EU will Steuerfreigrenze für Import-Pakete abschaffen

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EU will Steuerfreigrenze für Import-Pakete abschaffen

Beitragvon Cologne » Sa 26. Nov 2016, 16:02


Die Europäische Kommission will eine Einfuhr-Umsatzsteuer auf alle Waren einführen, die in die EU importiert werden. Onlinehändler wie Amazon und eBay sollen dafür in die Pflicht genommen werden.

Über Amazon und Ebay prellen Firmen aus Fernost den Fiskus mit einem Trick um Milliarden. Jetzt will Brüssel durchgreifen: Empfänger sollen auf alle Päckchen von außerhalb der EU Steuern zahlen.

In den Tagen vor Weihnachten bilden sich vor vielen Geschäften lange Schlangen. Nicht nur in Postfilialen und Spielwarenabteilungen ist der Andrang groß. Auch vor den Schaltern der Hauptzollämter finden sich viele Menschen ein. Hierher müssen Menschen dackeln, deren Pakete der Zoll beschlagnahmt hat. „Wir bemerken, dass im Weihnachtsgeschäft die Schlagzahl bei uns zunimmt“, sagt ein Sprecher der Zollverwaltung nonchalant.

Wer hier auftaucht, der hatte häufig nichts Schlimmes im Sinne. Der wollte oft nur ein Weihnachtsgeschenk kaufen, vielleicht über Ebay oder Amazon. Der wusste häufig nicht, dass der Artikel aus Hongkong versendet wurde und beim Import nach Europa Steuern oder gar Zölle fällig werden.

Es ist nicht nur ein Ärgernis für diejenigen, die hier über Stunden hinweg warten, sondern auch für die Behörden. Über den gigantischen Umsatzsteuerbetrug, der online unter anderem über die Plattformen Amazon und Ebay stattfindet, gehen in Europa pro Jahr doch rund fünf Milliarden Euro an Steuereinnahmen verloren.


Europäische Kommission strebt Wettbewerbsgleichheit an

Das soll nun ein Ende haben. Auf Steuereinnahmen kann Europa angesichts des allgemeinen Sparzwangs nicht verzichten. Vor allem aber möchte man nicht, dass redliche Händler in Europa im Wettbewerb mit chinesischen Exporteuren benachteiligt werden.

In der kommenden Woche wird die Europäische Kommission deswegen nach Informationen der „Welt“ eine umfassende Reform der Mehrwertsteuer präsentieren. Es geht dabei in erster Linie darum, den grenzüberschreitenden Internethandel in Europa selbst voranzubringen.

Doch ein Ziel ist es auch, Wettbewerbsgleichheit zwischen den europäischen Händlern und denen außerhalb der Europäischen Union zu schaffen. Vereinfacht gesagt: Künftig sollen auch Internethändler aus Fernost faire Steuern und Zölle entrichten, wenn sie Pakete nach Europa schicken.

Internethändler nutzen ein Schlupfloch für Betrügereien

Derzeit nutzen die Internethändler mit Sitz außerhalb der EU noch ein Schlupfloch für Betrügereien. Viele geben beim Versand an, dass der Warenwert unter 22 Euro liegt. Damit unterschreiten die Pakete eine Grenze, über der eine Einfuhr-Umsatzsteuer zu entrichten wäre.

Das Risiko, ertappt zu werden, ist vergleichsweise gering. Gerade einmal ein Prozent der 150 Millionen Pakete, die derzeit unter die Freihandelsgrenze fallen, werden überhaupt kontrolliert. „Man hat eine einprozentige Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden“, sagt ein EU-Beamter. Es ist ein krasser Fall von Behördenversagen.

Der Mehrwertsteuerbetrug im Internethandel hat längst gigantische Dimensionen angenommen. „Nach unseren Schätzungen verlieren wir fünf Milliarden Euro an Steuereinnahmen“, sagt ein EU-Beamter. „Bis 2020 wird das auf sieben Milliarden Euro ansteigen.“ Eine Milliarde allein geht durch die missbräuchliche Nutzung der 22-Euro-Regel verloren.

Auch Händler wie Amazon sollen Einfuhrabgaben abführen

Die europäischen Händler fordern schon länger die Politik zum Handeln auf. „Es ist nicht akzeptabel, dass sich einige Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil durch die Nichtzahlung von Steuern verschaffen, ohne dass sie rechtliche Konsequenzen fürchten müssen“, klagt Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands HDE.

Die Händler fordern, auch Handelsplattformen in die Pflicht zu nehmen. „Gewerbliche Plattformen wie Amazon sollten zollrechtlich verpflichtet werden, im Namen des inländischen Warenempfängers die Einfuhrabgaben abzuführen“, sagt Stephan Tromp, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des deutschen Handelsverbands HDE.

Die Unternehmen sollten die Abgaben dann direkt dem inländischen Kunden beim Kauf in Rechnung stellen. „Dadurch würde auch das Problem der Falschdeklarationen durch die Lieferanten, etwa in Form der Angabe eines zu niedrigen Warenwerts verhindert“, sagte Tromp.

