Challenger hat geschrieben:
Die schlichte Gewährleistung des Privatrechtsweges ist meines Erachtens nur sekundär zielführend, da ihn sich zum einen nicht jeder (finanziell) leisten kann und zum anderen eine strafrechtliche Bewertung mit folgenden Konsequenzen dazu führen kann, daß solche Anrufe künftig unterbleiben (da unter Strafe gestellt). Der Privatrechtsweg bleibt als zusätzliches Instrument, im Sinne des Schadensersatz, davon unberührt.
Was ist mit Prozeßkostenhilfe?
Ja, den Ansatz der Prävention aufgrund der nun definiert verbotenen Handlung kann ich nachvollziehen, auch wenn er in der globalisierten Moderne mit ihren technischen Möglichkeiten wohl eher eine grundsätzliche Signalwirkung haben dürfte, aber keinen tatsächlich abschreckenden Nutzen. Die Masche ist ja 8 Jahre alt, es dürfte also wohl schon ausgereiftere Methoden geben.
Challenger hat geschrieben:
Ich sehe in dem Urteil eine Stärkung der Rechte von potentiellen Opfern dieser Masche. Denn worum geht es bei solchen 'Anrufen' denn letztendlich: um eine finanzielle Bereicherung durch die Ausnutzung der Naivität von gewissen Menschen.
Ja, und das ist ja eben mein Ansatz: Wieviel Naivität müssen wir (die Gesellschaft) schützen? Den kriminellen Willen streite ich ja keineswegs ab, siehe Eingangspost.
Fundunterschlagung? Strafbar, unstrittig, und auch gut so.
Handwerkertrickbetrug oder seine Spielarten (Glas Wasser, Kripo usw.), wo Leute über das Ohr gehauen werden und durch die Unmittelbarkeit der anwesenden Person (insbesondere ältere Menschen) in einen gewissen Handlungsdruck geraten und sich täuschen lassen oder beklaut werden? Klar, für mich und wohl auch alle anderen unstrittig schutzwürdig und strafbar.
Und genau an diesem Punkt will ich auf den für mich auch nachvollziehbaren Einwurf von Der Lima eingehen:
DerLima hat geschrieben:
Ist es eben bei Betrug nicht im allgemeinen so, dass das Opfer Eigenverantwortlich handelt? Das macht doch einen Betrug aus....
Ja, Oma Paschulke handelt eigenverantwortlich und wird von so einem Assi an der Tür durch geschicktes taktieren unter Druck gesetzt und übers Ohr gehauen. Unstrittiges Arschlochverhalten das man gar nicht genug bestrafen kann.
Controllers Definition, die ich auch grundsätzlich gelungen finde, nämlich,
Controller hat geschrieben:
"Nannystaat" würde nach meiner Definition passen,
wenn nun die Mehrwertnummer generell abgeschaltet werden würden,
denn dann könnte auch der eigentliche Zweck und Nutzen dieser Nummern nicht mehr erfüllt werden.
Das wäre typisch für den "Nannystaat".
scheint mir aber zu kurz für den Begriff gegriffen. Oder setzt mit dem Begriff zu spät an. Wie man den nun definiert, ist ja jetzt die Frage. Oder eben, siehe oben, was sollen wir schützen? Dazu später mehr.
Der BGH hat, und da ist sein Spielraum und seine quasi auch kriminalpolitische und gesellschaftliche Bedeutung, folgende Begründung gegeben:
D....da auf diese Weise nach der
objektiv zu bestimmenden Verkehrsanschauung zum einen
die Erklärung übermittelt wird, der Anrufer habe mit dem
Angerufenen kommunizieren wollen, und zum anderen
die Möglichkeit vorgespiegelt wird, einen Rückruf zu dem
mit dem jeweiligen Netzbetreiber vereinbarten Tarif ohne
darüber hinausgehend Kosten durchführen zu können.
Er, der BGH, sagt da in meinen Augen, vereinfacht gesagt also folgendes:
Wenn bei Dir, homer, das rote Licht am Telefon blinkt, kannste einfach ohne nachzudenken draufdrücken und damit den Rückruf tätigen.
Wenn Dich dann einer dabei betuppst, dann ist das strafbar, Du musst Dir
da keine Gedanken machen, wen oder was oder über welche Nummer Du
da agierst.
Und eben das ist für mich die Nannyjustiz, analog zum Nannystaat. Ich räume es gerne ein, ich bin ein Freund von mehr Eigenverantwortung. Ich würde das auch in vielen anderen Bereichen für förderlicher halten. Und die feine Linie zu finden zwischen "überprotektiv" und "noch schutzwürdig" ist eben auch eine Frage von Überzeugungen. Siehe meinen Eingangspost. (politisch/soziale Einstellung)
Interessant dazu finde ich eben die Definition zum Nannystaat von Controller, weil sie auch seinen Standpunkt verdeutlicht. Er sieht diese Begrifflichkeit eben erst bei einer ganz anderen Handlungskonstellation gesehen, nämlich nicht schon bei einer juristisch obergerichtlichen Definition, sondern erst bei einem allumfassend staatlichen Verbot.
Soweit. Danke für Eure Einwürfe. Insbesondere der Einwand der Prozeßkosten im Zivilrrecht (ich hab das auch schon durch), hat mich lange Nachdenken lassen.