Strafklageverbrauch bei Antragsdelikt und Owi

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Re: Strafklageverbrauch bei Antragsdelikt und Owi

Beitragvon Ghostrider1 » Di 28. Apr 2020, 19:56

Ist doch ne klare Sache.

Straftat und Owi treten zusammen auf. Owi steht hinter an.
Kein Strafantrag bei HFB, was ein Prozesshindernis darstellt. Trotzdem ab zur StA und die kann es an die zuständige Bußgeldstelle abgeben.

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Re: Strafklageverbrauch bei Antragsdelikt und Owi

Beitragvon berlinmitteboy » Mi 29. Apr 2020, 12:47

Vielen danke für die Erklärungen. Es hat meinen Blickwinkel,insbesondere die Arbeit der StA, ein Stück weit näher gebracht.

Gruß

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Re: Strafklageverbrauch bei Antragsdelikt und Owi

Beitragvon DonRob » Fr 1. Mai 2020, 11:05

Ich kann noch was aus der 'Berliner Praxis' hinzufügen, weil ich solche Konstellationen (Strafanzeige + OWI-Anzeige) bearbeite.
Im Regelfall landen beide Anzeigen auf meinem Tisch.
Die Strafanzeige wird bearbeitet, die OWI wird nicht angefasst.
Wenn die Ermittlungen beendet sind wird die OWI-Anzeige an die Strafanzeige rangehangen und die Papiervorgänge gehen zur Amts- oder Staatsanwaltschaft.
Mit dabei ist dann ein Schreiben (ich komme gerade nicht auf den Namen) wo mitgeteilt wird, dass hier auch noch eine OWI mit dabei ist. Es wird gebeten, bei Einstellung des Strafverfahrens die OWI-Anzeige an die zuständige Behörde weiterzuleiten.

Somit stellt sich die Problemetik des Strafklageverbrauchs bei dieser Bearbeitungsweise eigentlich nicht.
"Ärgerlich" sind mir Beleidigungsanzeigen im Straßenverkehr, wo es Geisteskranke gibt, die z.B. nach einem gezeigten 'Stinkefinger' den Beleidiger verfolgen und mit einem geradezu pathologischem Verfolgungszwang jeden kleinen Fahrfehler dokumentieren und mitanzeigen.
Mein persönlicher "Rekord" waren 8 Verkehrsordnungswidrigkeitenanzeigen, die akribisch beschrieben + Tatbestandsnummern, in der Sachverhaltsschilderung der Beleidigungsanzeige vermerkt waren.
Die VKOWIS waren fast alle wegen nicht rechtzeitiger Ankündigung des Fahrtrichtungswechsels, also zu späte Betätigung des Blinkers.
In diesem Fall hingen also an der Strafanzeige noch 8 Owi-Anzeigen mit dran und ich hoffe, der Herr Amtsanwalt wird sich seinen Teil dazu gedacht haben...

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Re: Strafklageverbrauch bei Antragsdelikt und Owi

Beitragvon RafaelGomez » Fr 1. Mai 2020, 11:11

Aus der Praxis, für die Praxis. Das war sehr erhellend, danke Dir!

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Re: Strafklageverbrauch bei Antragsdelikt und Owi

Beitragvon berlinmitteboy » Fr 1. Mai 2020, 11:18

Da schließe ich mich Rafael an,vielen Dank.


wie verhält es sich aber in meinem Beispiel?
Wenn der Betroffene/Beschuldigte nun für den Hausfriedensbruch "verknackt " wird, bekommt er dann trotzdem die Owi gegen die Eindämmungsverordnung oder wird diese dann geschluckt?

Und eine Frage stellt sich mir dann noch-weil ich dich gerade hier habe

Warum gibt es denn die Möglichkeit bei unserem System etwas als weiteren Tatvorwurf und/oder einem Neuen AF im Baum abzulegen?Diese Frage konnte mir tatsächlich noch niemand erklären. Ist es nicht eine Mehrarbeit für dich/euch, wenn man es nochmal splittet anstatt es einfach in den Sachverhalt zu schreiben?

Gruß

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Re: Strafklageverbrauch bei Antragsdelikt und Owi

Beitragvon DonRob » Fr 1. Mai 2020, 12:22

Deine erste Frage zu deinem Beispiel kann ich dir nicht beantworten, da ich hierzu keinen Rücklauf erhalte.

