Ausschreibung zur Fahndung (BPolG) bei Haftbefehl nach InsO

Fachliche Diskussionen zum Themenbereich Polizeirecht

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rechtspfleger
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Ausschreibung zur Fahndung (BPolG) bei Haftbefehl nach InsO

Beitragvon rechtspfleger » So 6. Jul 2014, 15:05

Kann man eine Person, gegen die ein Haftbefehl nach § 98 Abs. 2 InsO besteht, nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 BPolG zur Fahndung ausschreiben lassen?

Nach meinem Verständnis handelt es sich dabei um ein unter § 39 Abs. 4 BPolG fallendes Ersuchen.

Oder ist es letztlich ein Problem der praktischen Umsetzbarkeit (und damit auch ein rechtliches, da ich annehme, dass die Ingewahrsamnahme zeitlichen Grenzen unterliegt)?

Der Haftbefehl ist nach § 98 Abs. 3 InsO i.V.m. § 802g Abs. 2 ZPO durch den Gerichtsvollzieher zu vollstrecken, der der Person eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls zu übergeben hat.

Bedeutet: es müssen dann unverzüglich her a) ein Gerichtsvollzieher und b) eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls. Das mag, wenn es zu einem konkreten Fall käme, vielleicht noch bei Einreise an "unserem" Flughafen funktionieren, aber an einem anderen vermutlich eher nicht.

Eine Richterin und ich haben uns damit mal im Rahmen von Gedankenspielen beschäftigt (Annahme: man kann zumindest in schwerwiegenden Fällen darüber nachdenken), was dann aber bei der Frage der Umsetzbarkeit endete.

wolfi71
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Re: Ausschreibung zur Fahndung (BPolG) bei Haftbefehl nach I

Beitragvon wolfi71 » Di 2. Sep 2014, 13:30

Es wird sich doch innerhalb der gestzlichen Fristen zur Ingewahrsamnahme ein Gerichtsvollzieher finden lassen, der dem Festgenommenen den Haftbefehl verkündet. Dafür gibt es doch einen Notdienst der Gerichtsvollzieher. Der lässt sich vom anderen Notdienst den Haftbefehl übermitteln, haut seine Beglaubigung drauf und gut ist.

Es dürfte sich ja meist mit der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung/"Offenbarungseid" handeln. Den kann ihm jeder GV abnehmen. Alle anderen Punkte sind schwerwiegender, aber durchaus auch machbar.

Und wenn es nicht klappt, dann musst du den halt laufen lassen.

Gast

Re: Ausschreibung zur Fahndung (BPolG) bei Haftbefehl nach I

Beitragvon Gast » Di 2. Sep 2014, 18:08

Das Gesetz gibt ein solche Ingewahrsamnahme jedenfalls her. Nach § 40 Abs. 3 Satz 2 BPolG braucht eigentlich noch nicht einmal der Haftbefehl vorher übermittelt werden, wenn nach der Ingewahrsamnahme der Gerichtsvollzieher unverzüglich tätig wird.

rechtspfleger
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Re: Ausschreibung zur Fahndung (BPolG) bei Haftbefehl nach I

Beitragvon rechtspfleger » Fr 5. Sep 2014, 14:38

Vielen Dank für die Antworten. :zustimm:
wolfi71 hat geschrieben:Alle anderen Punkte sind schwerwiegender, aber durchaus auch machbar.
Diese Sachverhalte würden hierunter fallen. Es geht in diesen Fällen nicht um die „normale“ eidesstattliche Versicherung (aka Offenbarungseid), sondern um die Beantwortung individueller Fragen (also sowas wie: wo ist das Geld, das theoretisch in der Kasse sein sollte, wo ist das Inventar, wo sind die Geschäftsunterlagen?). Die Aufgabe des Gerichtsvollziehers besteht dabei darin, die Person zu verhaften und einer gerichtlichen Vernehmung zuzuführen. Die Fragen sind vor Erlass des Haftbefehls bekannt, da sie faktisch vom Insolvenzverwalter vorgegeben werden und daher ein Fragenkatalog bei ihm angefordert werden kann. Sie können also bei auswärtiger Verhaftung für eine Vernehmung durch das örtlich zuständige Gericht in diesen aufgenommen werden.

