Die Ausbildung zum Justizvollzugsbeamten (Bsp.NRW)

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Die Ausbildung zum Justizvollzugsbeamten (Bsp.NRW)

Beitragvon Guard » So 25. Nov 2012, 04:12

Da wir immer wieder gefragt werden, wie sich die Ausbildung eines Justizvollzugsbeamten gestaltet, möchte ich euch hier kurz erläutern (ich versuche es zumindest :polizei1: ) , wie die Ausbildung eines jungen Menschen aussehen kann, der sich zum Justizvollzugsbeamten ausbilden lässt. Beispielhaft habe ich NRW gewählt, in anderen Bundesländern ist die Strukturierung der Ausbildung abweichend, jedoch sind die Inhalte bundesweit ähnlich..
Für die Praktiker sei erwähnt, dass die Unterrichtsfächer etc. absichtlich „umbenannt“ wurden. Dies soll Außenstehenden ermöglichen, das Aufgabenfeld/Ausbildungsfach leichter zu verstehen.



Die Ausbildung zum Justizvollzgsbeamten (Beispiel NRW):
Ich beginne hier der Einfachheit halber, mit einem Einstellungsdatum zum 01.01.2010!

Also dann:

01.01.2010
Einstellung als Justizvollzugs-BESCHÄFTIGTER (befristeter oder auch unbefristeter Arbeitsvertrag –TVL-) mit 6-monatiger Probezeit
In den ersten drei Monaten läuft man als JVBe (Justizvollzugsbeschäftigter) bei einem Praxisanleiter mit. Man wird in fast allen Teilbereichen einer JVA eingesetzt und lernt das ganz kleine 1x1 des dienstlichen Alltags kennen. Man arbeitet nicht selbstständig.
Zusätzlich besucht man in den ersten Monaten eine Menge Grundsatzunterrichte bei der jeweiligen Ausbildungsleitung, wird erstmalig in der Selbstverteidigung und im Umgang mit Schusswaffen beschult. Erste Berührungspunkte mit unseren Gesetzestexten gehören ebenfalls dazu.


01.04.2010
Nach Ablauf von FRÜHESTENS drei Monaten wird geprüft, ob man in einem Teilbereich der Anstalt einen eigenständigen Dienstposten übernehmen kann.
Sollte dies positiv beschieden werden, darf man ab dem vierten Monat die ersten eigenen Schritte in der Anstalt unternehmen. Man wird dann auf einen eigenständigen Dienstposten gesetzt, hat jedoch immer einen erfahrenen Kollegen an seiner Seite. Man darf nun aber bereits das kleine 1x1 eigenständig abarbeiten.
Ergänzend bekommt man weiterhin regelmäßige Unterrichtungen bei der Ausbildungsleitung, sowie den Trainern für Selbstverteidigung und Schusswaffen. Diese erstrecken sich, ohne dass ich es ständig erwähnen muss, über die gesamte Ausbildungszeit .

01.07.2010
Die 6-monatige Probezeit ist beendet. Je nach Leistung kann diese verlängert werden. Ansonsten arbeitet man die nächsten Monate (z.Bsp. im Abteilungsdienst) teilselbstständig in einem festen Bereich (z. Bsp. Abteilungsdienst) weiter, immer mit einem Ansprechpartner zur Seite.

01.01.2011
Man wechselt den Bereich, geht nun –um die Flexibilität zu wahren und um die Anstalt besser kennenzulernen- von der Haftabteilung in den Bereich der Kammer.

01.07.2011
Endlich, es ist so weit. Das erste Etappenziel ist erreicht.
Man wird verbeamtet, trägt nun die Amtsbezeichnung JVOS-Anw. (Justizvollzugsobersekretär-Anwärter) .
Nun beginnt die eigentliche Ausbildung.
Diese gliedert sich in theoretische und praktische Abschnitte.
Die theoretischen Blöcke werden an der Justizvollzugsschule in Wuppertal absolviert, die praktischen Einheiten in verschiedenen Justizvollzugsanstalten.
Die gesamte Ausbildung geht über 24 Monate, sie endet mit dem Ablegen der Laufbahnprüfung (Abschlussklausuren und eine mündliche Prüfung)!

Der Ablauf der Ausbildung:

1.Jahr: Grundausbildung (beginnend am 01.07.20xx

-Praktische Ausbildung I: 2,5 Monate in einer JVA (i.d.R. in der Eigenen)
-Schulische Ausbildung I: 3 Monate an der Justizvollzugsschule in Wuppertal
-Praktische Ausbildung II: 4 Monate in einer JVA (i.d.R. Fremdanstalt)
-Schulische Ausbildung II: 3 Monate an der Justizvollzugsschule in Wuppertal
-Praktische Ausbildung III: 5,5 Monate in einer JVA
-Schulische Ausbildung III: 3 Monate an der Justizvollzugsschule Wuppertal
-Praktische Ausbildung IV : 3 Monate in einer JVA (i.d.R. eigene JVA)

Ende Juni 20XX: Ablegen der Laufbahnprüfung
Beendigung der Ausbildung.

