Würger als Zugriffsmittel

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Re: Würger als Zugriffsmittel

Beitragvon DerLima » Di 22. Jul 2014, 10:42

Beobachter: Sie werden gelehrt.
Und eine Wettkampfsituation unterscheidet sich wesentlich von einer polizeilichen Zwangsanwendung.
Bei dem Wettkampf ist es schlussendlich egal, wer gewinnt.
Bei einer polizeilichen Zwangsanwendung liegt eine gegenwärtige Gefahr vor.
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Re: Würger als Zugriffsmittel

Beitragvon Timmey! » Di 22. Jul 2014, 10:57

@Beobachter: Deshalb schrieb ich am Anfang, dass das ganze gezielt gelernt werden muss und dass es eben kein "Ich greif mal nach dem Hals" sein darf.

@vladdi:
vladdi hat geschrieben:Würgetechniken sind für Polizeibeamte verboten.
Hast du für die Aussage einen Beleg?
vladdi hat geschrieben:Das ist in jedem Fall nie Verhältnismäßig im engeren Sinne.
ebenso dafür?

Hintergrund für mich ist folgender:
Bei einer Festnahme versuchte ein Junkie, mich umzuwerfen, indem er meine Beine/meine Hüfte versuchte, zu umklammern und nach hinten zu reissen.
Ich konnte gerade noch nach hinten wegspringen und bin direkt in einem Halswürger (Guillotine) gelandet, mit der ich diesen Angriff abwehren konnte.
Die Alternative wäre mein Knie in seinem Gesicht gewesen.

Beim Würger hat er exakt keinen Schaden genommen (außer dem geknickten Ego). Beim Knie würde sein Gesicht ein wenig verformt gewesen sein.


Insgesamt sehe ich das eher wie Habakuk, dass es einge effektive Technik ist, welcher aber nach außen meistens scheiße aussieht.
@Habakuk: Darf man fragen, was der Vorwurf danach war? Unverhältnismäßigkeit?

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Re: Würger als Zugriffsmittel

Beitragvon Robocop » Di 22. Jul 2014, 11:34

Timmey! hat geschrieben:
Hintergrund für mich ist folgender:
Bei einer Festnahme versuchte ein Junkie, mich umzuwerfen, indem er meine Beine/meine Hüfte versuchte, zu umklammern und nach hinten zu reissen.
Ich konnte gerade noch nach hinten wegspringen und bin direkt in einem Halswürger (Guillotine) gelandet, mit der ich diesen Angriff abwehren konnte.
Die Alternative wäre mein Knie in seinem Gesicht gewesen.

Beim Würger hat er exakt keinen Schaden genommen (außer dem geknickten Ego). Beim Knie würde sein Gesicht ein wenig verformt gewesen sein.
Hier liegt Notwehr vor, da spielt die Verhältnismäßigkeit eh keine Rolle.
Man muss auf der ganzen Klaviatur des Gesetzes spielen können.

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Re: Würger als Zugriffsmittel

Beitragvon Beobachter » Di 22. Jul 2014, 11:59

...dass das ganze gezielt gelernt werden muss und dass es eben kein "Ich greif mal nach dem Hals" sein darf.
Genau diese Position wollte ich mit einem Argument aus ner ganz anderen Richtung stark machen!

@Lima:
Nicht jede "gegenwärtige Gefahr" rechtfertigt jedes Mittel. Genau darum dreht sich die Debatte hier.
Aus rechtlichen Gründen und mit hinlänglicher Judo-Wettkampferfahrung habe ich zu Vorsicht und Training geraten.
Die Situationen haben aus meiner Sicht durchaus Gemeinsamkeiten: Den Wettkämpfern ist es keineswegs egal, wer gewinnt und sie sind gerade gegen Ende der 5 Minuten Wettkampfzeit (oder im Golden Score) im Stress und an der Leistungsgrenze.

Ich habe von Würgetechniken nicht grundsätzlich abgeraten. Sie sind effektiv und sie sehen scheiße aus. Wer das kann und hinterher erklären möchte, was das war bzw. werden sollte, der soll es meinetwegen tun.

Notwehr ist ja nochmal ein anderes Ding.
Hier ging es um Würger als "normales" Zugriffsmittel.
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Re: Würger als Zugriffsmittel

Beitragvon m-j » Di 22. Jul 2014, 12:57

Der Threat-Ersteller spricht auch hier nicht von einem Luftabwürgen, sondern von einem Rear-Naked-Choke.
Beim Rearnakedchoke wird eben nicht die Sauerstoffzufuhr, sondern die Blutzufuhr gedrosselt (Hauptblutversorgung seitlich am Hals).


