Funktionalität von Trainingssystemen

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Re: Funktionalität von Trainingssystemen

Beitragvon Trooper » Do 26. Dez 2013, 22:29

Was mir gerade noch eingefallen ist...
Das fängt schon bei der Einsicht an, dass ich gegen einen bewaffneten Aggressor eigentlich nur Chancen habe, wen ich selber bewaffnet bin. Dafür muss ich wiederum mal trainiert haben, mit einer Waffe - welcher Art auch immer - umzugehen.
Jein. Wenn du das Ganze über eigene Bewaffnung aufziehst, setzst du voraus, daß der Anwender selber entsprechende Hardware mit sich rumschleppt. Das scheidet für Zivilisten in Deutschland in aller Regel schon aufgrund der restriktiven Rechtslage aus, von den Alltagserwägungen und Bequemlichkeit der meisten Leute mal gar nicht zu reden. Oder hast du in deiner Freizeit 'nen Schlagstock in der Hosentasche? Und was die Polizei angeht... bewaffnete Angriffe werden in aller Regel mit Einsatzmitteln beantwortet, die nicht in irgendwelchen FMA-Stilen zu finden sind, namentlich mit der Schußwaffe.

Ich will damit gar nix gegen persönliche Bewaffnung für Privatbürger (soweit rechtlich zulässig) sagen; ich schleppe selber auch meistens irgendwelches Zeugs in meiner Freizeit mit mir rum (Pfeffer, Palmstick usw.). Aber ich tue das nicht, weil ich davon ausgehe, daß mir das bei einem bewaffneten Angreifer großartig weiterhelfen wird, sondern weil es ein "force multiplier" im Rahmen einer ansonsten unbewaffneten Auseinandersetzung sein kann.

Es gibt im übrigen hervorragende Trainingsprogramme, die sich mit der Abwehr bewaffneter Angriffe beschäftigen, ohne einem expliziten Waffenkampfsystem zu entstammen. Ich bin vor einiger Zeit über das "Red Zone"-Programm von Jerry Wetzel gestolpert und halte das für sehr innovativ, durchdacht und äußerst brauchbar.
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Re: Funktionalität von Trainingssystemen

Beitragvon police2009 » Fr 27. Dez 2013, 21:34

Also ich mache seit 7 Jahren Thai-Boxen und bin damit super zufrieden...Mein Trainer ist auch ein Verfechter von "je mehr Sparring desto besser"...natürlich trainiert man zwischendurch auch Technik und Kondition. Aber ich muss sagen, dass man die besten Erfolge erzielt, indem man mit einem Trainingspartner ( dieser sollte nach Möglichkeit besser sein ) Sparring macht. Zusätzlich habe ich vor zwei Jahren mit Krav Maga angefangen, um bestimmte Griffe und Techniken zu erlernen...bis jetzt bin ich zufrieden.

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Re: Funktionalität von Trainingssystemen

Beitragvon Muaythai » Mo 30. Dez 2013, 15:59

Ich kann nur als Privatmann sprechen:

Auf der Straße ist es nicht sinnvoll, wenn man anfängt zu ringen! Es kann immer jmd. aus dem Hintergrund kommen und einen mit Tritten bearbeiten.

Bei mehreren Gegnern heißt es: immer in Bewegung bleiben und schnelle Kombinationen schlagen mit den Fäusten und auch Tritte (lowkicks, frontkicks,).

Muay Thai und/oder Boxen und ein paar SV-Techniken sollten reichen!

Das Wichtigste ist die Praxis (Sparrings), es bringt nichts irgendwelche Situationen ala Wing Tzun zu trainieren. Die beste Erfahrung macht man in den Sparrings (Distanzgefühl, Reflexe, Deckung, Nehmerqualität).

Speed Kills sagte mal ein berühmter Boxer

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Re: Funktionalität von Trainingssystemen

Beitragvon Timmey! » Mo 30. Dez 2013, 16:18

Für Polizisten ist aber nun mal das Festlegen das grundsätzliche Ziel.

Und für Zivilisten gilt folgendes:
Wenn möglich sollte man versuchen, im Stand zu bleiben und eine gewisse Distanz zu wahren.