Bezüglich dem Eintrag von weiterern Tatvorwürfen in einer Strafanzeige wird bei der Bearbeitung nichts gesplittet.
Wenn z.B. ein Beschuldigter zugleich jemanden beleidigt, ihm auf die Nase boxt und dabei seine Brille zertrümmert, hat er ja defakto 3 Tatbestände erfüllt, die auch so erfasst werden.
An erster Stelle steht das Delikt mit der höchsten Strafandrohung (KV) und am Ende die Beleidigung.
Im Ermittlungsverfahren wird geprüft ob alle 3 Tatbestände auch tatsächlich vorliegen, die Geschädigten werden bezüglich Strafantrag angeschrieben und bekommen ggf. auch noch einen Fragebogen zugesandt.
Der Beschuldigte bekommt ein Anschreiben mit dem Titel rechtliches Gehör, wo er sich äußern kann, wenn er mag.
Am Ende kommen noch ein paar interne Prozedere und die Akte geht zum Amts- oder Staatsanwalt.
Und im vorgenannten Beispielfall wird der Beschuldigte vermutlich wegen tateinheitlichen Begehens von 3 Tatbeständen auch so 'verknackt'.
Zumindest manchmal.
Das Anlegen von weiteren Tatvowürfen ist also keinesfalls eine Mehrarbeit in der Vorgangsbearbeitung.

Nicht richtig wäre es, die weiteren Tatvowürfe nur in der Sachverhaltsschilderung zu erwähnen, dann hätte ich in der Tat Mehrarbeit, weil ich sie dann selber nachtragen müsste.
Ärgerlich sind auch Vorgänge, wo ein über längere Zeit andauernder Handlungsablauf, mit mehreren zeitlich auseinanderliegenden Tatentschlüssen und verschiedenen Tatorten, in einer Anzeige erfasst werden.
Hier müssten ggf. mehrere Anzeigen gefertigt werden.
Das mache ich aber nicht selber sondern gebe den Vorgang an den Autor zurück, m.d.B.u. korrekte Erfassung und Nachfertigung.
Wann/wie/was aufzunehmen bzw. zu erfassen ist, hat unser Arbeitgeber in verschiedenen Vorschriften (GA) vorgegeben.

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Re: Strafklageverbrauch bei Antragsdelikt und Owi

Beitragvon Ghostrider1 » Sa 2. Mai 2020, 12:08

Wenn du nicht trennen musst, hast du es gut. Bei uns genau anders herum, da der Streifendienst nicht damit belastet werden soll.
5 Jugendliche begehen einen Hausfriedensbruch. Das trennen wird, da jeder Beschuldigte ein seperates Verfahren bekommt.

Ansonsten ist deine beschriebene Praxis keine Berliner Praxis, da dass so meines Wissens nach, an vielen Standorten so gehandhabt wird. Wir haben eine Feld Für das Delikt, ein Feld mit zusätzlicher Beschreibung (z.B. Fausschlag ins Gesicht, oder Geschädigte als Hure betitetel) und dann ein Feld Tateinheit, wo die tateinheitlichen Delikte reinkommen.
Auch bei uns führt das Delikt mit der höchsten Strafandrohung.

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Re: Strafklageverbrauch bei Antragsdelikt und Owi

Beitragvon DonRob » Mo 4. Mai 2020, 23:08

Lieber Herr Ghostrider, wenn ich schreibe, dass ich aus der 'Berliner Praxis' berichte, dann ist das aus der Berliner Praxis.
Nicht aus Hamburg, nicht aus BaWü und nicht irgendwas theoretisches, abgelesen und/oder geschlussfolgert aus irgendwelchen Geschäftsanweisungen, sondern tatsächlich in der Praxis angewandte Bearbeitungsschritte, die in Berlin durchgeführt werden.
Wäre ich z.B. ein Bremer, hätte ich es als 'Bremer Praxis' betitelt. :polizei1:
Ich hoffe ich habe dir jetzt rückfragefrei dargelegt, was ich mit der Verwendung der Worte 'Berliner Praxis' mitteilen wollte.

Bezüglich der Trennung von Tatvorwürfen, im Unterschied zwischen den einzelnen Polizeibehörden, möchte ich das bitte nicht detailliert erörtern.
Es gibt soviele Fallkonstellationen, Beispiele und Details, da würden wir uns bestimmt die Finger wund tippen. ;D

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Re: Strafklageverbrauch bei Antragsdelikt und Owi

Beitragvon Ghostrider1 » Do 7. Mai 2020, 20:53

Und ich wollte nur mitteilen, dass es nicht nur in Berlin so gehandhabt wird, da ich selber auch im Kriminaldienst tätig bin und diese Abläufe bei uns sehr identisch sind.
Bis auf das Abtrennen, was bei euch scheinbar anderes geregelt ist.

Aber das wird OT zur Fragestellung.


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