"RTW braucht Unterstützung..."; Rechtliche Aspekte des behandlungsunwilligen Patienten

Fachliche Diskussionen zum Themenbereich Polizeirecht

Moderator: schutzmann_schneidig

Kulinka
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Re: "RTW braucht Unterstützung..."; Rechtliche Aspekte des behandlungsunwilligen Patienten

Beitragvon Kulinka » So 29. Dez 2019, 18:58

Hallo Buford,

ich habe etwas zum Verlauf des Gesprächs hier gesagt. Du hast darauf geantwortet usw. Was daran jetzt eine Ablenkung vom Thema oder ein emotionaler Ritt sein soll, echt kein Plan. Macht ja nichts. Schönen Abend!

Viele Grüße
Kulinka

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Buford T. Justice
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Re: "RTW braucht Unterstützung..."; Rechtliche Aspekte des behandlungsunwilligen Patienten

Beitragvon Buford T. Justice » So 29. Dez 2019, 19:04

Kulinka hat geschrieben:
So 29. Dez 2019, 18:40
[...]Schon einmal daran gedacht, dass es sich um eine Art ärztlicher Fürsorgepflicht handeln könnte, einem ganz offenbar unzurechnungsfähigen Patienten nicht seinen "Willen" und ihn draufgehen zu lassen? [...]Dann nenne doch einfach die Rechtsgrundlage, nach der es ansonsten möglich ist, einer Person wie im Beispiel ggf. das Leben zu retten. Falls Du das nicht kannst: Mir ist, sollte ich je in einen solchen Zustand geraten, ein Arzt lieber, der im Sinne meines Überlebens das PsychKG "hinbiegt", als ein solcher, der mich mangels einer Rechtsgrundlage mitsamt meiner Hirnblutung wegtorkeln lässt.
Das hier, insbesondere das von mir kursiv formatierte.

Ich belasse es dabei.
:applaus:

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Re: "RTW braucht Unterstützung..."; Rechtliche Aspekte des behandlungsunwilligen Patienten

Beitragvon 1957 » So 29. Dez 2019, 19:16

Zwar ist die FW in NRW Sonderordnungsbehörde, allerdings gibt es dazu nur bestimmte Mitarbeiter der Feuerwehr. Die sind i.d.R. nicht auf dem Rettungswagen und nicht sofort verfügbar. Solange diese zuständigen Kollegen der FW nicht vor Ort sind, bleibt der Ball bei uns.

Die PSYCHKG Schiene ist grundsätzlich erst der 2 Ansatz, um die ersten unmittelbar erforderlichen Maßnahmen durch die zuständigen Behörden i.V.m ärztlicher Diagnose einzuleiten.
Zuletzt geändert von 1957 am So 29. Dez 2019, 19:20, insgesamt 1-mal geändert.

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"RTW braucht Unterstützung..."; Rechtliche Aspekte des behandlungsunwilligen Patienten

Beitragvon Officer André » So 29. Dez 2019, 19:18

Btw: Ärzte sind rechtlich meist kaum sattelfest. Sie erhalten eine Schulung, damit sie wissen in welchem Rahmen sie sich zu bewegen haben.
Etwas Konkretes zu der Rechtsgrundlage können sie meist nicht sagen. Eben nur das, was man ihnen vorgekaut hat. Da kommen dann die Anwälte des KH ins Spiel.

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Re: "RTW braucht Unterstützung..."; Rechtliche Aspekte des behandlungsunwilligen Patienten

Beitragvon 1957 » So 29. Dez 2019, 19:22

Die Ärzte müssen sich auch nichts zur Rechtslage einbringen, sondern nur zum gesundheitlichen Zustand und den medizinischen Erfordernissen.

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Re: "RTW braucht Unterstützung..."; Rechtliche Aspekte des behandlungsunwilligen Patienten

Beitragvon Controller » So 29. Dez 2019, 21:19

Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG) vom 17.12.1999, NRW
Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz regelt

1. Hilfen für Personen, bei denen Anzeichen einer psychischen Krankheit bestehen, die psychisch erkrankt sind oder bei denen die Folgen einer psychischen Krankheit fortbestehen (Betroffene),

2. die Anordnung von Schutzmaßnahmen durch die untere Gesundheitsbehörde, soweit gewichtige Anhaltspunkte für eine Selbstgefährdung oder eine Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer auf Grund einer psychischen Krankheit bestehen, und

3. die Unterbringung von den Betroffenen, die psychisch erkrankt sind und dadurch sich selbst oder bedeutende Rechtsgüter anderer erheblich gefährden.

(2) Psychische Krankheiten im Sinne dieses Gesetzes sind behandlungsbedürftige Psychosen sowie andere behandlungsbedürftige psychische Störungen und Abhängigkeitserkrankungen von vergleichbarer Schwere.

