§ 90a Stgb und Christoph Harting

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Re: § 90a Stgb und Christoph Harting

Beitragvon Controller » Fr 9. Sep 2016, 22:15

Loewe hat geschrieben:aha, hast Du eine derartige Hampelei bei einem US-Amerikaner, Briten oder Kanadier bemerkt ?

Loewe
öhm, nö, warum fragst du ?

Beobachter schrieb doch, wenn man ihm jetzt noch mit Macht (Stgb) oder sonstwie (Dizi) eins überbraten will, wirke das auf ihn ostig.
Und ich verstand das dann in Bezug auf den Ostblock.

Ob das jetzt eine Frage des Anstandes, der Kinderstube oder sonstwas war .... ist mir ehrlicherweise egal.

Er wird schon mitbekommen haben, dass dies keine Ruhmestat war und wird da noch lange dran rumkauen.

Schlimmer als der verhunzte Text der Nationalhymne 2005 von Sarah Connor,
die die Hymne brühen wollte, kann es fast nicht mehr werden :polizei3:
Regeln sind wie Donuts, sie haben Löcher.
Und darin lebt der Ermessensspielraum. :mrgreen: :zunge:

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Re: § 90a Stgb und Christoph Harting

Beitragvon Beobachter » Sa 10. Sep 2016, 01:53

OK, ich versuch mal zu erklären...
In der DDR (und ich denke, das war im übrigen Ostblock nicht anders) war Sport eine politische Angelegenheit. Jedem Sportler und jeder Sportlerin (sofern staatlich gefördert) wurde bei jeder sich bietenden Gelegenheit die weltpolitische Bedeutung seines/ihres Tuns referiert. Die Kaderauswahl bezog nicht ausschließlich die sportliche Leistung ein, sondern der/diejenige musste zumindest glaubhaft den Anschein erwecken, sich jederzeit (auch) für das System einsetzen zu wollen. Wer das nicht konnte oder wollte, flog raus. Da konnte er nich so gut rennen, springen, werfen oder was sonst tun. Es.gab ne größere Breite "gecasteter"" Talente, weil es einfach mehr Kinder-und Jugendsport in der Breite gab. Jeder wusste welche Regeln zu beachten waren und hielt sich dran. Warum? Weil andernfalls sofort der Sport für ihn/sie zu Ende gewesen wäre und man darüberhinaus in einer Art und Weise gemaßregelt wurde, als hätte man mit nem Disziplin Verstoß den Dritten Weltkrieg angezettelt oder anzetteln wollen. Für irgendeine andere "Karriere" hätte man sich damit ebenso disqualifiziert.
Ich hatte gehofft, wir wären hier ein Stück drüber hinaus,, von Menschen die pflichtgemäße Zurschaustellung von "Konformität" zu verlangen. Vor allem in der Form, dass man auf bloße Symbole wie ein Roboter reagieren und pflichtschuldigst in Ehrfurcht erstarren muss...angesichts der "welthistorischen Bedeutung" die die eigene (!) sportliche Leistung womöglich für die Nation hat. Dem Mann war nur nach Tanzen anstatt nach verstaubtem Ritual. Ein Ausdruck von Lebensfreude. Was ist daran furchtbar? Dass es spontan passiert ist? Dass es das "Anstandsgefühl" des "billig und gerecht denkenden Patrioten" verletzt? Euch.stört, dass der sich die Freiheit nimmt, zu feiern, wie es ihm in den Sinn kommt.Da könnt ja jeder kommen und aus der Reihe tanzen und womöglich selber sagen oder zeigen,/wie ihm dieses Deutschland gefallen würde. Das macht euch Angst. Das ist alles. Die Opportunisten irritieren euch nicht? Aber die sind immer die ersten "Verräter" eines Systems gewesen. Die ganz Braven sind die Gefährlichen. Wenn ich Patriot wäre, würde ich ihm eine Anstecknadel für "gewagte Individualität" extra verleihen und damitbzeigen, dass die hiesige Demokratie spontane Freudentänze im Angesicht der Fahne locker verkraften kann. Statt Disziplinarverfahren.
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Re: § 90a Stgb und Christoph Harting

Beitragvon Diag » Sa 10. Sep 2016, 03:06

@Beobachter: Das hat nichts zu tun, dass er "kein aufrechter Deutscher" ist. Eigentlich war sein Verhalten "ungebührlich"/peinlich gegenüber jedem anderen Teilnehmer bzw. Treppchensteher.

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§ 90a Stgb und Christoph Harting

Beitragvon vladdi » Sa 10. Sep 2016, 07:01

@Beobachter auch wenn dir das "ostig" vorkommt
(um bei dem Begriff zu bleiben), hat er als Bundespolizeibeamter Pflichten und einen gewissen Anstand bei der Nationalhymne zu halten
Auch der Vergleich mit übertriebener Systemtreue der DDR ändert an dem Grundsatz nichts

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Re: § 90a Stgb und Christoph Harting

Beitragvon cancer91 » Sa 10. Sep 2016, 10:28

Erstens wenn man keiner Wohlverhaltenspflicht unterliegen will, muss man sich halt anderweitig fördern lassen.
Bei jeder Förderung,Stipendium usw erwarten die Sponsoren natürlich auch Gegenleistungen.

