Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Fachliche Diskussionen zum Themenbereich Polizeirecht

Moderator: schutzmann_schneidig

Gast

Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon Gast » Mi 13. Nov 2013, 23:25

Die Versicherungsregelung der Behörde ist mir schon bekannt. Aber wenn dem bei einem Unfall was passiert, wird sicherlich geprüft, warum der im Streifenwagen war. Und da wird es schwierig, wenn ich sage: Der war zu betrunken um alleine nach Hause zu laufen. Zu Hause wollte ich ihn dann aber alleine lassen, weil der dafür nüchtern genug war. Für die Zelle war er irgendwie noch nicht betrunken genug. Für mich ein Widerspruch. Wenn der eine Stunde nach der Heimfahrt zu Hause blöd fällt, kann man auch in Erklärungsnöte kommen. Muss am Ende jeder selber entscheiden, aber mir ist das zu riskant.

Hatte aber ehrlich gesagt so einen Fall auch noch nicht.

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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon Beobachter » Do 14. Nov 2013, 00:09

Ich verstehe aus meiner unmaßgeblichen Laiensicht nicht, was so ein Mensch im Polizeigewahrsam zu suchen hat.
Ich halte das auch unterhalb von Koma für einen medizinischen Notfall.
Mir ist hier auch mal einer bei -10 Grad Celsius vor die Füße gepurzelt. Der konnte nicht mehr selbständig stehen, nachdem er auch noch ne Treppe runtergefallen war.
Ich wär nicht auf die Idee gekommen, die 110 zu rufen. Ich hab die Feuerwehr gerufen und 10 min gewartet. Als die kamen, haben sie geschaut, ob er sich am Kopf verletzt hat oder Schmerzen klagt. Hat er nich. Aber, solange er lag, konnte ich nicht entscheiden, ob der gleich einschläft oder bewusstlos wird. Ich glaub nicht, dass die das momentan besser unterscheiden konnten.
Aber sie meinten, sie seien "unzuständig" und riefen die Polizei.
Ich hab das nicht diskutiert, wozu auch - die sind die "Profis".Ich hatte eh nen späten Feierabend und wollte nach Hause.

Kostenpflichtiges Nach-Hause-Fahren?
Da ist doch selten was zu holen. Es sind doch eher arme Leute, die besoffen draußen rumlaufen.
Ich finde die Hamburger Lösung klasse.
"Ich glaube an das Gute im Menschen, rate aber dazu, sich auf das Schlechte in ihm zu verlassen. "
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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon hellbert » Do 14. Nov 2013, 01:09

1957 hat geschrieben:wenn eine ingewahrsamnahme nicht erforderlich ist,spiele ich auch gern "taxi". das ist eine situation, die nur im jeweiligen einzelfall zu bewerten ist.
Das ist für mich nicht in Einklang zu bringen. Wieso soll jemand nach Hause gefahren werden, wenn er nicht hilflos ist? Entweder er kann alleine für sich sorgen und kann sich selbst überlassen werden, oder eben nicht...
1957 hat geschrieben: deine "a9 chauffeure" wären ja auch im boot, wenn der adressat im gewahrsam landet, wobei der personal-, zeit-, arbeits- und kostenaufwand ungleich höher wäre.
Mit dem Unterschied, dass einmal ein erheblicher Grundrechtseingriff vorliegt der eine entsprechende Besoldung verdient. Nach Hause fahren kann jedes Taxi, da braucht man nur eine Personenbeförderungsschein dafür.
1957 hat geschrieben:deine schlussfolgerung im letzen satz ist im übrigen mit der hier diskutierten verfahrensweise überhaupt nicht in einklang zu bringen.
Für mich schon. Denn würden sich die Beamten gegen diese faktische Degradierung wehren, würde es nicht zu solchen exotischen Richterentscheidungen kommen. Aber man lässt es ja mit sich machen...

Und was macht ihr eigentlich in dem Planspiel, wenn eure Gast mitten im Wald, jenseits der Zivilisation bei -10 Grad sagt: "So Leute, ich habe keinen Bock mehr auf euch, lasst mich raus!"

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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon 1957 » Do 14. Nov 2013, 14:37

@beobachter:
die einlieferung betrunkener in ein polizeigewahrsam ist bundesweit allgemein üblich. die kosten einer betrunkenensammelstelle wie z.b. in hamburg, rechnen sich hinsichtlich der quantität der eingelieferten in den meisten behörden nicht.ein polizeigewahrsam ist hingegen fester bestandteil jeder polizeibehörde.
bei uns wird jeder eingelieferte ärztlich untersucht. stellt der arzt gewahrsamsunfähigkeit fest, kommt der aspirant in ein krankenhaus.
ansonsten steht er im polizeigewahrsam unter ständiger beobachtung und wird entlassen, wenn der grad seiner trunkenheit ein vertretbares maß errreicht hat, bzw. der grund der maßnahme entfällt.
außerdem: du würdest dich wundern, wer alles so hin und wieder als "hilo" aufgefunden wird.
"arme" sind natürlich auch dabei


@hellbert
der begriff "hilo" ist weitläufig.das geht von halb tot bis eingeschlafen.es gibt also hinsichtlich der maßnahmen erheblichen spielraum. ich fahr jedenfalls nicht in den einsatz hilo mit dem vorsatz, diesen gleich ins pg einzuliefern. wer sich z.b. nicht ganz sicher im straßenverkehr bewegen kann, muss nicht zwingend in ein pg.

natürlich ist auch die benutzung eines taxis eine option, die in betracht gezogen werden muss. allerdings ist das nicht immer möglich.