Wäre der Ablauf dann also aus polizeilicher Sicht wie folgt?
  • - Einreisekontrolle, Mitteilung über Haftbefehl erscheint
    - Ingewahrsamnahme
    - BPol verständigt örtlichen Gerichtsvollzieher
    - Gerichtsvollzieher lässt sich von uns den Haftbefehl schicken und rauscht mit der Person ab zum Gericht zwecks Vernehmung
Angenommen, die Person reist über einen anderen deutschen Flughafen ein und hat einen innerdeutschen Weiterflug zum hiesigen Flughafen gebucht. Würden die §§ 39 Abs. 4, 40 Abs. 3 BPolG es zumindest theoretisch hergeben, ihn/sie dann auf den Weiterflug zu setzen, damit alles weitere hier abgewickelt werden kann?

Oder könnte/würde das daran scheitern, dass dann eventuell keine unverzügliche Tätigkeit des Gerichtsvollziehers vorliegt? Wobei es nach meiner Vorstellung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit jedenfalls insofern weniger einschneidend wäre, dass sich nicht das Risiko ergibt, am Einreise-Flughafen zu "stranden" (mehrstündiger Zwangsaufenthalt, ggf. Verfall des gebuchten Weiterfluges).

Wenn die Fragen irgendwas betreffen, das nicht unbedingt in einem Internetforum erörtert werden sollte, kann ich auf Anfrage auch eine PN mit meiner dienstlichen E-Mail schicken.

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Re: Ausschreibung zur Fahndung (BPolG) bei Haftbefehl nach I

Beitragvon wolfi71 » Sa 6. Sep 2014, 21:08

Wenn du den in einen Weiterflug innerhalb Deutschland oder Schengen setzt, ist der weg. Da kontrolliert doch keiner mehr. Innerhalb Deutschland wird ja regelmäßig nicht mal der Perso verlangt und wenn dann nur von der Groundhostess zur Überprüfung ob du der auf dem Ticket bist. E-Ticket auf dem Handy reicht in aller Regel als Identifikation aus. Ich kenne mehrere Flughäfen in Deutschland, bei denen niemand auf einem innerdeutschen Flug mittels Kontrolle mit Identität feststellt oder der ausgeschrieben ist oder nicht. Handyticket reicht fast immer aus, okay Businessdress dazu um zur Kontrolle zu kommen und die am Flugsteig überprüfen ja nur, ob du der auf dem Ticket bist und bei Handyticket nicht mal das. Da sagen die dir, dass du nun das Handy bitte ausmachst und wünschen dir einen guten Flug.

Und die Maschine am Montagmorgen um 7:20 nach Berlin hebt pünktlich ab, das ist viel wichtiger, als dass man weiß, wer da vielleicht unter falschem Namen fliegt.

That´s real life.

rechtspfleger
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Re: Ausschreibung zur Fahndung (BPolG) bei Haftbefehl nach I

Beitragvon rechtspfleger » Mi 10. Sep 2014, 00:28

Mein als Laie auf dem Gebiet vielleicht etwas naiver Gedanke war: BPol am Flughafen A setzt den als ausgeschrieben identifizierten Reisenden auf den Weiterflug und avisiert das BPol am Flughafen B.

RafaelGomez
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Re: Ausschreibung zur Fahndung (BPolG) bei Haftbefehl nach I

Beitragvon RafaelGomez » Mi 10. Sep 2014, 00:42

Jo, naiv trifft es. Entweder hat der gute Mann einen vollstreckungsfähigen HB, dann fliegt der nirgendwo hin, sondern wird festgesetzt. Oder eben nicht. Dann reist er einfach weiter.
Wenn 'Ihr' den haben wollt und das auch mit einer Freiheitsentziehung durchsetzen könnt, dann setzen 'wir' das gerne um. Aber nicht solch halbseidene Sachen a la 'lass ihn reisen und wir holen ihn dann ab'. Entweder -oder


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