Bisher sind aber alle Hauereien, die ich im Dienst erlebt habe, irgendwann zu Boden gegangen. Und sei es nur der gute alte Schwitzkasten.
Wenn man nur Standup trainiert hat und nie den Clinch, ist einem auch nicht geholfen.
Ein gewisses Verständnis für den Boden/Clinch sowie eine grundsätzliche Takedownabwehr gehört zu einer vernünftigen SV Ausbildung einfach dazu, egal, ob es sinnvoll ist, zu Boden zu gehen oder nicht.

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Re: Funktionalität von Trainingssystemen

Beitragvon der kanadier » Mo 30. Dez 2013, 16:30

Wie bereits gesagt, viele dienstliche Rangeleien enden nunmal auf dem Boden. Und da sind Grappling/ Ringerfähigkeiten hilfreich.

Als Privatperson ist auf den Boden gehen eher hinderlich, da würde ich nach Möglichkeit den schnellen Abgang bevorzugen.

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Re: Funktionalität von Trainingssystemen

Beitragvon Trooper » Mo 30. Dez 2013, 17:06

Auf der Straße ist es nicht sinnvoll, wenn man anfängt zu ringen!
Und in einer Debatte ist es nicht sinnvoll, Pauschalaussagen zu verwenden ;D

Kann ja sein, daß die Umstände, dein Gegner oder dein individuelles taktisches Ziel dir eine bestimmte (unangenehme) Distanz aufzwingen. Oder so.
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Re: Funktionalität von Trainingssystemen

Beitragvon police2009 » Mo 30. Dez 2013, 17:36

Was spricht dagegen, dass polizeiliche Gegenüber mit einer schnellen Kombination von den Füßen zu holen und anschließend mit dem einen oder anderen Hebel weiterzuarbeiten...

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Re: Funktionalität von Trainingssystemen

Beitragvon Timmey! » Mo 30. Dez 2013, 18:24

Willst du jede Art von Zwang mit einer Kombination beenden? Na denn gute Nacht.
Klar gibt es Situationen, in denen mal eine gezielte Faust ins Gesicht zielführend ist, die meisten Zwangsanwendungen lassen sich aber über bisschen ziehen/greifen lösen.

Gab aber anlässlich des Faustschlages in einer Münchener Zelle eine seitenlange Diskussion über einen gezielten Faustschlag ins Gesicht. Da sind eigentlich alle Argumente aufgeführt.

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Re: Funktionalität von Trainingssystemen

Beitragvon police2009 » Mo 30. Dez 2013, 18:32

Von mir aus, wenn der Angriff somit abgewendet werden kann warum nicht...auf jeden Fall besser als bei jedem Widerstand auf dem Boden zu liegen und dann noch mit soviel Kramm an der Koppel...

Ist der gezielte Faustschlag kein geeignetes Mittel um einen Angriff abzuwehren?

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Re: Funktionalität von Trainingssystemen

Beitragvon Timmey! » Mo 30. Dez 2013, 18:43

Ich rede hier nicht nur von Notwehrsituationen bzw. Angriffen auf meine Person.
Gibt noch diverse andere Situationen, wo man Zwang anwendet.

Beispiel:
Person soll durchsucht werden. Pöbelt rum und verweigert die Durchsuchung. Ich drohe Zwang an.
Und den soll ich jetzt mit ner Kombination umbolzen?
Oder der Sicherer zieht ihn von hinten mit Kopfsteuerung runter und er wird fixiert.

Hab bisher die Erfahrung gemacht, dass die Unterbindung von Angriffen auf mich (wo man gerne nen Faustschlag o. ä. einsetzen kann) nur einen sehr kleinen Teil der Zwangsanwendungen ausmacht.
Und wenn ich jedes Mal, wenn jemand unkooperativ ist, ihn mit Kombinationen von den Füßen hole, sitze ich mal ganz schnell zur Blaulichtbestrahlung bei meinem DGL aufm Schoß

Edit: Ach ja, und bezüglich des "am Boden mit Kram am Gürtel": Wenn ich mich im Dienst rolle, endet es immer für mein Gegenüber auf dem Boden. Heißt zwangsläufig, dass ich auch in irgendeiner Form am Boden/abgekniet bin.

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Re: Funktionalität von Trainingssystemen

Beitragvon Muaythai » Di 31. Dez 2013, 08:24

Es geht mir nur darum, dass man sich angemessen verteidigt. Habe im Netz schon Videos gesehen, wo Polizeibeamte mit Fäusten angegriffen worden sind und dabei nicht so gut aussahen.