Ich sehe als geeignetes NOTWEHR Mittel, nicht jedoch als Zugriffstechnik. Ich habe einen befreundeten Mediziner gefragt. Demnach kann der Choke nur dann gefährlich werden, wenn das Gegenüber Blutgerinsel in den entsprechenden Adern hat und diese sich durch die Gewalteinwirkung am Hals lösen würden.(laienhaft ausgedrückt).
In der Stress Situation natürlich auch gefährlich: zu lange die Blutzufuhr zu drosseln .
Gefahren sind also vorhanden, aber bei richtiger Anwendung nicht unverhältnismäßig hoch. Daher als Notwehr Mittel geeignet, als generelle Zugriffstechnik nicht. Vielen Kollegen fehlt aber sicherlich das Training zur richtigen Anwendung.

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Re: Würger als Zugriffsmittel

Beitragvon Kensei » Di 22. Jul 2014, 13:43

Das:
Beobachter hat geschrieben:...Wer das kann und hinterher erklären möchte, was das war bzw. werden sollte...
und das:
m-j hat geschrieben:...Vielen Kollegen fehlt aber sicherlich das Training zur richtigen Anwendung.
Dürften mMn die Hauptargumente gegen Würgegriffe als Zugriffsmittel für den durchschnittlichen Streifenbeamten sein.
Man kann mit solchen Techniken verdammt viel Schaden anrichten, erst recht, wenn sie nicht sicher und unter Stress beherrscht werden.
Selbst im Bereich der SV sensibilisiere ich die Leuten immer wieder dafür, zu welchen "Ergebnissen" Würgetechniken u.U. führen können...
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Re: Würger als Zugriffsmittel

Beitragvon DerLima » Di 22. Jul 2014, 14:38

Ich schrieb auch nicht, dass jede gegenwärtige Gefahr den Einsatz solcher Techniken rechtfertigt.
Ich schrieb, dass im Gegensatz zum Wettkampf eine gegenwärtige Gefahr vorliegt.
DAS ist ein Unterschied.
Im Wettkampf bin ich definitiv darauf bedacht, den anderen nicht zu verletzen.
Bei einer Zwangsanwendung ist das verletzungsfreie Ende der Situation gegenüber dem Ende der Situation nachgeordnet.

Und jetzt nicht wieder mit Verhältnismäßigkeit usw. DAS weiß ich.
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Re: Würger als Zugriffsmittel

Beitragvon Lone Soldier » Di 22. Jul 2014, 14:45

Abgesehen davon, dass man den Würger beherrschen muss:

Der Gewürgte muss auch trainiert sein. Ein Judoka wird wissen, wann Schluss ist und abklopfen, bevor die Lichter ausgehen. Zumindest im Normalfall. Ein zugedröhnter, mit Adrenalin vollgepumpter Straßenschläger wird das u.U. nicht machen. Der wehrt sich so lange, bis er nicht mehr kann. Und das kann bei einem Würger sehr gefährlich sein. Für den normalen polizeilichen Zugriff in meinen Augen ungeeignet.

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Re: Würger als Zugriffsmittel

Beitragvon Timmey! » Di 22. Jul 2014, 14:58

@Lone Soldier: Genau das ist aber Hintergrund des Würgers. Insbesondere vollgepumpte Menschen spricht ein sogenannten Blutwürger an, da er eben nicht auf Schmerzreize/Luftzufuhr basiert.

Bei einem richtig ausgeführten Blutwürger lässt die Gegenwehr innerhalb von Sekunden nach. Dies kann man nutzen, um die Person zu Boden zu bringen und dort weiterarbeiten. Bisher hab ich solche Würger nur bei absolut abgedrehten Personen genutzt, die sonst auf nix mehr angesprochen haben. Und dort habe ich extrem gute Ergebnisse gehabt.

Daher und:
Kensei hat geschrieben:sensibilisiere ich die Leuten immer wieder dafür, zu welchen "Ergebnissen" Würgetechniken u.U. führen können...
bin ich ja auf der Suche nach Quellen/Untersuchungen/Erfahrungen, die dem Gebrauch des Würgers entgegen stehen.

Bisher habe ich aber außer "wird halt nicht gemacht, weil gefährlich" nix wirklich belastbares gefunden.

(Ich weiß, dass der Hals extrem sensibel ist, bin aber nichts desto trotz bisher der Meinung, dass der gezielte Würger ein probates Mittel INSBESONDERE bei vollgedröhnten Kunden ist.)

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Re: Würger als Zugriffsmittel

Beitragvon Beobachter » Di 22. Jul 2014, 15:17

Ich wollt grad was zur "Effizienz" schreiben.
Danke Timmey!
Blutwürger, wenn sie richtig gemacht sind, führen sehr schnell zu einer kurzfristigen Bewusstlosigkeit. Bewusstsein kommt i.d.R. wieder, sobald die Blutzufuhr wieder hergestellt ist.

Das Stichwort Karotissinusreflex sollte man in dem Zusammenhang schon mal gehört haben. Er tritt selten und wohl nur bei hypersensiblen Menschen auf, muss aber im Zuge von Erste-Hilfe-Maßnahmen mit in Betracht gezogen werden, weil er im Gegensatz zur oben beschriebenen "Normalreaktion" mit Atemstillstand oder sogar Herzstillstand einhergehen kann.