(3) Dieses Gesetz gilt nicht für Personen, die auf Grund der §§ 63, 64 StGB, 81, 126 a, 453 c in Verbindung mit § 463 StPO, §§ 7, 73 JGG und §§ 1631 b, 1800,1915 sowie 1906 BGB untergebracht sind.
ich bin da ganz bei Buford; auch beim Biegen und emotionalen Reiten
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"RTW braucht Unterstützung..."; Rechtliche Aspekte des behandlungsunwilligen Patienten

Beitragvon Officer André » So 29. Dez 2019, 21:27

Nun vermischen wir die RTW-Besatzung mit Ärzten im KH.
Den TE geht es nicht ums KH

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Re: "RTW braucht Unterstützung..."; Rechtliche Aspekte des behandlungsunwilligen Patienten

Beitragvon Challenger » So 29. Dez 2019, 22:37

Ich bezog mich übrigens auch auf das PsychKHG, dass je nach Lage "greifen kann" (aber natürlich nicht muss).

Ansonsten bleibt im Eingangsbeispiel unter den dort genannten Bedingungen für den Transport praktisch nur Polizeirecht. Alles andere entzieht sich der Realität, da eine RTW-Besatzung oft auch nur zu zweit unterwegs ist; wenn einer fährt und der andere während der Fahrt versorgen/betreuen soll, dann ist praktisch nix mit 34 StGB.
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Re: "RTW braucht Unterstützung..."; Rechtliche Aspekte des behandlungsunwilligen Patienten

Beitragvon Controller » So 29. Dez 2019, 23:08

das hier aus dem Eingangsbeitrag ist ein interessanter Abschnitt.
2) Rechtfertigender Notstand (+Notwehr): Da es, zumindest für die RTW-Besatzung, keine eigene Rechtsgrundlage dafür gibt, nicht einsichtsfähige aber somatisch akut behandlungsbedürftige Personen in ein KH zu bringen, müssen sie sich auf Nothilfe berufen, um den X mittels körperlicher Gewalt dorthin zu verbringen. Dabei tatbestandsmäßig begangene Nötigungen / Freiheitsberaubung wären durch § 34 StGB gerechtfertigt. Angriffe des X könnten aufgrund von Nothilfe abgewehrt und unterbunden werden.
nicht einsichtsfähige
das Wort würde ich nicht benutzen.
Denn man kann darunter verstehen, dass der xy nicht fähig ist meine eigene Sicht der Dinge zu verstehen;
was aber eigentlich gar nicht schlimm ist.

Gemeint ist wohl der betrunkene (o.a.) Patient, dann muss man den auch so benennen, weshalb seine Sicht der Dinge denn soooooo sehr "eingeschänkt" ist, um Problem zu vermeiden.

Auch ein Mensch völlig klaren Verstandes könnte ja schwer verletzt sein, möchte aber dennoch nicht behandelt werden.
Und da nun à la "Geschäftsführung ohne Auftrag" Konstruktionen aus dem Hut zu zaubern, erscheint mir doch sehr gewagt.
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Re: "RTW braucht Unterstützung..."; Rechtliche Aspekte des behandlungsunwilligen Patienten

Beitragvon WuG13 » Mo 30. Dez 2019, 00:13

Controller hat geschrieben:
So 29. Dez 2019, 23:08
das hier aus dem Eingangsbeitrag ist ein interessanter Abschnitt.
2) Rechtfertigender Notstand (+Notwehr): Da es, zumindest für die RTW-Besatzung, keine eigene Rechtsgrundlage dafür gibt, nicht einsichtsfähige aber somatisch akut behandlungsbedürftige Personen in ein KH zu bringen, müssen sie sich auf Nothilfe berufen, um den X mittels körperlicher Gewalt dorthin zu verbringen. Dabei tatbestandsmäßig begangene Nötigungen / Freiheitsberaubung wären durch § 34 StGB gerechtfertigt. Angriffe des X könnten aufgrund von Nothilfe abgewehrt und unterbunden werden.
nicht einsichtsfähige
das Wort würde ich nicht benutzen.
Denn man kann darunter verstehen, dass der xy nicht fähig ist meine eigene Sicht der Dinge zu verstehen;
was aber eigentlich gar nicht schlimm ist.

Gemeint ist wohl der betrunkene (o.a.) Patient, dann muss man den auch so benennen, weshalb seine Sicht der Dinge denn soooooo sehr "eingeschänkt" ist, um Problem zu vermeiden.