Zweitens hat Harting sich selbst für sein Tänzchen entschuldigt, damit hat sich doch die Frage geklärt, ob sein Verhalten gebührend war oder nicht.
Nach dem Interview im Vorfeld zu IOC-Bach habe ich auch nicht das Gefühl, dass er das aus Harmoniebedürftigkeit oder Beliebtheitsgründen getan hat.
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Re: § 90a Stgb und Christoph Harting

Beitragvon Loewe » Sa 10. Sep 2016, 10:47

Den offen zur Schau gestellte Mangel an Respekt und Achtung als Ausdruck persönlicher Freiheit zu deklarieren und gleichzeitig eben jenen Respekt in die Nähe einer längst verflossenen politischen Geisteshaltung zu rücken, funktioniert nicht lieber Beobachter.
Achtung vor dem Land welches an repräsentiert wird nicht staatlicherseits erzwungen sondern als natürliche Form der Sozialisation vorausgesetzt wenn man eben dieses Land repräsentiert. Das schien zudem bei allen anderen Olympiasiegern offensichtlich zu funktionieren.

Ich pople nicht in der Kirche, ich kratze mir nicht zwischen den Beinen bei einer Beerdigung, ich sonne mich nicht nackt auf einer Friedhofwiese, man hampelt nicht herum bei einer Schweigeminute und schunkelt nicht bei einer Siegerehrung zur Nationalhymne. Das war zu DDR Zeiten so und und hat, zumindest bei der breiten Massse der Bevolkerung dieses Landes als Konsens einer vermittelten Wertesystems, auch heute noch Bestand. Auch außerhalb Deutschlands.

Der Sportler kann im privaten Bereich seinen Erfolg feiern wie er will. Seine Medaille ist jedoch kein Freifahrtschein für ungebührliches Verhalten. Und wenn seine Feierlichkeit etwas"aus dem Ruder läuft" erwartet man, dass er am nächsten Tag stillschweigend die Rechnung für den Flurschaden bezahlt.

Loewe

PS.: @ Beobachter - auch wenn er sprachlich etwas verschwommen ist in letzter Zeit, besteht noch immer ein Unterschied zwischen Flagge und Fahne. Das sich Dir das möglcherweise nicht erschließt beseitigt diesen Unterschied nicht.

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Re: § 90a Stgb und Christoph Harting

Beitragvon Stehpinkler » Sa 10. Sep 2016, 11:22

Tauschen wir doch mal die Rollen ein wenig..

Was hätte es für einen Aufschrei gegeben, wenn ein Israeli dieses Verhalten beim Abspielen der Iranischen Nationalhymne gezeigt hätte. "Internationale Verwicklungen" wären vermutlich eine stirnhohe Untertreibung.
Oder der "deutsche" Türke, der für sein Heimatland Türkei an der Start geht und sich bei der deutschen Hymne so verhält.
Es scheint also einen allgemeinen Konsens zu geben, was das "respektvolle Verhalten" gegenüber Hymnen und Fahnen angeht.
Rumzappeln und Fratzen ziehen zählt in keinem mir bekannten Kulturkreis dazu.

Wie hoch möchte man diesen "Vorfall" nun aufhängen?
Zunächst einmal:
Es schleudere bitte nur derjenige einen Stein, der vor Spielen der DFB-Elf während beider(!) Hymnen steht und schweigt / mitsingt.
Alle anderen könnten sich guten Gewissens mit Vorwürfen und Forderungen von Strafe
zurückhalten.

Dazu zähle ich übrigens auch.


Hätte ich das Recht, über den Ausgang des Disziplinar-Verfahrens zu bestimmen, käme ein Verweis / eine Missbilligung dabei raus.

fG

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Re: § 90a Stgb und Christoph Harting

Beitragvon Loewe » Sa 10. Sep 2016, 11:40

über den Ausgang des Disziplinar-Verfahrens zu bestimmen, käme ein Verweis / eine Missbilligung dabei raus.
Das ist genau das was eigentlich im Raum steht. Eine Form der Sanktionierung dieses Verhaltens. Niemand will ihn steinigen, köpfen, vierteilen etc. Eine Missbilligung ist durchaus genug. Die Diskussion entzündete sich ja nun daran, dass ein nicht gerade kleiner Teil der User an dem zur Schau gestellten Verhalten gleich gar keinen Anstoß nahm und von " ostig", "Stock aus dem Hintern nehmen" und "seinem Event" sprach und somit der Begrifflichkeit der "Ehrung" als ganzes zumindest ein Fragezeichen aufsetzte bzw. diese gar in die Nähe einer kommerziellen Reklame setzt.

