Hallo zusammen,
ich schreibe im Moment meine Bachelorarbeit über den Schusswaffengebrauch in Deutschland und es ist eine Frage aufgekommen, die mir vielleicht Kolleginnen oder Kollegen von der Bundespolizei beantworten könnten.
In nahezu allen Landespolizeigesetzen befindet sich bezüglich des Schusswaffengebrauchs gegen Personen die Regelung, dass diese zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben angewendet werden darf. Macht ja auch Sinn.
Im UZwG, das ja soweit ich es verstanden habe, die Zwangsvollstreckung für die Bundespolizeien regelt, stehen die Voraussetzungen zum Schusswaffengebrauch gegen Personen in § 10. Hier ist aber nirgends die Rede, dass dieser zum Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr errfolgen darf. Im Bundespolizeigesetz finde ich dazu auch nichts. Stützt ihr euren Schusswaffengebrauch beim einem Angriff auf euch durch die Notwehrrechte oder habe ich da eine Norm übersehen?? In § 10 Abs. 3 UZwG steht nämlich "Das Recht zum Gebrauch von Schußwaffen auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften bleibt unberührt."
Ich hoffe, dass die Frage verständlich war und mir jemand dahingehend weiterhelfen kann.
LG
Tim
Schusswaffengebrauch durch Bundespolizeibehörden
Moderator: schutzmann_schneidig
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Re: Schusswaffengebrauch durch Bundespolizeibehörden
Nun, Du hast schon die richtige Fundstelle und gleichzeitig den Finger in die Wunde des ziemlich aus der Zeit gefallenen UZwG gelegt.
Die von Dir gesuchte Rechtsgrundlage ist der § 10 I Nr. 1 UZwG. 'Unmittelbar bevorstehend' bzw. 'Fortsetzung von...' umschreibt die Gegenwärtigkeit, die Einordnung der Tat den Umständen nach als 'Verbrechen' oder 'Vergehen unter Mitführen von...' die Erheblichkeit.
Die Tat muss nicht strafrechtlich geprüft real vorliegen, sondern lediglich sich den Umständen nach als solche darstellen.
Du siehst, mit der entsprechenden Interpretation steht da nicht sehr viel anderes drin als in anderen zwangsregelnden Gesetzen, nur sehr gestelzt ausgedrückt.
Es bleibt aber zu hoffen, dass die Damen und Herren im Reichstagsgebäude sich bald mal einig sind, ein zeitgemäßes Erscheinungsbild auf Bundesebene zu schaffen.
Ich hoffe, Deine Frage halbwegs verständlich beantwortet und Dir weitergeholfen zu haben. Viel Erfolg bei der Bachelorarbeitet.
Die von Dir gesuchte Rechtsgrundlage ist der § 10 I Nr. 1 UZwG. 'Unmittelbar bevorstehend' bzw. 'Fortsetzung von...' umschreibt die Gegenwärtigkeit, die Einordnung der Tat den Umständen nach als 'Verbrechen' oder 'Vergehen unter Mitführen von...' die Erheblichkeit.
Die Tat muss nicht strafrechtlich geprüft real vorliegen, sondern lediglich sich den Umständen nach als solche darstellen.
Du siehst, mit der entsprechenden Interpretation steht da nicht sehr viel anderes drin als in anderen zwangsregelnden Gesetzen, nur sehr gestelzt ausgedrückt.
Es bleibt aber zu hoffen, dass die Damen und Herren im Reichstagsgebäude sich bald mal einig sind, ein zeitgemäßes Erscheinungsbild auf Bundesebene zu schaffen.
Ich hoffe, Deine Frage halbwegs verständlich beantwortet und Dir weitergeholfen zu haben. Viel Erfolg bei der Bachelorarbeitet.
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Re: Schusswaffengebrauch durch Bundespolizeibehörden
Für NRW war das auch nicht immer so, sondern wurde durch eine Novelle des PolG 2010 eingeführt.
Wobei ich ehrlicherweise sage, dass das in den wenigen Einzelfällen landesweit juristisch funktioniert hat und vermutlich moralisch für mich persönlich auch funktioniert hätte.
Wobei ich ehrlicherweise sage, dass das in den wenigen Einzelfällen landesweit juristisch funktioniert hat und vermutlich moralisch für mich persönlich auch funktioniert hätte.

Re: Schusswaffengebrauch durch Bundespolizeibehörden
Danke euch für die schnellen Antworten.
Nur damit ich das jetzt richtig verstehe: Man geht praktisch bei z.B. einem Messerangriff davon aus dass dies ein Verbrechen ist, das unmittelbar bevorsteht, wenn man damit auf die Person einwirkt und damit ist der Tatbestand erfüllt ? Das klingt ja wirklich sehr kompliziert.RafaelGomez hat geschrieben: ↑Do 9. Nov 2023, 20:59Nun, Du hast schon die richtige Fundstelle und gleichzeitig den Finger in die Wunde des ziemlich aus der Zeit gefallenen UZwG gelegt.
Die von Dir gesuchte Rechtsgrundlage ist der § 10 I Nr. 1 UZwG. 'Unmittelbar bevorstehend' bzw. 'Fortsetzung von...' umschreibt die Gegenwärtigkeit, die Einordnung der Tat den Umständen nach als 'Verbrechen' oder 'Vergehen unter Mitführen von...' die Erheblichkeit.
