Motorradhelm ohne geschlossenen Kinnriemen, Owi?

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Motorradhelm ohne geschlossenen Kinnriemen, Owi?

Beitragvon SEKone » Sa 7. Mai 2022, 20:56

Guten Abend,

kurze Frage in die Runde, wo ich bis jetzt noch keine Antwort zu gefunden habe. In wie weit ist das ahnbar, wenn ich einen Motorradfahrer anhalte, der zwar einen geeigneten Motorradhelm trägt, aber den Kinnriemen nicht arretiert hat und somit die Schutzwirkung entfällt? Bezieht sich die Geeignetheit aus dem §21a (2) StVO u.a. auch auf die Arretierung des Kinnriemens? Habe dazu keine Rechtssprechung gefunden und stelle mir die Frage, ob und wie man so etwas ahnden kann.

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Re: Motorradhelm ohne geschlossenen Kinnriemen, Owi?

Beitragvon Brot » Sa 7. Mai 2022, 21:56

Ich würde ein Tragen ohne geschossenen Kinnriemen (unsachgemäßes Helmtragen) als Verstoß ahnden. Im Falle eines Unfalles geht die Schutzwirkung gegen 0, da sich der Helm vom Kopf lösen wird.

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Re: Motorradhelm ohne geschlossenen Kinnriemen, Owi?

Beitragvon 1957 » Sa 7. Mai 2022, 21:57

Also ich habe das immer so gemacht. Urteile habe ich auch nicht gefunden.

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Re: Motorradhelm ohne geschlossenen Kinnriemen, Owi?

Beitragvon Swiftie13 » So 8. Mai 2022, 18:15

Also in der Ausbildung wird beigebracht, dass ein offener Kinnriemen als "nicht getragen" geahndet wird.

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Re: Motorradhelm ohne geschlossenen Kinnriemen, Owi?

Beitragvon Challenger » So 8. Mai 2022, 23:50

SEKone hat geschrieben:
Sa 7. Mai 2022, 20:56
Bezieht sich die Geeignetheit aus dem §21a (2) StVO u.a. auch auf die Arretierung des Kinnriemens?
Meiner Ansicht nach klar ja: die „Geeignetheit“ bezieht sich ja auf eine geeignete Schutzwirkung, um schwere Unfallfolgen zu vermeiden. Diese ist bei offenem Kinnriemen kausal nicht mehr gegeben.
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Re: Motorradhelm ohne geschlossenen Kinnriemen, Owi?

Beitragvon Tylor » Di 10. Mai 2022, 21:13

Dem Kinnriemen hat sich PHK Helmut Kreutel (Karlsruhe) in einer Abhandlung im Jahre 1986 gewidmet:
"Schutzhelmtragepflicht für Kradfahrer," Deutsches Autorecht, 55 (2), 1986, S. 38-44.

"5. Um seine Schutzwirkung entfalten zu können, muß der Helm beim Verkehersunfall lagegerecht auf dem Kopf verbleiben, d.h. er darf sich nicht verschieben oder gar abschleudern. Entscheidend dafür ist der Formschluß zwischen Helm und Kopf, der durch den Kinnriemen hergestellt wird. Bei einer Reihe von Unfällen wurde festgestellt, daß der Helmschutz wegen eines nicht ordnungsgemäß oder überhaupt nicht verschlossenen Kinnriemens in der entscheidenden Unfallphase nicht mehr gegeben war (siehe hierzu Schmidt/Schuler in DAR, 82, 312). Ein so getragener Helm entspricht nicht dem Schutzzweck des § 21a (2) StVO und gilt somit in rechtlichem Sinne als nicht getragen (OWi gem. § 49 Abs. 1 Nr. 20a StVO). Analog kann die Rechtsprechung zum Sicherheitsgurt herangezogen werden. Er muß so angelegt werden, daß er seine Rückhaltefunktion erfüllen kann. Wird er nicht bestimmungsgemäß getragen, liegt ein Verstoß gegen § 21a Abs. 1 StVO vor (NJW 85, Heft 30, vi)."

Dieser Auffassung haben sich die Gerichte seitdem angeschlossen, z.B. VG Freiburg, 6 K 2929/14 v. 29.10.2015:
"Der Helm muss geeignet sein, Kopfverletzungen bei Krad-Unfällen erheblich zu mindern und dementsprechend (mit geschlossenem Kinnriemen) getragen werden."

https://openjur.de/u/867783.html

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Re: Motorradhelm ohne geschlossenen Kinnriemen, Owi?

Beitragvon SEKone » Sa 21. Mai 2022, 15:42

Danke euch.
Bei einem geschlossenen, aber nicht ordnungsgemäß angeletem Dreipunktgurt stellt sich nicht die Frage nach der Ahnbarkeit. Aber ist ein gutes Beispiel, um es analog auf dem Helm zu übertragen.

Danke für die Info, Tylor! :zustimm:


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