Pssst...Lima!
Im Wettkampf isses wie beim Fußball...in erster Linie kommts drauf an, zu gewinnen.
Diese Intention überlagert die "den Gegner nicht zu verletzen" oft deutlich.
Man kämpft, je nach Veranlagung, risikoreich bis regelwidrig. Dann halt so, dass es der Kampfrichter nicht sieht.
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Re: Würger als Zugriffsmittel

Beitragvon der kanadier » Di 22. Jul 2014, 16:35

Wer der englischen Sprache mächtig ist kann hier mal drüber schauen :

http://www.ahpa.com/news-issues/trainin ... -restraint

Force Science ist ein amerikanisches Institut, welches schon diverse Studien u.a zum Thema Wahrnehmung, SChusswaffengebrauch etc gemacht hat.

mfG

PS: Ich finde den Begriff "Würger " hier etwas irre führend. Geh mal davon aus, es ging um hauptsächlich um die Kompression der Carotis und der Jugular Vene, was zur Bewußtlosigkeit führt, nicht um das Unterbinden der Luftzufuhr.

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Re: Würger als Zugriffsmittel

Beitragvon DerLima » Di 22. Jul 2014, 16:51

@Beobachter... Auch das ist mir klar. Aber da gibt es einen Ringrichter, der anwesend ist. Der Ringrichter für die Polizei kommt meist Monate später im schwarzen Gewand daher...
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Re: Würger als Zugriffsmittel

Beitragvon Kensei » Di 22. Jul 2014, 19:49

@Kanadier
Was trotzdem auch als "Würgetechnik" bezeichnet wird. Vielleicht nicht umgangssprachlich, aber unter "Fachleuten" :polizei2:

@Timmey!
Wenn du solche Techniken erfolgreich anwendest, machst du aber mehr in deiner Freizeit als das durchschnittliche Einsatztraining, oder?
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Re: Würger als Zugriffsmittel

Beitragvon hellbert » Di 22. Jul 2014, 20:11

Würgen im Einsatz, also abschneiden der Luftzufuhr über Luftröhre und Kehlkopf sollte man unterlassen. Die Gefahr einer Verletzung ist meiner Meinung nach zu hoch. Abgesehen davon, dass es einfach scheiße aussieht.

Würgen im Sinne von Abschneiden der Blutzufuhr über die Halsarterien halte ich für sinnvoll in den entsprechenden Situationen und eben gerade weil ich damit beim Gegenüber leicht und sicher eine Ohnmacht erzeugen kann als absolut geeignetes Mittel. Dies wird, zumindest im Saarland auch gelehrt und ist vom dortigen Polizeiarzt meines Wissens nach auch abgesegnet.

Dem schmerzunempfindlichen Kämpfer komme ich eben nicht durch Hebel und Schmerz bei. Also "erdrücke" ich ihn schlicht durch massive mehr Kraft was im Regelfall massiv mehr Manpower bedeutet, oder ich mache ihn kampfunfähig.
Bei Ersterem ist meiner Meinung nach das Verletzungsrisiko deutlich höher als bei zweitem, wenn ich einige recht einfache Regeln befolge.

Bei dem Video sieht man zum Beispiel, dass der Beamte beim Ansetzen des Griffs mit dem Unterarm auf dem Kehlkopf aufsetzt. Ob er was dafür kann, ist für mich mehr als fraglich. Man sieht ja, wie groß der Typ ist.
Danach rollt der Typ auch noch eine zeitlang auf dem Boden rum und schreit dabei, was für mich auch eher nach lagebedingtem Erstickungstod aussieht. Aber dreh mal so einen, auf deutsch gesagt, fetten Typen auf die Seite oder in eine Position, wo er Atmen kann. Rein drehen dürfte da schon nicht mehr reichen...

Jede Zugriffstechnik hat eben seine Risiken. Nur bei der "Kopfkontrolle durch Druck auf die Halsarterien" überwiegt der Nutzen und die geringe Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintrittes eindeutig die Risiken.

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Re: Würger als Zugriffsmittel

Beitragvon Timmey! » Di 22. Jul 2014, 20:49

@kanadier: danke für den Link, genau sowas hab ich gesucht. Mal durcharbeiten, mit Schulenglisch dauert das ein bisschen

@kensei: seit ca 8 Jahren Kampfsport, unter anderen MMA, thaiboxen, Krav maga und Bjj. Wobei bei mir der Fokus auf dem Bjj liegt.

@hellbert: luftwürger bzw alles was auf die Atmung geht, sehe ich ebenso als gefährlich an. Luftwürger brauchen aber auch, um zu wirken. Daher stufe ich sie auch als "uninteressant" für den Einsatz für mich ein.


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