Ein paar Details zur schulischen Ausbildung:
An der JVS (Justizvollzugsschule) bekommt man das theoretische Fachwissen vermittelt, welches man benötigt, um den Beruf eines Justizvollzugsbeamten ausüben zu können.
Dazu vermitteln einem die unterschiedlichsten Dozenten und Lehrkräfte eine Menge fachtheoretisches Wissen.
Die Unterrichtsfächer an der JVS sind u.a.:
-Strafrecht; Hier lernt man das Strafgesetzbuch kennen und zu verstehen, wird zu einem „Richter light“ ausgebildet

-Vollzugsrecht; Das Strafvollzugsgesetz (die Bibel des Vollzugsbeamten), das Untersuchungshaftvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung und weitere Gesetze und Verordnungen werden euch hier näher gebracht

-Beamtenrecht; das Landesbeamtengesetz (LBG) zeigt euch eure Rechte und Pflichten auf

-Psychologie; Man lernt hier verschiedene Gesprächsmodelle, lernt Begriffe wie Empathie kennen und umzusetzen, bekommt aufgezeigt, wie man einfühlsam und doch distanziert, man den Umgang mit Straffälligen gestalten kann usw. usw.

-Vollzugspraxis; Hier vermitteln Berufspraktiker (erfahrene Kollegen) einem jeden Schüler den Zusammenhang zwischen Theorie und Praxis. Man geht hier die Dienst- und Sicherheitsvorschriften für den Strafvollzug durch (eine Art „Rules of Engagement“), bespricht eine Menge praktischer Beispiele und bearbeitet sie gemeinsam anhand der Gesetztexte und Vorschriften etc.

-Deutsch (selbsterklärend)

-Pädagogik (selbsterklärend)

-Kriminologie; Statistiken, Kausalitäten zwischen verschiedenen Ereignissen, Begebenheiten etc.

-Sport (selbsterklärend)

-Selbstverteidigung (selbsterklärend)

-Waffenkunde (selbsterklärend)

-Sozialkunde; Hier wird man zum kleinen Sozialarbeiter ausgebildet

-Erste Hilfe

Ich hoffe, ich habe nichts vergessen!
Die Unterrichte an der JVS finden Montags bis Freitags statt. Während der Schulblöcke (theoretischen Ausbildung) haben die Anwärter keine Wochenenddienste.
Der Mittwoch und der Freitag sind an der Justizvollzugsschule „kurze Unterrichtstage“, die Nachmittage dieser Tage werden den Anwärtern zum Selbststudium zu Verfügung gestellt.

Anwärter können für den Zeitraum der theoretischen Ausbildung an der JVS residieren. Dazu stehen an der Schule eigene Unterkünfte zu Verfügung, ebenfalls kann man sich dort vollverpflegen lassen. Die Gesamtkosten (Unterkunft und Verpflegung) dafür belaufen sich auf ca. 100Euro pro Monat.



Ein paar Details zur praktischen Ausbildung:
Die Ausbildungsabschnitte in den JVA’en sind dazu gedacht, praktisches Arbeiten zu erlernen.
Des Weiteren werden die Abschnitte genutzt, um andere Vollzugsformen kennenzulernen.
So verbringt, man im Rahmen der praktischen Ausbildung, seine Zeit sowohl im offenen-, geschlossenen-, als auch im Jugendvollzug.
Auch Werkbetriebe und den Verwaltungsapparat einer JVA lernt man im Rahmen der praktischen Ausbildung kennen.


Über den gesamten Ausbildungszeitraum finden -in allen praktischen Ausbildungsabschnitten- Unterrichte, Dienstporteinheiten, Waffenkunde und Selbstverteidigungseinheiten statt.


Ich hoffe, ich konnte euch auf diese Weise einen kleinen Einblick in unser –hier beispielhaftes- Ausbildungsgeschehen gewähren.


Ergänzungen, Hinweise auf Fehler etc. bitte via pn an mich. Danke ;-)



::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
Abschließend noch die offizielle Bezeichnung und Erklärung der JVS zum Thema „theoretisch Ausbildungsinhalte“:


Die schulische Ausbildung dient der Vorbereitung, Ergänzung und Vertiefung der praktischen Ausbildung.
Unterrichtet werden folgende Fachthemen:
-Staats-, Verfassungs- und Verwaltungsrecht
- Beamtenrecht
- Straf- und Strafverfahrensrecht
- Vollzugsrecht
- Vollzugspraxis
- Vollzugsverwaltungskunde
- Dokumentation und Berichtswesen
- Kriminologie
- Pädagogik
- soziale Arbeit
- Kommunikation und Konfliktmanagement
--> Grundlagen der Kommunikation
--> Gewaltprävention und Deeskalation
-->Sicherungstechniken
--> Waffenkunde
--> Sport
--> Erste Hilfe


Klingt viel?
Ist es auch! :polizei1:

Aber keine Sorge, man wird durch die Zeit begleitet und sowohl in der JVA als auch an der JVS professionell auf die Laufbahnprüfung vorbereitet!



Ansonsten empfehle ich noch einen Blick auf die Seite der Justizvollzugsschule Wuppertal oder der entsprechenden Bundesländer zu werfen!
Ein Pessimist ist ein Optimist mit Erfahrung!

Pro Dienstgradabzeichen für die Justiz . Pro bessere Außendarstellung / Öffentlichkeitsarbeit !!

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