nicht Familienrichter o.ä.) , der auch die persönliche Anhörung und die Prüfung der Schriftlage unmittelbar übernimmt, erfordert einen immensen Aufwand. In quasi jedem Amtsgerichtsbezirk müsste ein solcher 24/7 eingerichtet werden. Die können ihr Büro dann quasi auf der nächst größeren Polizeidienststelle einrichten, wäre effizienter als das hin-und herfahren von Probanden bzw. telefonieren und faxen.
Und das alles wg. banaler alltäglicher Verkehrsstraftaten und ordungswidrigkeiten ?

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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon schutzmann_schneidig » Di 10. Jan 2017, 17:35

Controller hat geschrieben:In diesen Fällen wird die Anordnungsbefugnis auf die Staatsanwaltschaft übertragen,
bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung steht sie den
Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft zu.

Die Stellungnahme des Richterbundes bezieht sich noch auf den Referentenentwurf aus dem Sommer 2016.
Darin hieß es:
„Die Anordnung der Entnahme einer Blutprobe steht abweichend von Satz 1 der Staatsanwaltschaft, bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch ihren Ermittlungspersonen zu, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Tat vorliegen, die der Beschuldigte bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat.“
Dort war noch von der Übertragung der Kompetenz auf die StA die Rede, welche somit die bisherige Aufgabe des Richters 1 zu 1 übernehmen sollte. Die Anordnung durch PVB sollte ausschließlich bei GiV durch Verzögerung hinsichtlich der rechtzeitigen Anordnung durch die eigentlich zuständige StA erfolgen.

Im jetzt vorgelegten Gesetzentwurf heißt es jedoch:
„Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von Satz 1 keiner richterlichen
Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Straftat
nach § 315a Absatz 1 Nummer 1, § 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder
§ 316 des Strafgesetzbuchs begangen worden ist.“

Hier wird die Anordnungskompetenz nicht mehr ausdrücklich nur der StA übertragen, sondern gem. des vorgeschalteten Satz 1 der StA und ihren Ermittlungspersonen.

Mit dem Ergebnis, dass einige da nun eine Rangfolge sehen und andere eine solche Rangfolge verneinen. Dass man den ursprünglichen Referentenentwurf, der eine solche Rangfolge ausdrücklich nannte, in die jetzige Fassung geändert hat, könnte dafür sprechen, dass man eine solche Rangfolge nicht möchte.

In jedem Fall hätte man es aber noch klarer und unmissverständlicher formulieren können, denn so wird es früher oder später erneut Gegenstand gerichtlicher Klärung werden. Das hätte man sich ersparen können.
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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon 1957 » Di 10. Jan 2017, 17:44

Schutzmann, diese Anordnungshierarchie ist Ausfluß aus dem BGH urteil.

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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon schutzmann_schneidig » Di 10. Jan 2017, 17:49

Ich weiß. Aber wie bereits erwähnt, verneinen einige StA'en eine solche dennoch, so dass es hier momentan regional bedingt zu unterschiedlichen Verfahrensweisen bzgl. der Anordnung bei GiV kommt.
Deswegen schrieb ich ja, dass man jetzt die Chance hätte (gehabt hätte) mit einer anderen Formulierung für interpretationsfreie Eindeutigkeit zu sorgen.
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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon Controller » Di 10. Jan 2017, 18:44

Die Stellungnahme des Richterbundes bezieht sich noch auf den Referentenentwurf aus dem Sommer 2016
ja klar Schutzmann, steht ja ausdrücklich auch so in meinem Zitat drin.
Der Referentenentwurf enthält
Die Stellungnahme zeigt m.M.n. jedoch genau, "wo der Frosch die Locken hat"
oder: "Wir haben keinen Bock auf Bereitschaftsdienste, begrüßen es aber, wenn andere das machen müssen!"

Und da sie nunmal hier verlinkt wurde :pfeif:

Insgesamt gesehen schafft der Gesetzentwurf nicht die eindeutige Klarheit, die, je nach Sichtweise des Komplexes, nötig wäre.
Dazu kommen noch meine Bauchschmerzen aus rechtsstaatlicher Sicht.
Ich bin also damit nicht zufrieden, aber wie gesagt, das ist meine Sicht der Dinge. :hallo:
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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon Lone Soldier » Di 10. Jan 2017, 21:03

1957 dann spiele ich mal eine Samstagnacht praktisch durch. Streife A schleppt einen betrunkenen Autofahrer an, Streife B den BS nach Raub oder gefährlicher Körperverletzung, der auch vollgedröhnt bis oben hin ist. Dann kann es für mich nur zwei logische Alternativen geben:

Beide Streifen holen sich eine richterliche oder staatsanwaltschaftliche Anordnung oder beide Streifen entscheiden selber, weil dazu befugt. Oder der Staatsanwalt entscheidet halt in beiden Varianten ohne Richter.

