Lebensentwürfe dürfen sich ändern

Fachliche Diskussionen zum Themenbereich Dienstrecht

Moderator: Oeli

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Lebensentwürfe dürfen sich ändern

Beitragvon Controller » Do 8. Jul 2021, 19:17

Ich denke, es ist an der Zeit die Rückzahlung der bislang geflossenen Dienstbezüge abzuschaffen, wenn sich ein Lebensentwurf mal ändert!

https://amp.welt.de/politik/deutschland ... rsuch.html

Was dem einen recht, ist dem anderen billig !
Regeln sind wie Donuts, sie haben Löcher.
Und darin lebt der Ermessensspielraum. :mrgreen: :zunge:

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Re: Lebensentwürfe dürfen sich ändern

Beitragvon Kulinka » Do 8. Jul 2021, 21:54

Hallo Controller,

nun, ein Anwärter geht eine dementsprechende vertragliche Verpflichtung ein. Ein Stipendiat tut das in aller Regel – sowie ganz konkret in dem von Dir vorgestellten Fall – nicht. Die Gleichsetzung ist daher mMn nicht plausibel.

Viele Grüße
Kulinka

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Re: Lebensentwürfe dürfen sich ändern

Beitragvon Controller » Do 8. Jul 2021, 22:01

Welcher Vertrag?
Das ist nicht plausibel; es dreht sich auch nicht unbedingt um diese Personalie, sondern darum, dass sich ein Lebensentwurf vollkommen richtiger Weise auch mal ändern kann.

Und da ist der Beamte mehrfach geknebelt.
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Re: Lebensentwürfe dürfen sich ändern

Beitragvon Kulinka » Do 8. Jul 2021, 22:37

Hallo Controller,

Vertrag, Verpflichtung, Vorschrift, wie auch immer. Worauf Du abhebst, ist doch der Umstand, dass zum Beispiel PVB, die innerhalb einer gewissen Frist während oder nach ihrer Ausbildung den Dienst quittieren, zur Rückzahlung ihrer bisherigen Dienstbezüge herangezogen werden. Dem liegt aber nun eine klare Verabredung zugrunde, die Betreffenden wissen das vor dem Eingehen des Ausbildungs-/Dienstverhältnisses und verpflichten sich dazu. Anders gelagert ist der Fall eben bei Stipendiaten. Die verpflichten sich gewöhnlich zu nichts, auch zu keiner Rückzahlung.

Ob und inwiefern Beamte nun darum geknebelt sind? Nach einer gewissen Weile können sie doch jederzeit den Dienst quittieren, ohne dass Rückzahlungsforderungen erhoben werden.

Oder irre ich grundsätzlich irgendwie in der Auffassung Deines Beitrages?

Viele Grüße
Kulinka

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Re: Lebensentwürfe dürfen sich ändern

Beitragvon Controller » Do 8. Jul 2021, 22:43

Nein, du irrst nicht, deshalb finde ich diese "Verabredung" oder wie auch immer, unzeitgemäß und bin dafür sie abzuschaffen,
genau wie es in anderen Bereichen halt auch ist.
Das schrieb ich im ersten Beitrag :polizei1:
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Re: Lebensentwürfe dürfen sich ändern

Beitragvon Kulinka » Do 8. Jul 2021, 22:48

Hallo Controller,

aha. Na, dann finde ich einfach nur den Vergleich schlecht gewählt, um eine solche Debatte anzustoßen. Aber das ist ja Geschmackssache. :polizei1:

Viele Grüße
Kulinka

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Re: Lebensentwürfe dürfen sich ändern

Beitragvon Controller » Do 8. Jul 2021, 23:06

ich habe nicht verglichen; mir gefällt der Leitsatz/Begründung.
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Re: Lebensentwürfe dürfen sich ändern

Beitragvon Kulinka » Do 8. Jul 2021, 23:56

Hallo Controller,

mir gefallen Konsequenz, Treue zur eigenen Entscheidung/Verpflichtung und nachhaltiger Ehrgeiz insbesondere bei angehenden und frischgebackenen Gesetzeshütern besser. Bei Stipendiaten geht es mir, auch wenn deren Verpflichtung eher ideeller Natur ist, im Grunde nicht anders. Aber wie gesagt: Geschmackssache.

