Erfahrungsbericht Einstellungsverfahren Justizvollzug NRW

Informationen zur Einstellung und Ausbildung zum Justizvollzug

Moderator: Team Justizvollzug

Benutzeravatar
rcksnd85
Cadet
Cadet
Beiträge: 5
Registriert: So 27. Feb 2022, 07:51
Wohnort: NRW

Erfahrungsbericht Einstellungsverfahren Justizvollzug NRW

Beitragvon rcksnd85 » So 27. Feb 2022, 11:33

Hallo zusammen,

hier mal eine Zusammenfassung meines Auswahlverfahrens an einer JVA in NRW:

Ich habe mich im September um eine Ausbildung zum Justizvollzugsbeamten für den allgemeinen Vollzugsdienst in NRW beworben. Hier war darauf zu achten, dass neben einem ordentlichen Anschreiben und einem tabellarischen Lebenslauf auch sämtliche Formulare, Zeugnisse und sonstige erforderlichen Unterlagen dabei sind. Die Bewerbung erfolgte per Mail und ich habe alle Unterlagen in Form von PDF-Dateien verschickt. Ist eine Bewerbung unvollständig, wird diese nicht weiter berücksichtigt.

Ich hatte mich im Übrigen lediglich bei meiner Wunsch-JVA beworben. Auf der Internetseite der Behörde gab es zudem eine Stellenausschreibung, dass Vollzugsbeamte gesucht werden. (Unbedingt vorher prüfen. Nicht jede JVA sucht oder stellt neue Mitarbeiter ein, ggf. mal anrufen)
Soweit ich weiß kann man sich aber auch durchaus bei mehreren Vollzugsanstalten gleichzeitig bewerben.

Nachdem ich Anfang November noch immer nichts gehört hatte, rief ich einmal in der JVA an um nachzufragen ob meine Bewerbung überhaupt eingegangen ist. Mir wurde dann mitgeteilt, dass ich mir schon einmal den Termin für den schriftlichen Einstellungstest vormerken kann. Zwei Tage später hatte ich dann auch die schriftliche Einladung per Mail bekommen.

Ich habe bis dahin schon ein wenig mit einem IQ-Test-Buch geübt aber mir war natürlich klar, dass ich mich nun wirklich richtig vorbereiten muss.

Da ich voll berufstätig bin, zwei kleine Kinder Zuhause habe und nun doch schon eine Weile aus der Schule raus war, hab ich mir vorgenommen jeden Abend nach der Arbeit und wenn die Kids im Bett sind so ca. 1-2 Stunden dafür zu lernen. Hat nicht immer, aber meistens geklappt. Das kam auch immer etwas darauf an wie motiviert ich dann abends noch war.

Nachholbedarf hatte ich vor allem im Bereich Mathematik. Ein Taschenrechner ist beim Test nämlich nicht erlaubt. Obendrein habe ich mich auch nochmal komplett durch ein altes IQ-Test-Buch gearbeitet. Hesse/Schrader-Bücher oder sonstige Einstellungstest-Lektüre habe ich mir nicht gekauft.
Außerdem habe ich mir gefühlt jede Doku über diesen Beruf angeschaut, die im Internet zu finden ist. Habe die Internetseiten der Justiz, der Justizvollzugsschule und im speziellen die meiner JVA durchforstet und mir wichtige Informationen herausgeschrieben, damit ich später auch mit Wissen über den Beruf und die Behörde glänzen konnte - was sich auch als unverzichtbar herausstellen sollte.

schriftlicher Test:

Um 7 Uhr mussten wir da sein - wer zu spät kommt ist raus. Als ich gegen 6.35 Uhr auf den Parkplatz fuhr, sah ich schon ca. 30-40 Leute vor der JVA stehen. (insgesamt waren dann ca. 60 Leute da) Nachdem von allen Anwesenden die Personalien sowie auch der Impfstatus geprüft wurde, ging es durch die Schleuse in einen Innenhof. Dann nochmal durch ein kleines Nebengebäude, in dem jeder auf verbotene Gegenstände kontrolliert wurde. Ein wenig wie am Flughafen. Das Einbringen von Bargeld, Mobiltelefonen sowie auch selbstverständlich Waffen ist nämlich untersagt.

Danach wurden wir in zwei Gruppen aufgeteilt. Gruppe 1 sollte zunächst den IQ/Mathe/Persönlichkeitstest machen und für Gruppe 2 ging es zum Diktat und Aufsatz. Ich gehörte zur letzteren. Das Diktat war denkbar einfach und lag auf dem Niveau der 6. - 7. Klasse. Anspruchsvoller war der Aufsatz. Hier konnte man zwischen zwei Themen wählen und hatte eine Stunde Zeit zur Bearbeitung. Ich war kurz vor Ende fertig und schrieb ca. zwei A4 Seiten voll. Hatte da noch etwas Zeit alles zu überfliegen und die Kommasetzung zu kontrollieren. Es war nun schon kurz nach 10 Uhr.