Und hier noch ein Beispiel am Boden:

http://www.wz-newsline.de/lokales/moenc ... -1.1103084

"Doch der vorbestrafte junge Mann riss sich los und trat dem 42-Jährigen aus vollem Lauf ins Gesicht."

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Re: Funktionalität von Trainingssystemen

Beitragvon Trooper » Di 31. Dez 2013, 09:02

Im Prinzip hast du ja nicht unrecht, aber zu dem taktischen Kontext, innerhalb dessen wir als Polizei operieren, gehört es nunmal dazu, daß man sich regelmäßig auf Clinch und Boden einlassen muß.

Letztlich ist das allerdings für das Thema des Threads ziemlich unerheblich, weil es mir bei meinem Eingangsbeitrag gerade nicht darum ging, irgendwelche isolierten polizeilichen oder nichtpolizeilichen Einzelszenarien zu wälzen.

Ich möchte vielmehr mal über kontextübergreifende (!!) funktionale Trainingsmethodik reden... und womöglich dem einen oder anderen Einsteiger die Idee nahebringen, daß man die Inhalte eines Trainingsprogramms, für die man (mehr oder weniger) viel Geld bezahlt, durchaus mal kritisch hinterfragen sollte. Und zwar nicht bloß anhand von Kriterien wie "Je mehr Special Forces, desto besser" oder "Mein Trainer sagt, für die Straße taugt nur dies und jenes", sondern vor dem Hintergrund, daß physisches Konfliktverhalten sportwissenschaftlich darstellbar und nach objektiven Maßstäben bewertbar ist.

Jeder Koch, Maurer, Kfz-Mechaniker usw. wird von seinen Kritikern (richtigerweise) danach bewertet, was am Ende hinten rauskommt. Nur im Bereich des Trainings für körperliche Auseinandersetzungen ist es vielfach gängige Praxis, sich (teilweise über lange Zeiträume) einer bestimmten, vom Anbieter verkauften Methode zu verschreiben, ohne mal kritisch zu überprüfen, ob das Produkt die Versprechungen denn auch objektiv und nachprüfbar einhält...
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Re: Funktionalität von Trainingssystemen

Beitragvon Kensei » Di 31. Dez 2013, 09:05

Bevor jetzt hier die ellenlange "was-wäre-wenn-und-aber"-Diskussion vom Zaun gebrochen wird, nochmal die beiden letzten Aussagen von Trooper zu gemüte führen :polizei2:
Trooper hat geschrieben:...Und in einer Debatte ist es nicht sinnvoll, Pauschalaussagen zu verwenden ;D
Kann ja sein, daß die Umstände, dein Gegner oder dein individuelles taktisches Ziel dir eine bestimmte (unangenehme) Distanz aufzwingen...
Es könnte theoretisch immer alles mögliche passieren... das Gegenüber könnte auch ein Messer ziehen, so dass sich der PVB mittels SWG erwehren müsste. Also lieber mehr schießen üben anstatt Muay Thai? :polizei4:

Die Frage ist doch, wie wahrscheinlich es ist, dass du in Situationen gerätst, in denen das Gegenüber mit Schlägen und Tritten "umgebolzt" werden muss. Und dass das eher die Ausnahme als die Regel ist, und die meisten Lagen mittels einfacher Festlegetechniken bereinigt werden können, wurde ja schon an unterschiedlicher Stelle betont.
Dementsprechend würde ich persönlich auch das Training für den PVB gestalten, und da stände Muay Thai jetzt nicht ganz oben auf meiner Prioritätenliste... :)
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Re: Funktionalität von Trainingssystemen

Beitragvon Trooper » Di 31. Dez 2013, 09:19

Wobei eine ordentliche Boxbasis ja prinzipiell nie verkehrt ist... ;D
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Re: Funktionalität von Trainingssystemen

Beitragvon police2009 » Di 31. Dez 2013, 10:38

Ich rede natürlich nicht von Widerständen in Form von sperren etc....hier reichen ggf. einfache Hebeltechniken aus.

Ich rede von Widerständen wo, dass Gegenüber die Polizei "platt" machen möchte!!!

Denke kommt auch darauf an in was für einem Bereich man Dienst macht...und in dem Wachbereich wo ich Dienst versehe ist es eben sehr wahrscheinlich an so eine Klientel zu geraten...

Klar hilft einem Clinchen wenn man auf den Boden oder so fällt...ich möchte es aber erst gar nicht darauf ankommen lassen.


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