Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

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Moderator: schutzmann_schneidig

Slepner
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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon Slepner » So 26. Jan 2014, 17:06

Diag hat geschrieben:Und du willst nach der Ausbildung sicher direkt Ausbilder werden, wa?

Da würde ich aber mein Wissen noch etwas feintunen...
Dann sag mir doch bitte was falsch ist.
1957 hat geschrieben:slepner, das ganze istnicht abstrus, sondern handwerkszeug - deine ausflüge diesbezüglich gehören aber nicht zum thema.

im übrigen ist vernehmungsfähigkeit nicht gleich anhörungsfähigkeit.wer nicht anhörungsfähig ist, ist nicht gleich automatisch gewahrsamsunfähig. aus der praxis - für die praxis.
1. Ich hatte darauf verwiesen dass es offtopic werden würde

2. ich hatte gesagt "ich denke". Sollte wohl klar sein dass ich damit keinen allumfänglichen Wahrheitsanspruch stelle. Mir fällt es nur schwer mir vorzustellen wie in einer bedeutenden Vielzahl von Fällen jemand nicht ansprechbar (=nicht vorführbar) aber dennoch gewahrsamstauglich sein soll.

Weiterhin hab ich vorher auf meine eingeschränkte Erfahrung hingewiesen. Was willst du denn bitteschön noch mehr als dass ich das tue und etwas ausdrücklich als Gedanken kennzeiche? Dass ich noch dreimal nen Buckel mache weil ich es wage etwas unter 10J Diensterfahrung zu posten? Bleib doch bitte sachlich und schreib einfach in was für Fällen jemand nicht vorführbar und gewahrsamstauglich ist.
Ab 4.10.2011 PKA in BB =)

Lone Soldier

Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon Lone Soldier » So 26. Jan 2014, 19:32

Ohne die Verfahrensweise in deinem Praktikumsbereich zu kennen, bei uns schreibt der Arzt einen nicht gewahrsamsunfähig, nur weil der zu voll ist um eine richterliche Anhörung zu verstehen. Für mich wäre das sehr praktisch, weil dann ca. 80% meiner Hilopes gewahrsamsunfähig wären und ich sie im Krankenhaus abliefern könnte.
Richterliche Anordnung fällt mangels Bereitschaftsdienst bei uns ebenfalls in geschätzt 95% der Fälle aus.

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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon 1957 » So 26. Jan 2014, 19:59

slepner, ich hatte bereits irgenwann mal darauf hingewiesen.
nicht ansprechbare personen gehören nicht ins pg, sondern in ein kh.
es gibt aber viele zustände, in denen personen zwar ansprechbar, aber nicht anhörungsfähig sind: kontrollverluste, konzentrationsmängel, verweigerungen etc. das ist nahezu alltäglich.

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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon krisjugo » Mo 27. Jan 2014, 17:20

nicht selten weist unsere "hilflose Person" folgende Mängel auf:

-torkelt bzw. fällt, wenn sie nicht gestützt wird
-reagiert erst auf mehrfache und dann auch laute und energische Ansprache
-Antworten sind entweder nicht verständlich (Artikulation) oder machen keinen Sinn

Wenn diese Person nicht auf dem Boden liegt, sondern sich immer wieder erhebt und durch die Gegend torkelt, ist dass in der Regel auch nichts fürs Krankenhaus...

Nun könnte man annehmen, dass eine Anhörung durch einen Richter wenig Sinn macht, aber die Anhörung beinhaltet ja auch, dass der Richter die hilflose Person in Augenschein nehmen und sich selbst von seinem Zustand überzeugen kann.

Ob ein Polizeibeamter selbst den Zustand einer hilflosen Person einschätzen kann ist an dieser Stelle unerheblich, weil das Gesetz nun mal eine richterliche Entscheidung vorsieht.

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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon 1957 » Mo 27. Jan 2014, 17:23

so sollte es sein. ist aber vielerorts nicht so. und das, liegt dann nicht in unserer, sondern in der verantwortung des richters.

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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon RafaelGomez » Mo 27. Jan 2014, 18:55

krisjugo hat geschrieben:...
Nun könnte man annehmen, dass eine Anhörung durch einen Richter wenig Sinn macht, aber die Anhörung beinhaltet ja auch, dass der Richter die hilflose Person in Augenschein nehmen und sich selbst von seinem Zustand überzeugen kann.

Ob ein Polizeibeamter selbst den Zustand einer hilflosen Person einschätzen kann ist an dieser Stelle unerheblich, weil das Gesetz nun mal eine richterliche Entscheidung vorsieht.
Und genau da sehe ich (!) Verbesserungsmöglichkeiten. Zur Einschätzung der Anhörungsfähigkeit brauchts keinen Richter. Und, wenn diese Entscheidung nicht beim gemeinen PolBea liegen soll, kann das ja ein anderer Akademiker machen, der Arzt nämlich. Der wird (in meinem Bereich jedenfalls) ohnehin immer angefordert bei Hilope'n. Und entscheidet, KH oder Gewahrsamsfähig. Und regelmäßig wandert der Zellenfähige nach 3 - 5 Stunden Ruhe in die Freiheit, weil er sich wieder berappelt hat.