30 Minuten Pause, dann Gruppenwechsel. Hier kam der Rest in Form von Mulitple-Choice-Fragen dran und das ganze dauerte ca. 90 Minuten. Für den mathematischen Teil, hat man auch hier Schmierblätter zur Verfügung. Lasst euch nicht aus der Ruhe bringen. Der Test ist so aufgebaut, dass man in der vorgegebenen Zeit nicht alle Aufgaben schaffen kann. Sämtliche Schmierblätter aus allen Tests mussten übrigens mit abgegeben werden.

So gegen 13 Uhr war dann alles vorbei und wir durften nach Hause gehen. Ob man bestanden hat erfährt man 2-3 Tage später per Mail und bekommt dann, bei positivem Ergebnis, sogleich die Einladung zum Sporttest.
Ich hatte bestanden und durfte in der darauffolgenden Woche zum zweiten Testteil.

Sporttest:

Hier hatte man bis 10 Uhr da zu sein. Zu meiner Überraschung waren nur noch 8 Kandidaten übrig. Es ging ohne großen Umweg zu Sporthalle. Dort durften wir uns umziehen. Danach wurde uns der Parcours gezeigt, welcher in 3:30 min zu schaffen war. Wir hatten 15 Minuten Zeit uns warm zu machen und an den verschiedenen Hindernissen auszuprobieren und dann ging es in alphabetischer Reihenfolge los.

Den exakten Ablauf des Sporttests kann man hier einsehen:

https://www.ag-siegburg.nrw.de/behoerde ... rttest.pdf

Groß vorbereitet hatte ich mich hierfür nicht, da ich regelmäßig laufe und viel mit dem Mountainbike fahre. Dennoch ist der Sporttest nicht zu unterschätzen. Einige Kandidaten sind viel zu schnell in den Parcours gegangen und dann wurde es am Ende knapp, weil die Kraft oder Luft weg war. Einer ist nach seinem Durchgang sogar umgekippt und musste kurz betreut werden. Ich denke es war eine gute Strategie, den Parcours zügig aber nicht zu schnell zu durchlaufen. Wer zu langsam war, bekam während des Laufs die Ansage mal etwas mehr Gas zu geben. Von uns 8 haben 7 bestanden.

Danach hieß es 'frohe Weihnachten' und 'einen guten Rutsch'...wir bekämen Anfang Januar den Termin zur mündlichen Prüfung per Mail mitgeteilt.

Tatsächlich erhielt ich die E-Mail bereits Ende Dezember und so war der letzte Testtag ca. 3 Wochen später angesetzt.

mündlicher Test:

An diesem Tag ging es wieder um 7 Uhr los. Zunächst gab es eine Führung durch die JVA. Hier wurden reichlich Fragen beantwortet und man erhielt erstmals einen richtigen Einblick in die Abteilungen, Hafträume und viele andere Bereiche.

Um 9 Uhr ging es dann aber mit dem Test los. Als erstes die Gruppendiskussion. Wir saßen in einem kleinen Stuhlkreis beisammen - um uns herum ein größerer Stuhlkreis mit dem Prüfungsausschuss.

Jeder erhielt ein Blatt mit der Aufgabenstellung, hatten kurz Zeit alles durchzulesen und so fingen wir an 15 Minuten lang darüber zu diskutieren. War absolut nichts wildes. Jeder hat sich gut eingebracht und keiner hat den Platzhirsch raushängen lassen. Hier ging es um die Interaktion und Argumentation untereinander.

Nach der Diskussion wurden wir in einen kleinen Konferenzraum begleitet. Dort wurden die Kandidaten dann nach und nach zum psychologischen Gespräch abgeholt.

Ich empfand das Interview tatsächlich insgesamt als unangenehm. Man wollte sicherlich prüfen, wie stressresistent der Kandidat ist. Ich kann hier nur raten, sich sehr gut (!) über den Beruf und die JVA zu informieren. Dann Ruhe bewahren, Brust raus und mal zwischendurch nen Schluck Wasser trinken. Bei einigen Fragen kommt man ein wenig ins straucheln aber lasst euch davon nicht beirren.
Nach ca. 25-30 Minuten wurde ich in die Kantine begleitet, war einfach nur froh da raus zu sein und traf dort die anderen Kandidaten wieder. In diesem Moment war ich der festen Überzeugung, ich habs versemmelt.