Er hat sich entschuldigt, die Missbilligung ist nach kurzer Zeit folgenlos aus der Akte und so lange es kein Kamel wieder herunterfrisst kann über diese unerfreuliche Episode wieder Gras wachsen.

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Re: § 90a Stgb und Christoph Harting

Beitragvon vladdi » Sa 10. Sep 2016, 11:57

Da ich nur das Verhalten kenne, aber nicht den Rest des Menschen, maße ich mir nicht zu über eine Disziplinarmaßnahme zu entscheiden. Es kann von einem erhobenen Zeigefinger bis zur Entlassung alles die richtige Maßnahme sein.

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Re: § 90a Stgb und Christoph Harting

Beitragvon Beobachter » Sa 10. Sep 2016, 12:55

Genau...aber "Strafe muss sein."... Auch wenn sie bald wieder verschwindet.
Und wer sich in die Nähe des Übeltäters stellt und womöglich nicht mal Flaggen von Fahnen unterscheiden mag, dessen Grundgesetztreue steht natürlich gleich mit infrage.
Herrschaftslogik. Es ist auch nicht erforderlich, dass man sie versteht. Hauptsache, man ordnet sich unter. Oder tut zumindest so.
Ich frag trotzdem weiter, ob wir solch albernen Zirkus nötig haben und welchem Zweck er wohl dient.
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Re: § 90a Stgb und Christoph Harting

Beitragvon Diag » Sa 10. Sep 2016, 13:06

Es ist nun mal ein himmelweiter Unterschied, ob ein Anwalt bei einer Privatveranstaltung während der Siegerehrung in Hintertupfing rumhampelt oder ob ein Bundespolizeibeamter im Dress Deutschlands während einer weltweit übertragenen und von Millionen gesehenen Siegerehrung bei Olympia sich wie ein ADHS-Kind auf Ecstasy benimmt.

Du lässt hier auch wenig gutes an Dir nicht zugeneigten Meinungen, daher ist Deine Kritik, die das bei anderen einfordert, etwas daneben.

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Re: § 90a Stgb und Christoph Harting

Beitragvon Controller » Sa 10. Sep 2016, 14:51

Und warum muss man dem dann unbedingt eins überbraten ? :o
Regeln sind wie Donuts, sie haben Löcher.
Und darin lebt der Ermessensspielraum. :mrgreen: :zunge:

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Re: § 90a Stgb und Christoph Harting

Beitragvon Beobachter » Sa 10. Sep 2016, 15:54

Daran is ja nun nix mehr schwer, Controller.
"Bestrafe einen, erziehe hundert." (Mao Zedong)
Sonst greift das noch um sich..
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Re: § 90a Stgb und Christoph Harting

Beitragvon vladdi » Sa 10. Sep 2016, 15:55

@ Controller
Ob man das muss oder nicht, wird im Rahmen einer Prüfung geklärt werden.

@Beobachter
Das Strafe sein muss, hat niemand gesagt.
Der letzte Satz deines vorletzten Beitrages zeigt, dass du möglicherweise nicht der richtige Kandidat für ein Sport Förderungsprogramm der Bundespolizei oder Bundeswehr bist, dann musst du bei so ein Zirkus zumindest nicht mitmachen

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Re: § 90a Stgb und Christoph Harting

Beitragvon cancer91 » Sa 10. Sep 2016, 16:09

Beobachter hat geschrieben:Genau...aber "Strafe muss sein."... Auch wenn sie bald wieder verschwindet.
Und wer sich in die Nähe des Übeltäters stellt und womöglich nicht mal Flaggen von Fahnen unterscheiden mag, dessen Grundgesetztreue steht natürlich gleich mit infrage.
Herrschaftslogik. Es ist auch nicht erforderlich, dass man sie versteht. Hauptsache, man ordnet sich unter. Oder tut zumindest so.
Ich frag trotzdem weiter, ob wir solch albernen Zirkus nötig haben und welchem Zweck er wohl dient.
Mir persönlich wäre seine Entschuldigung ausreichend. Aber als Dienstherr muss man auch abwägen, ob das ggü. anderen Beamten, die bereits bei kleineren, medial unbeachteten Entgleisungen eine übergebraten bekommen haben, gerecht ist.

Der "alberne Zirkus" dient u.a. der Respektsbekundung seines sportlichen Gegenübers. Genauso wie man seinem Gegner vorm Spiel die Hand gibt, sich verbeugt o.Ä., macht man keine Faxen beim Abspielen Nationalhymnen.
Einen bestimmten "Zweck" hat das nicht. Aber dann kann man auch gleich fragen, welchen "Zweck" es überhaupt erfüllt eine Scheibe weit zu werfen, Ball ins Tor zu schießen, etc.pp.

Naja wenn man bei jeder Kleinigkeit gleich den Faschistenstaat am Horizont zu erkennen vermag, lohnt sich eine Diskussion eh nicht.
Die lieben Leut

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