Viele Grüße
Kulinka

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Re: Lebensentwürfe dürfen sich ändern

Beitragvon Controller » Fr 9. Jul 2021, 00:05

Jupp, mir imponiert mächtig, wenn jemand erkennt, dass der Beruf dann doch nichts für ihn ist und die Reißleine zieht.
Pvb ist, wie manch anderer auch, halt nicht für jeden und manchmal muss man dann den Stecker ziehen und sich bekennen.
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Re: Lebensentwürfe dürfen sich ändern

Beitragvon Kulinka » Fr 9. Jul 2021, 02:12

Hallo Controller,

ja, da spricht in der Regel aber doch auch gar nichts gegen. Es ist nur eben wie Du selbst sagst wie mit so manch anderen Berufen auch. Mann muss ihnen eine echte Chance geben, sie zu mögen. Viele Berufe haben Schattenseiten, die dem Anfänger und mitunter sogar dem Fortgeschrittenen inakzeptabel erscheinen. Der Abbruch einer Ausbildung/ein sofortiges Ausschlagen des Berufsweges nach Abschluss ist da natürlich eine einfache Lösung. Vielleicht aber zu einfach?

Die im Polizeivollzugsdienst der Bundesländer gültigen Fristen binden einen auch nicht fürs Leben. Bewahren einen aber vielleicht vor Ad-hoc-Entscheidungen, weil man einfach noch nicht die eventuell ideale eigene Positionierung innerhalb des erwählten Berufsbildes gefunden hat.

Viele Grüße
Kulinka

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Re: Lebensentwürfe dürfen sich ändern

Beitragvon Tylor » Fr 9. Jul 2021, 13:38

Die finanzielle Gängelung des Abbrechers oder vor Verpflichtungszeitende Kündigenden hat sicher nichts mit Errichtung einer Hürde zum Zwecke der Selbstreflexion zu tun, es geht ausschließlich um die Ausbildungs- und Unterbringungskosten. Aber wie du ausführtest, der Stipendiat hat keine rechtliche Bringschuld, der Beamtenanwärter eben schon. Im Übrigen wird letzterem ja durchaus ein kleiner Teil für lau überlassen, in Bayern ist nur der EUR 400 monatlich übersteigende Teil zurückzuzahlen, beim Bund der EUR 650 übersteigende.

Die Doktorandenförderung aus dem Füllhorn des Staates mit dem Ziel der Elitenbildung ist über die Jahrzehnte ja durchaus auch kritisch beäugt worden. Unter Brandt wurde sie eingeführt, unter Schmidt abgeschafft und unter Kohl wieder reaktiviert.

In 2019 hat Martin Eberhardt "Die Verfassungsmäßigkeit der Rückforderung von Anwärterbezügen" in Der Öffentliche Dienst, pp. 62-65, beleuchtet. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Gewährung von Bezügen unter Auflagen bei Anwärtern, die im Rahmen ihres Vorbereitungsdienstes ein Studium absolvieren, gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, es für die Ungleichbehandlung keinen Rechtfertigungsgrund gäbe und diese mithin rechtswidrig sei. Dagegen im selben Heft, pp. 262-271, eine Replik von Eike Ziekow (RDir an der Hochschule des Bundes), der weder einen Verstoß gegen Art 3 Abs. 1 GG erkennt, noch eine Beschneidung der Arbeitnehmerfreizügigkeit gem. Art 45 AEUV. Ebensowenig teilt er Eberhardts Ansicht, dass eine Mindestverpflichtungszeit einer überholten Anschauung entspreche, nach der Beamte dem Staat über die Ausbildung hinaus verpflichtet sein sollten.

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Re: Lebensentwürfe dürfen sich ändern

Beitragvon Kulinka » Sa 10. Jul 2021, 02:14

Hallo Tylor,

danke für Deinen starken und interessanten Beitrag. :zustimm:

Viele Grüße
Kulinka

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Re: Lebensentwürfe dürfen sich ändern

Beitragvon Jack Bauer » Di 13. Jul 2021, 09:06

Ich weiß ja nicht, wie das hetzutage so ist, aber in meiner Ausbildungszeit bestanden die 1600 DM Ausbildungsvergütung zu einem Teil von 300 DM aus einer Ausbildungszulage. Im Falle eines Abbruchs der Aubildung konnten diese 300 DM zurückgefordert werden.

Hat man jetzt aber seine Ausbildung eben aus Gründen des veränderten Lebensentwurf einvernehmlich abgebrochen, hat da nie einer was zurückgefordert. Es war eine "Kann"-Bestimmtung. Ist das heute anders?


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