über die grundrechtseingriffe brauchen wir in diesem zusammenhang wirklich nicht zu diskutieren.

das ist keine faktische degradierung, sondern eher merkmal für die kompetenz dern einschreitenden kollegen.

im falle deines planspiels wird er halt gegen seinen willen in gewahrsam genommen. das ist doch unproblematisch.
Zuletzt geändert von 1957 am Do 14. Nov 2013, 14:48, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon Mainzelmann2001 » Do 14. Nov 2013, 14:47

Also ich seh das wie 1957. Ist der im Koma, ist er ein Fall fürs Krankenhaus. Macht er Wallung, kommt er ins PG, ist er zugänglich aber nur zugesoffen, versuche ich den nach Hause zu fahren.
Wo ist das Problem.
Warum soll ich den einsperren und Resourcen binden, wenn es auch einfach geht.
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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon krisjugo » Fr 17. Jan 2014, 16:07

DerLima hat geschrieben:Eine Frage der Zielrichtung... In diesem Fall würde ich sagen ist es schon Gewahrsamnahme
Ich würde das bis dahin aber noch als Freiheitsbeschränkung ansehen, da erst mit der richerlichen Anordnung, bzw. der Aufforderung die hilflose Person vorzuführen eine Freiheitsentziehung daraus wird. Rücksprache mit der Richter ist natürlich unverzüglich zu halten, aber bis dahin muss ich ja Sorge dafür tragen, dass die hilflose Person nicht auf die Fahrbahn torkelt, von der Brücke fällt oder erfriert, etc.

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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon 1957 » Fr 17. Jan 2014, 16:16

das wird nicht erst zu einer freiheitsentziehung, wenn ein richter eingeschaltet wird.

bei uns jedenfalls warten wir nicht am einsatzort auf eine richterliche bestätigung. der typ wird eingesackt und ins pg gebracht. dann wird ggf. ein richter konsultiert, der die maßnahme bestätigt oder nicht.


Eine Freiheitsentziehung ist die Unterbringung einer Person gegen ihren Willen oder im Zustande der Willenlosigkeit in einer Justizvollzugsanstalt, einem Haftraum, einer abgeschlossenen Verwahranstalt, einer abgeschlossenen Anstalt der Fürsorge, einer abgeschlossenen Krankenanstalt oder einem abgeschlossenen Teil einer Krankenanstalt.

wobei auch eine unterbringung in einem funkwagen eine sein kann.

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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon krisjugo » Fr 17. Jan 2014, 16:19

Ich versuche bereits an Ort und Stelle einen Richter zu erreichen...dann geht es nämlich ggf. direkt zur zentralen GeSa, wo die Vorführung stattfindet.

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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon Kaeptn_Chaos » Fr 17. Jan 2014, 16:20

Was nicht immer opportun ist.
:lah:

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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon vladdi » Sa 18. Jan 2014, 08:35

Kaeptn_Chaos hat geschrieben:Was nicht immer opportun ist.
Es kommt der Forderung des Gesetzes am nächsten; aber mancher Orts will der Richter eine komplette Akte bzw Schriftlage oder es gibt andere innerbehördliche Abläufe. Bei uns ist es mir nirgendwo bekannt, dass der Streifenbeamte den Richter anruft bzw dass das auf der Straße stattfindet.

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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon Diag » Sa 18. Jan 2014, 09:02

Wie soll das auch funktionieren? Soll ich mit einer verpissten Volleule irgendwo rum stehen, bis die Dienststelle einen Richter an der Strippe hat?

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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon aceveda » Sa 18. Jan 2014, 09:26

Diag hat geschrieben:Wie soll das auch funktionieren? Soll ich mit einer verpissten Volleule irgendwo rum stehen, bis die Dienststelle einen Richter an der Strippe hat?
Naja, bei uns ist der/die BereitschaftsrichterIn von 06:00h bis 21:00h mit eine Handynummer versorgt. Dem Großteil dieser "Entscheidungsträger" genügt eine kurze Sachverhaltsschilderung am Telefon, um die Ingewahrsamnahme "abzunicken".
Es gab aber schon lustige Szenen, in denen sich Frau (Familien-)Richterin die volltrunkene Hilo hat vorführen lassen. Gesagt - getan: Der Kunde brachte keinen verständllichen Satz mehr zu Stande und kotzte der Dame vor die Füße.

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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon Diag » Sa 18. Jan 2014, 10:40

Und den Richter soll ich dann von welchem Telefon aus anrufen?

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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon Controller » Sa 18. Jan 2014, 11:08

Gesagt - getan: Der Kunde brachte keinen verständllichen Satz mehr zu Stande und kotzte der Dame vor die Füße.

joh

und ?? :polizei10:

@ Diag :polizei3: :polizei1:
Regeln sind wie Donuts, sie haben Löcher.
Und darin lebt der Ermessensspielraum. :mrgreen: :zunge:

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Re: Ingewahrsamnahme hilfloser Personen - Richtervorbehalt?

Beitragvon aceveda » Sa 18. Jan 2014, 12:35

Diag hat geschrieben:Und den Richter soll ich dann von welchem Telefon aus anrufen?
Ich kann dir nicht ganz folgen :gruebel:

@ controlletti...

bei dir versuch ich es erst gar nicht... :zeitung:


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