Freigrenze für importierte Waren soll gestrichen werden

Die Europäische Kommission geht in diese Richtung. Nach Informationen der „Welt“ wird die Europäische Kommission kommende Woche vorschlagen, die Freigrenze von 22 Euro für die importierten Waren gänzlich zu streichen.

Damit unterliegen alle Produkte, die künftig nach Europa geschickt werden, der Umsatzsteuer. Um die Behörden angesichts der Warenflut nicht zu überfordern, werden die Internethändler außerhalb der EU angehalten, alle drei Monate gesammelt die Umsatzsteuererklärung einzureichen.

Handelsplattformen wie Amazon und Ebay sollen künftig die fälligen Gebühren einziehen. Derzeit sind sie dazu schon im Handel mit digitalen Dienstleistungen verpflichtet. Künftig soll das erstmals auch für Waren gelten.
...................
Quelle:
https://www.welt.de/wirtschaft/article1 ... affen.html

Na wenn das kommt, Gute Nacht Abfertigung.
Ohne kompensierende IT-technische Maßnahmen kann das nicht bewältigt werden.

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Re: EU will Steuerfreigrenze für Import-Pakete abschaffen

Beitragvon Sammelzoellner » Di 29. Nov 2016, 20:18

Hey, das wird geil. Erhöhen wir das Personal mal um den Faktor 99 um dann für ein Großteil der Päckchen 3,50 Euro EUST zu erheben. Natürlich nur dann, wenn bei den Waren nicht VuB entgegenstehen, was bei dem überwiegenden Teil ja der Fall sein dürfte :D

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Re: EU will Steuerfreigrenze für Import-Pakete abschaffen

Beitragvon Cologne » Mo 12. Dez 2016, 19:19

Sammelzoellner hat geschrieben:Hey, das wird geil. Erhöhen wir das Personal mal um den Faktor 99 um dann für ein Großteil der Päckchen 3,50 Euro EUST zu erheben. Natürlich nur dann, wenn bei den Waren nicht VuB entgegenstehen, was bei dem überwiegenden Teil ja der Fall sein dürfte :D
Anscheinend sollen auch Nicht-EU-Händler die fällige MWSt(EUSt) schon beim Verkauf der Waren einbehalten und eine "beschleunige" Abfertigung in Anspruch nehmen können.


http://ec.europa.eu/taxation_customs/bu ... ommerce_de

Bleibt die Frage was wird bei VuBwenn die Ware nicht eingeführt werden darf, eine einfache Berichtigung in der Buchführung?

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Re: EU will Steuerfreigrenze für Import-Pakete abschaffen

Beitragvon Sammelzoellner » Mo 12. Dez 2016, 21:16

Und die EU bzw. die einzelnen Mitgliedstaaten bekommen dann die Einfuhrumsatzsteuer vom im Drittland sitzenden Unternehmen bzw. dessen Anmelder bezahlt. Der gelackmeierte wird dann der Besteller sein, der DDP gekauft hat und DDU bekommt.

Ich verstehe schon, dass das für den inländischen bzw. innergemeinschaftlichen Einzelhandel ein Problem ist. In bestimmten Onlineshops, an der auch andere gewerbliche Händler verkaufen, die über die ganze Welt verteilt sind, kann man sich das identische Produkt vom günstigsten Anbieter anzeigen lassen. Innergemeinschaftliche Händler geben den Preis mit Steuer und Verzollung an, bei drittländischen Anbietern ist die Preisangabe ohne. Nicht selten ist dann der vermeintlich günstigste Anbieter nach Zoll und Steuern doch teurer als der günstigste innergemeinschaftliche Anbieter.

Dem innergemeinschaftlichen Versandhandel ist aus wirtschaftlichen Gründen eigentlich nicht zuzumuten, dass kommerzielle Privateinfuhren, also Einkäufe bei drittländischen Onlineshops steuerlich besser gestellt sind als Bestellungen bei innergemeinschaftlichen Versandhändlern. Klar, das triff lediglich auf die Kleinbestellungen unter 22 Euro zu, bzw. auf die Bestellungen unter 150 Euro. Aber gefühlt ist in diesem Bereich das Gros der Bestellungen unterwegs.

Auf der anderen Seite ist es für den Staat eigentlich höchst unwirtschaftlich, Einfuhrabgaben unter 10 Euro zu erheben. Die Kleinbetragsregelung ist schon seit Jahren bei 5 Euro.

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Re: EU will Steuerfreigrenze für Import-Pakete abschaffen

Beitragvon Cologne » Mi 21. Dez 2016, 14:33

Ich pack's mal hier mit rein, eigener Thread lohnt sich m.E. nicht dafür
EU-Kommission will Terroristen den Geldhahn zudrehen
Terroristen sollen nach dem Willen der EU-Kommission künftig schwerer an Geld kommen. Unter anderem sollen die Behörden bei der Ein- und Ausreise Verdächtiger in Europa auch bei Beträgen unter der bislang geltenden Bargeld-Zollanmeldeschwelle von 10.000 Euro eingreifen dürfen. Außerdem sollen die Zollkontrollen auf Bargeld oder Wertsachen in Postpaketen oder Frachtsendungen ausgeweitet werden.

