Beitragvon Beobachter » Sa 10. Sep 2016, 01:53
OK, ich versuch mal zu erklären...
In der DDR (und ich denke, das war im übrigen Ostblock nicht anders) war Sport eine politische Angelegenheit. Jedem Sportler und jeder Sportlerin (sofern staatlich gefördert) wurde bei jeder sich bietenden Gelegenheit die weltpolitische Bedeutung seines/ihres Tuns referiert. Die Kaderauswahl bezog nicht ausschließlich die sportliche Leistung ein, sondern der/diejenige musste zumindest glaubhaft den Anschein erwecken, sich jederzeit (auch) für das System einsetzen zu wollen. Wer das nicht konnte oder wollte, flog raus. Da konnte er nich so gut rennen, springen, werfen oder was sonst tun. Es.gab ne größere Breite "gecasteter"" Talente, weil es einfach mehr Kinder-und Jugendsport in der Breite gab. Jeder wusste welche Regeln zu beachten waren und hielt sich dran. Warum? Weil andernfalls sofort der Sport für ihn/sie zu Ende gewesen wäre und man darüberhinaus in einer Art und Weise gemaßregelt wurde, als hätte man mit nem Disziplin Verstoß den Dritten Weltkrieg angezettelt oder anzetteln wollen. Für irgendeine andere "Karriere" hätte man sich damit ebenso disqualifiziert.
Ich hatte gehofft, wir wären hier ein Stück drüber hinaus,, von Menschen die pflichtgemäße Zurschaustellung von "Konformität" zu verlangen. Vor allem in der Form, dass man auf bloße Symbole wie ein Roboter reagieren und pflichtschuldigst in Ehrfurcht erstarren muss...angesichts der "welthistorischen Bedeutung" die die eigene (!) sportliche Leistung womöglich für die Nation hat. Dem Mann war nur nach Tanzen anstatt nach verstaubtem Ritual. Ein Ausdruck von Lebensfreude. Was ist daran furchtbar? Dass es spontan passiert ist? Dass es das "Anstandsgefühl" des "billig und gerecht denkenden Patrioten" verletzt? Euch.stört, dass der sich die Freiheit nimmt, zu feiern, wie es ihm in den Sinn kommt.Da könnt ja jeder kommen und aus der Reihe tanzen und womöglich selber sagen oder zeigen,/wie ihm dieses Deutschland gefallen würde. Das macht euch Angst. Das ist alles. Die Opportunisten irritieren euch nicht? Aber die sind immer die ersten "Verräter" eines Systems gewesen. Die ganz Braven sind die Gefährlichen. Wenn ich Patriot wäre, würde ich ihm eine Anstecknadel für "gewagte Individualität" extra verleihen und damitbzeigen, dass die hiesige Demokratie spontane Freudentänze im Angesicht der Fahne locker verkraften kann. Statt Disziplinarverfahren.
"Ich glaube an das Gute im Menschen, rate aber dazu, sich auf das Schlechte in ihm zu verlassen. "
Alfred Polgar