Nur weil 'das Gesetz' eine andere, eventuell anachronistische, Regelung vorsieht, heißt es ja nicht, das selbiges nicht auch mal den gesellschaftlichen Gegebenheiten angepasst, oder zumindest in der Hinsicht überprüft werden könnte.
Eine solche Kurzfristregelung würde, denke ich, einigen Aufwand sowohl den Richtern (falls erreichbar ;-)) als auch den PB ersparen.

Gruß

Gast

Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon Gast » Mo 27. Jan 2014, 19:50

Leute, ich glaube ihr werft hier die medizinischen und juristischen Gesichtspunkte etwas durcheinander.
Der Arzt entscheidet nur ob die Person gesundheitlich in der Lage ist um in den Gewahrsam einzurücken. Das hat mit der richterlichen Anhörung nicht im geringsten zu tun.
Wenn die richterliche Anhörung wegen des Trunkenheitsgrades nicht durchgeführt werden kann so steht das einer Entscheidung für den Gewahrsam nicht entgegen.

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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon RafaelGomez » Mo 27. Jan 2014, 20:05

Wer nicht sprechen kann, ist idR nicht anhörungsfähig. Wäre das schön, wenn jeder mit extremen Ausfallerscheinungen ein KH-Fall wäre... Meinen Zellen würde einiges erspart bleiben.
Die Grenzen sind da fließend, auch und gerade zwischen Medizin und Jura.

Gruß

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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon MICHI » Mo 27. Jan 2014, 22:05

RafaelGomez hat geschrieben:Wer nicht sprechen kann, ist idR nicht anhörungsfähig. Wäre das schön, wenn jeder mit extremen Ausfallerscheinungen ein KH-Fall wäre... Meinen Zellen würde einiges erspart bleiben.
Die Grenzen sind da fließend, auch und gerade zwischen Medizin und Jura.

Gruß

So ziemlich am Anfang des Threads hatte ich bereits geschrieben, dass gemäß unserer PDV alkoholbedingte hilflose Personen als Kranke anzusehen und durch einen RTW in ein KKH zu überstellen sind.

Die KKH sind mit entsprechenden Räumlichkeiten ausgestattet, sodass sich für uns bei reinen alkoholbedingten HiloPe gar keine Problematik ergibt.
Gruß
MICHI


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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon Kaeptn_Chaos » Mo 27. Jan 2014, 22:08

Darum wurdet ihr auch schon desöfteren beneidet. :/
:lah:

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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon Lone Soldier » Mo 27. Jan 2014, 23:52

Verfügen alle Krankenhäuser in Hamburg über die Ausstattung für die Aufnahme von Hilopes oder gibt es da sowas wie einen "Zentralgewahrsam", sprich ein Krankenhaus wo alle Hilopes landen? Und fixieren die die auch mit eigenem Personal, wenn die partout vorm angeordneten Entlassungstermin weg wollen oder wird dann die Polizei zur Unterstützung gerufen?

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Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon MICHI » Di 28. Jan 2014, 00:01

Alle glaube ich nicht. Die Krankenhäuser in die dann eingeliefert wird, haben entsprechende "Zellen".
In wieweit dann bei besonderem Verhalten fixiert oder Pol hinzugezogen wird, kann ich nicht sagen, weil wir mit dem KKH selbst nichts zu tun haben.
Gruß
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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon drakon » Di 28. Jan 2014, 06:25

Michi, nenne bitte mal die entsprechende Fundstelle in der PDV, die ist mir nämlich nicht bekannt.
Aber auch wenn es so drin steht: ich kenne kein KH in SN, was über entsprechende bauliche Gegebenheiten verfügt. Würden wir das so durchziehen, dass alkoholbedingte Hilos ausschließlich KH-Fälle sind, dann würden wir die Nächte nicht mehr froh werden sondern ständig zum KH tingeln, weil der Patient sein Zimmer verlässt...
"Einer der Gründe, warum man in der Konversation so selten verständige und angenehme Partner findet, ist, daß es kaum jemanden gibt, der nicht lieber an das dachte, was er sagen will, als genau auf das zu antworten, was man zu ihm sagt“
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Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon MICHI » Di 28. Jan 2014, 07:07

Zum Ersten werde ich hier kaum aus der Hamburger PDV 350 zitieren (kannst du in Extrapol doch selber nachlesen), und zweitens hatte ich Zelle und nicht Zimmer geschrieben.
Die verlässt der Patient nicht eigenständig.

Zusätzlich haben wir auch noch unsere ZAB ( Zentralambulanz), in die " Schnapsleichen" verbracht werden ( auch mit RTW der FW) die im weiteren Bereich Innenstadt/ Hamburgs Westen anfallen.

Das Schöne an dieser Verfahrensweise ist dann u. A. auch, dass man kaum mal vollgekozte Zellen an der Wache hat :-)
Gruß
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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon drakon » Di 28. Jan 2014, 07:29

Danke, jetzt weiß ich wo ich suchen darf.
Ich weiß, dass du Zelle schrobst. Ich redete von Sachsen, wollte nur damit nur sagen, dass bei uns die Gegebenheiten nicht vorhanden sind wie (offensichtlich) bei euch. Und da es ja eine Hamburg-PDV ist, hat sich das Thema für mich als Argumentationshilfe dann wohl erledigt ;)

Schön, dass es bei euch so funktioniert, schätzt euch glücklich.
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