Nun wurde nochmals jeder nach und nach zum Abschlussgespräch gerufen. Dort saß mir der gesamte Prüfungsausschuss (ca. 10-12 Leute, hab nicht gezählt) an einem langen Konferenztisch gegenüber. In der Mitte die Anstaltsleiterin. Sie stellte sich kurz vor und eröffnete mir, dass man mich noch etwas näher kennenlernen wollte.

So folgte nochmal eine kurze aber viel entspanntere Frage-Antwort-Runde. Hier wiederholten sich einige Fragen aus dem psychologischen Gespräch. Danach schickte man mich noch einmal kurz vor die Tür um sich zu beraten.

Keine 2 Minuten später ging die Tür auch schon wieder auf und ich wurde hereingebeten. Zu meiner großen Erleichterung sagte mir die Anstaltsleiterein direkt, dass man mich gern einstellen möchte. Ich bedankte mich recht herzlich und ging mit einem breiten Grinsen zum Personalrat um noch ein paar Formalitäten zu klären.

Die amtsärztliche Untersuchung:

Zu diesem Termin wurde ich von dem an meinem Wohnort zuständigen Gesundheitsamt eingeladen.
Es ging um 9 Uhr mit einem Seh- und Hörtest los. Danach zum Doc, ausziehen, körperliche Untersuchung. Blut abnehmen, Urinprobe abgeben -> Drogentest. Belastungs-EKG auf dem Rad und ein Lungenfunktionstest. Alle waren sehr nett und der Arzt sagt mir, dass wenn die Laboruntersuchung des Blutes nicht weiter auffälig ist, er mir grünes Licht geben wird. Gegen 11 Uhr war ich wieder auf dem Heimweg.

Ich musste für meine Einstellung noch einige Unterlagen (Passfoto, Sozialversicherungsausweis, Mitgliedsbescheinigung Krankenkasse, Steuer-ID, Bankverbindung, Antrag auf VWL etc.) per Post bei der JVA einreichen. Und jetzt, wo alles soweit in trockenen Tüchern ist, bin ich natürlich aufgeregt, freue mich aber auch riesig auf die Aufgaben die mich bald erwarten.

Fazit:

Das gesamte Auswahlverfahren war schon recht anspruchsvoll. Wer sich nicht vorbereitet, wird es nicht schaffen!

Ich hoffe das war einigermaßen ausführlich und wenn es hierzu noch Fragen gibt, möchte ich diese gern beantworten.
Bin da natürlich auch offen für Anregungen und Kritik.

LG
Zuletzt geändert von rcksnd85 am Do 19. Mai 2022, 04:30, insgesamt 4-mal geändert.
:pfeif:

matzeman
Corporal
Corporal
Beiträge: 594
Registriert: Di 6. Feb 2007, 00:00
Wohnort: Bei Stuttgart
Kontaktdaten:

Re: Erfahrungsbericht Einstellungsverfahren Justizvollzug NRW

Beitragvon matzeman » So 10. Apr 2022, 12:17

rcksnd85 hat geschrieben:
So 27. Feb 2022, 11:33

Danach bekam ich den Arbeitsvertrag und so geht es jetzt am 01.05. für mich los. ;D
Glückwunsch!
Aber was für einen Arbeitsvertrag? Als Beamter erhältst du "lediglich" die Ernennungsurkunde-

Benutzeravatar
rcksnd85
Cadet
Cadet
Beiträge: 5
Registriert: So 27. Feb 2022, 07:51
Wohnort: NRW

Re: Erfahrungsbericht Einstellungsverfahren Justizvollzug NRW

Beitragvon rcksnd85 » Mo 11. Apr 2022, 06:26

Vielen Dank :)

In NRW erfolgt die Einstellung zunächst als Justizvollzugsbeschäftigter (dafür der Arbeitsvertrag). Die Ausbildungen beginnen jedes Jahr zum 01.07. und dann erst erfolgt die Ernennung zum BaW.

VG, rcksnd85
:pfeif:

matzeman
Corporal
Corporal
Beiträge: 594
Registriert: Di 6. Feb 2007, 00:00
Wohnort: Bei Stuttgart
Kontaktdaten:

Re: Erfahrungsbericht Einstellungsverfahren Justizvollzug NRW

Beitragvon matzeman » Mo 11. Apr 2022, 08:14

Ok-
Bei uns (Anstalt in BaWue)ist es anders.
Da werden die Kollegen als Angestellter eingestellt und dann, wenn sie verbeamtet werden sollen(01.04&01.10) , laufen erst die ganzen Tests an.
Finde euer System besser.


Zurück zu „Justizvollzug - Einstellung und Ausbildung“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 7 Gäste



  • Neue Mitglieder

  • Top Poster

  • CopZone Spende