Wenn du für Fall B den Richtervorbehalt behalten möchtest, brauchst du dazu den richterlichen Notdienst rund um die Uhr. Hast du den erstmal, sehe ich keinen Grund, warum der nicht auch in Fall A entscheiden kann. Willst du den richterlichen Notdienst nicht, ist der Richtervorbehalt auch für Variante B quatsch, weil solche Delikte eher selten zur Geschäftszeit begangen werden.

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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon Controller » Di 10. Jan 2017, 21:33

Lone,
aus ähnlichen Überlegungen spielte ich zuvor auf den 105 StPO an
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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon poliziotto » Di 10. Jan 2017, 23:40

@Lone Soldier:
Ich sehe zwischen A und B durchaus einen Unterschied. Streife A nimmt selbst unmittelbar die diversen Anhaltspunkte für das Vorliegen der Verkehrsstraftat oder der Verkehrs-Owi wahr. Das jetzt einem Bereitschaftsrichter zu erzählen und sich von diesem dann die absolut obligatorische Blutentnahme anordnen zu lassen, halte ich für wirklich überflüssig.
Bei Streife B schildert der Beamte den derzeitigen Ermittlungsstand eines Rohheitsdeliktes, eines Raubes etc. Solche Sachverhalte kann man sich auch bei telefonischer Übermittlung so gut vorstellen, dass dann eine abschließende richterliche Prüfung über die Notwendigkeit einer Blutprobe zur Feststellung der Schuld möglich ist. In diesen Sachverhalten ist die Blutentnahme eben nicht obligatorisch und, um dies einzuschätzen fehlt der überwiegenden Mehrheit von uns die Erfahrung. Oftmals reicht es bei solchen Sachverhalten auch einfach aus, einen Atemalkoholtest zu machen oder den Zustand des Beschuldigten zu beschreiben.

@Controller:
Vielleicht habe ich zu flott drüber gelesen, aber was willst du denn dauernd mit dem §105 StPO? Ernsthaft eine Aufhebung des Richtervorbehalts bei Wohnungsdurchsuchungen? Oder nur bei den gewöhnlichen Durchsuchungen?
Ich verstehe außerdem nicht, warum die Aufhebung des Richtervorbehalts "rechtstaatliche Bedenken" auslöst, wenn nichtmal das Grundgesetz in diesem Fall die Entscheidung eines Richters fordert und selbst der Gesetzgeber die Blutentnahme als "geringfügigen Eingriff" bezeichnet.

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Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten

Beitragvon Controller » Mi 11. Jan 2017, 00:50

poliziotto

ich sprach bereits von den mir bekannten belastbaren, empirischen Daten, die sich mit Richtervorbehalten befassen.
Auch davon, dass diese Daten (bezogen sich auf NRW) -leider- nicht neueren Datums sind.

Dennoch, wenn nur

zwischen 10,06% und 15,16% aller Durchsuchungen von Richtern angeordnet wurden

und zwischen 84,21% und 89,41% von Ermittlungspersonen;

auf dem BTM Sektor 37,19% der Fälle von PVB weil GiV

dann stellt sich doch die Frage, ob die richterliche Anordnung nicht eher die Ausnahme ist :polizei3:

Deswegen bin ich auch der Meinung, dass der bundesweite Bereitschaftsdienst kommen wird - irgendwann wird irgendwo eine Studie durchgeführt werden, die aktuelles Zahlenmaterial in die Diskussion bringt.

Es erscheint mir unwahrscheinlich, dass die Zahlen der richterlichen Anordnungen so weit gestiegen sein sollen, das diese tendenzielle Umkehrung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses wieder ins rechte Licht gerückt wird.

Was macht man dann ?

Sich wieder winden und drucksen, ähnlich der heutigen Situation ?


Deswegen meine Anspielungen auf den 105.

Weiterhin, bin ich denn der Einzige, der einen Unterschied darin sieht, bei der richterlichen Kontrolle darüber,

ob ein beweissichernder strafprozessualer Grundrechtseingriff überhaupt erst stattfinden darf

oder ob dieser im nachhinein abgenickt oder verworfen wird :polizei10:

Und so bin ich der Meinung, dass diese Eingriffe aufgrund des im Grundgesetz verankerten Fairnessprinzips mit Richtervorbehalten ausgestaltet werden müssen.
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