Darüber hinaus ist vorgesehen, dass eine Behördenentscheidung eines jeweiligen Landes zum Sicherstellen und Einfrieren von Vermögen in Terrorverfahren in Zukunft in allen EU-Ländern gültig ist. Die EU-Staaten und das Europaparlament müssen den Vorschlägen noch zustimmen, damit sie in Kraft treten können.
Quelle: https://www.welt.de/politik/deutschland ... eramt.html



Dann hoffe ich mal, dass die EU auch irgendwie dafür Sorge tragen kann genügend Kontrollpersonal bereitzuhalten.

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Re: EU will Steuerfreigrenze für Import-Pakete abschaffen

Beitragvon squad » Mi 21. Dez 2016, 14:43

Cologne hat geschrieben:Dann hoffe ich mal, dass die EU auch irgendwie dafür Sorge tragen kann genügend Kontrollpersonal bereitzuhalten.
Nur weil meine Behörde :polizei1: deiner (?) Behörde eine zusätzliche Rechtsgrundlage schaffen möchte, die mehr Kontrollen ermöglichen würde (was ja noch erst von den Mitgliedsstaaten im EU-Rat angenommen werden und von EU Parlament abgesegnet werden muss), heisst lange nocht nicht, dass die EU die Mitgliedsstaaten zur Aufstockung ihres Personals auffordern kann.

Und bis (wenn überhaupt) der Vorschlag der Kommission zum Recht wird, dauert es locker 3-4 Jahre.
Je suis baguette.

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Re: EU will Steuerfreigrenze für Import-Pakete abschaffen

Beitragvon Cologne » Mi 21. Dez 2016, 16:34

Da hast du vollkommen Recht Squad.

Trotzdem wäre es wünschenswert wenn die EU auf die einzelnen Mitgliedstaaten etwas Druck ausüben könnte.
Alleine die Schaffung einer Rechtsgrundlage bringt keine Erfolge; wenn ich sehe wie manche Mitgliedstaaten der EU ihre Kontrollbehörden personell zur Ader gelassen haben, frage ich mich schon ob die Aufgaben, die in Ausübung europäisch verbindlicher Rechtsvorschriften wahrgenommen werden sollen, noch mit der nötigen Sorgfalt wahrgenommen werden.

LG

:hallo:

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Re: EU will Steuerfreigrenze für Import-Pakete abschaffen

Beitragvon grenzwertig » Sa 21. Okt 2017, 12:37


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Re: EU will Steuerfreigrenze für Import-Pakete abschaffen

Beitragvon Cologne » Sa 21. Okt 2017, 13:14

Danke für den Link grenzwertig.

Interessanter Artikel, ja genau so läuft es.
An den Grenzen kann man ob fehlendem Personal die wenigsten dieser "Einführer" stoppen.
Amazon & co. werden aus der Verantwortung gelassen,
dabei wäre es relativ einfach, diesen den Status eines "Lieferers" im Umsatzsteuerrecht zu geben und somit steuerlich mit in die Verantwortung zu nehmen.
Da sind wohl wieder Lobbyisten am Werk?- ansonsten ist unbegreiflich warum dieser Schritt nicht gegangen wird.
Auch unbegreiflich warum gegen die großen Plattformen nicht wegen 370 AO -Beihilfe- ermittelt wird.
Erst durch das Zur Verfügung Stellen dieser Plattformen in dieser Art wird der Betrug möglich.

Alles was in DE abgefischt wird wandert nach GB und lässt seine Einfuhren mit anschließendem 42er Verfahren nach DE leiten.
Hier setzt man inzwischen mit strengeren Maßstäben erste Hürden.
Demnächst wird wohl nach anderen Länder ausgewichen werden müssen. Die Fahnder bleiben an europäischen, spätestens an außereuropäischen Grenzen hängen.
Wird Zeit dass die Warenabfertigung europaweit gleich geregelt wird. Obwohl alle 28 Mitgliedsländer die gleichen Zollgesetze anwenden ist bei der einzelstaatlichen Anwendung dieser Gesetze zuviel Spielraum.

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Re: EU will Steuerfreigrenze für Import-Pakete abschaffen

Beitragvon Cologne » Di 14. Nov 2017, 18:23

Die Politik scheint reagieren zu wollen
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/u ... 90936.html

Mal sehen was draus wird...

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Re: EU will Steuerfreigrenze für Import-Pakete abschaffen

Beitragvon Cologne » Sa 2. Dez 2017, 12:21

https://www.haufe.de/steuern/gesetzgebu ... 32824.html

Politisch wird tatsächlich reagiert.

Bleibt abzuwarten auf welche Art und weise die Händler aus Fernost ihre Waren weiter nach Europa schicken wenn ihnen der Zugang über die Plattformen verwehrt bleibt.Ich hoffe die kommen nicht auf die Idee jede Sendung einzeln zu verschicken... :pfeif:

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Re: EU will Steuerfreigrenze für Import-Pakete abschaffen

Beitragvon Cologne » Fr 5. Jan 2018, 18:57

Uups, jetzt geht's richtig ran an den Umsatzsteuerbetrug.

https://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/ ... shared.web


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