Auch ein Mensch völlig klaren Verstandes könnte ja schwer verletzt sein, möchte aber dennoch nicht behandelt werden.
Und da nun à la "Geschäftsführung ohne Auftrag" Konstruktionen aus dem Hut zu zaubern, erscheint mir doch sehr gewagt.
Den Begriff "einsichtsfähig" habe ich aus einer Ausarbeitung zu diesem Thema (wenig aufschlussreich). Die Person ist substanzinduziert gar nicht dazu fähig, Einsicht zu zeigen und ist eben nicht bloß nicht von meinen Argumenten überzeugt. Das was du meinst ist wohl eher "einsichtswillig". Schon in meinem Eingangsbeitrag habe ich deutlich gemacht, dass der klare, freie, gesunde, nüchterne Mensch jede Art von Behandlung ablehnen darf.
Es geht mir um die renitenten Besoffenen/Drogis, die nicht verstehen, dass sie so schlimm verletzt sind (sein könnten), dass lebensbedrohliche oder bleibende Schäden zu befürchten sind und sich zur weiteren Behandlung (Beginnend mit dem Transport ins KH) nicht ohne körperliche Gewalt bewegen lassen. Ist das bei euch eine so seltene Konstellation? "Mein" PsychKG würde übrigens erst bei Suchtkranken anwendbar sein und nicht bei dem 18 Jährigen der bloß sein Limit nicht kennt.
Also nochmal: Schutzgewahrsam als Verbringungsgewahrsam ins KH? Das weitere Festhalten durch den dortigen Arzt sowie Zwangsbehandlung und -untersuchung nach § 34 StGB? Oder Festhalten weiter nach PolG und nur Behandlung nach 34?
Mir ist schon klar, dass man es meistens irgendwie macht und es fast immer gut geht. Aber falls mal etwas schief geht, wäre es ja schon gut zu wissen, wer "Herr" der jeweiligen Maßnahme war und wer bloß unterstützt hat :pfeif:
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Re: "RTW braucht Unterstützung..."; Rechtliche Aspekte des behandlungsunwilligen Patienten

Beitragvon Controller » Mo 30. Dez 2019, 00:39

Also nochmal: Schutzgewahrsam als Verbringungsgewahrsam ins KH?
würde ich bejahen.
Das weitere Festhalten durch den dortigen Arzt sowie Zwangsbehandlung und -untersuchung nach § 34 StGB?


Nur mit richterlicher Entscheidung, bis die da ist Schutzgewahrsam. :polizei10:
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Re: "RTW braucht Unterstützung..."; Rechtliche Aspekte des behandlungsunwilligen Patienten

Beitragvon zulu » Mo 30. Dez 2019, 12:07

Wenn ich in der Lage keinen Gewahrsam begründet bekomme, dann soll die Person eben gehen. Das gefällt dem RTW nicht immer, aber damit muss man leben. Weil über die Nothilfe? Als "Standardmaßnahme" doch ziemlich daneben, gerade wenn es eigentlich schon am Gewahrsam scheitert. Ich sehe das PolG hier in der Pflicht und nicht das StGB. Weil solche Dinge sind ureigenste Gefahrenabwehr.

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Re: "RTW braucht Unterstützung..."; Rechtliche Aspekte des behandlungsunwilligen Patienten

Beitragvon berlinmitteboy » Mo 30. Dez 2019, 12:50

Moin,


ich selber habe mir noch keine Gedanken darüber gemacht, wie ich es rechtlich begründen könnte. Ich bin aber froh, dass man den Wünschen aus dem Weihnachtsthread (spannende Themen) folgt.


Meine Gedanken dazu sähen folgendermaßen aus:

Ich würde hier ebenfalls ein Schutzgewahrsam begründen. Denn immerhin ist es dem Gesetzgeber gleich, wohin ich den Betroffenen verbringe.(Kein Verbringungsgewahrsam!)

Im Krankenhaus angekommen, würde ich die Gewahrsamsfähigkeit durch den Arzt prüfen lassen. Wenn der mir sagt, dass gesundheitlich alles in Ordnung ist, sacke ich den Betroffenen wieder ein und bringe ihn in die Zelle. Sagt der Arzt, dass es schlimm um ihn steht, verbleibt er im Krankenhaus. Wonach jetzt der Arzt den Patienten da behält, interessiert mich weniger.
Ich könnte mir aber vorstellen, dass es auch für den Arzt ein entsprechendes Gesetz gibt, welches ihm erlaubt, den Betroffenen, auch ohne dessen Zustimmung, behandeln zu dürfen. Immerhin hat dieser eine gewisse Garantenpflicht. Ich selber kenne mich in der Medizin nicht so aus, daher lasse ich doch lieber den Fachmann ran.


Gruß

Nachtrag:Alternativ würde ich ihn nach der Behandlung (Versorgung der Wunde) auch nach Hause fahren.Stichwort:GdV .


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Re: "RTW braucht Unterstützung..."; Rechtliche Aspekte des behandlungsunwilligen Patienten

Beitragvon Challenger » Mo 30. Dez 2019, 13:24

zulu hat geschrieben:
Mo 30. Dez 2019, 12:07
Ich sehe das PolG hier in der Pflicht und nicht das StGB. Weil solche Dinge sind ureigenste Gefahrenabwehr.
Dito!
Challenger


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Re: "RTW braucht Unterstützung..."; Rechtliche Aspekte des behandlungsunwilligen Patienten

Beitragvon Officer André » Mo 30. Dez 2019, 18:02

Ich habe nun das Problem noch nicht ganz verstanden. :gruebel:
Geht es jetzt um UNSERE Grundlage? Das wäre dann täglich Brot mit Schutzgewahrsam.

Die RTW-Besatzung alleine verbringt keine Personen gegen ihren Willen ins KH. Da werden immer wir hinzugezogen.


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