Die Tat muss nicht strafrechtlich geprüft real vorliegen, sondern lediglich sich den Umständen nach als solche darstellen.
Du siehst, mit der entsprechenden Interpretation steht da nicht sehr viel anderes drin als in anderen zwangsregelnden Gesetzen, nur sehr gestelzt ausgedrückt.
Re: Schusswaffengebrauch durch Bundespolizeibehörden
Zumindest für meine Behörde stellt es sich allerdings als Vorteil dar, den Schusswaffengebrauch mittels Polizeigesetz zu rechtfertigen und nur bei Unvereinbarkeit mit diesem, auf Notwehr/-hilfe abzustellen. Stichwort Regress.Kaeptn_Chaos hat geschrieben: ↑Do 9. Nov 2023, 21:58Wobei ich ehrlicherweise sage, dass das in den wenigen Einzelfällen landesweit juristisch funktioniert hat und vermutlich moralisch für mich persönlich auch funktioniert hätte.
Das kann sich allerdings wie beispielsweise der Behördenrechtsschutz von Dienstherr zu Dienstherr unterscheiden.
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Re: Schusswaffengebrauch durch Bundespolizeibehörden
Sowohl vorher, als auch nachher entschied das letztlich die StA, worauf sie die Rechtfertigung stützte - trotz jahrelanger Diskussion, dass PolG besser für den Schützen wäre.

Re: Schusswaffengebrauch durch Bundespolizeibehörden
Da ich diesen Weg in meiner Behörde nicht miterlebt habe: Wie konnte die Staatsanwaltschaft denn entscheiden, worauf sich die Rechtfertigung stützte, wenn es zuvor im Polizeigesetz nicht normiert war? Hat man den Schusswaffengebrauch als ungeschriebene Befugnis abgeleitet?
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Re: Schusswaffengebrauch durch Bundespolizeibehörden
Der Weg über die Eilzuständigkeit ist doch sicher auch eine Möglichkeit.
Eine gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben, die einen Schusswaffengebrauch rechtfertigt, ist mit Sicherheit eine gegenwärtige erhebliche Gefahr, die es abzuwehren gilt. In diesem Fall würden die Vollzugsbeamten des Bundes die gleichen Befugnisse wie die Landespolizisten haben. Das schließt auch die Befugnisse des unmittelbaren Zwangs und des Schusswaffengebrauchs mit ein.
Eine gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben, die einen Schusswaffengebrauch rechtfertigt, ist mit Sicherheit eine gegenwärtige erhebliche Gefahr, die es abzuwehren gilt. In diesem Fall würden die Vollzugsbeamten des Bundes die gleichen Befugnisse wie die Landespolizisten haben. Das schließt auch die Befugnisse des unmittelbaren Zwangs und des Schusswaffengebrauchs mit ein.
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Re: Schusswaffengebrauch durch Bundespolizeibehörden
Es ist richtig, dass Du bei der Eilzuständigkeit auf das jeweilige Landespolizeigesetz zurückgreifst. Du kannst aber nicht aus Gründen der Bequemlichkeit mal schnell diesen Weg gehen. Wenn Du zuständig bist, bist Du zuständig und musst bei der eigenen Rechtsgrundlage bleiben und diese begründen.Grenzaufsicht hat geschrieben: ↑Fr 10. Nov 2023, 18:22Der Weg über die Eilzuständigkeit ist doch sicher auch eine Möglichkeit.
Eine gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben, die einen Schusswaffengebrauch rechtfertigt, ist mit Sicherheit eine gegenwärtige erhebliche Gefahr, die es abzuwehren gilt. In diesem Fall würden die Vollzugsbeamten des Bundes die gleichen Befugnisse wie die Landespolizisten haben. Das schließt auch die Befugnisse des unmittelbaren Zwangs und des Schusswaffengebrauchs mit ein.
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Re: Schusswaffengebrauch durch Bundespolizeibehörden
Nö. Um bei Deinem Beispiel zu bleiben (und Messer/Stichwerkzeuge dürfte einen der häufigsten Gründe für den Griff zur Schusswaffe sein) würde ich im Nachgang begründen ‚der TV hat zur Stichbewegung ausgeholt und kam ging schnellen Schrittes auf mich/ den Kollegen / den Zeugen zu. Dies stellte sich aus meiner Sicht wie ein unmittelbar bevorstehender Versuch eines Tötungsdeliktes dar. Dies habe ich durch den Einsatz der Schusswaffe verhindert.‘Olyaf hat geschrieben: ↑Do 9. Nov 2023, 22:03Nur damit ich das jetzt richtig verstehe: Man geht praktisch bei z.B. einem Messerangriff davon aus dass dies ein Verbrechen ist, das unmittelbar bevorsteht, wenn man damit auf die Person einwirkt und damit ist der Tatbestand erfüllt ? Das klingt ja wirklich sehr kompliziert.
Wenn jetzt hinterher jemand den Angriff zur gefKV runterstuft ändert das ja nichts an meinem verwaltungsrechtlichen Eindruck zum Ereigniszeitpunkt. Ich hab meinen Frieden damit gemacht und brauchte diese Argumentation noch nicht. Aber dem Buchstaben des Bundes-UZwG ist Genüge getan, denk ich. Und wenn nicht, fängt 32 StGB mich auf.
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