für mein Verständnis geht es um die Nazi Tätertypologie, die sich in der Formulierung verdeutlicht.
Es ist eine Folge davon, dass der BGH /Richter gerade bei dem Merkmal Heimtücke vielfach sehr kreativ formulieren muss (en), um untragbaren Ergebnisse zu vermeiden.
Das Vorgehen der Gerichte ist aus rechtsstaatlichen Gründen äußerst problematisch, weil die Entscheidungen nicht mehr vorhersehbar sind.
Hinzu kommt, dass es keine überzeugende Lösung ist;
die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe zwingend beim Vorliegen bestimmter Merkmale anzuordnen, wie es das Gesetz vorsieht ...und man dann mit eloquenten Klimmzügen Abhilfe schaffen muss.
Man könnte, ähnlich wie beim besonders schweren Fall des Diebstahl die Mordmerkmale als Regelbeispiele ausgestalten.
Damit wäre man in der Lage, nicht zwingend die lebenslange Freiheitsstrafe zu verhängen, wenn eines der Merkmale vorliegt, man könnte es aber.
Oder nur noch eine einfache vorsätzliche Tötung als Grundtatbestand und Privilegierungstatbestände.
Eine weitere Baustelle ist, wenn ich verschiedene Meinungen dazu richtig lese, das Merkmal:
Niedrige Beweggründe
Auch das geht eher in die Richtung der Tätertypenlehre und es entspricht einem freiheitlich-liberalen Strafrechtsverständnis nicht mehr, auf eine genuin sittliche oder moralische Bewertung der Tat oder gar des Täters abzustellen.
Da wird beispielsweise gefordert:
"Vorzuziehen ist es an objektive Momente der Tatbegehung anzuknüpfen statt an subjektive, täterbezogene.
Sofern man unbedingt Kriterien haben möchte, die das Tatunrecht erhöhen, könnte dies eine grausame Tatbegehung oder die Verwendung eines gemeingefährlichen Mittels sein".
Experten schlagen Änderungen am Mordparagrafen vor
Moderator: schutzmann_schneidig
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Re: Experten schlagen Änderungen am Mordparagrafen vor
Regeln sind wie Donuts, sie haben Löcher.
Und darin lebt der Ermessensspielraum.
- Verstorben am 09.08.2021 -
Und darin lebt der Ermessensspielraum.
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Re: Experten schlagen Änderungen am Mordparagrafen vor
Das möchte ich so ungern stehen lassen. Die Mordmerkmale sind nicht auf das Motiv beschränkt, sondern in drei Gruppen unterteilt. Die erste (Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebes, Habgier und niedrige Beweggründe) und die dritte (Ermöglichungsabsicht und Verdeckungsabsicht) kann man gerne als Motive betrachten. Die zweite Gruppe jedoch (Heimtückisch, Grausam und Gemeingefährliche Mittel) sind keine Motive, sondern bestimmte Tatbegehungsweisen. Dies ist z.B. daran zu bemerken, dass nach dem Gesetzestext die gleiche Tat mit winzigen Unterschieden einmal als Totschlag, und einmal als Mord gewertet werden kann. So kann ein Schuss von vorne in die Brust (an anschließenden stundenlangen Überlebenskampf) als Totschlag gewertet werden, während (zumindest nach dem Wortlaut des Gesetzes) ein sofort tödlicher Schuss von hinten ein Mord wäre.springer hat geschrieben: Die Mordmerkmale stellen auf das Motiv ab, und das Motiv als Merkmal der Strafzumessung wird wohl kaum zur Disposition stehen.
Die Mordmerkmale zielen nicht NUR auf die inneren Beweggründe des TÄTERS ab, sondern auf eine besondere Verwerflichkeit der TAT als solches. Das ist meines erachtens nach ein erheblicher Unterschied im Wesen dieses Tatbestandes.
Das Problem ist, dass der Gesetzgeber sich (imho) gedacht hat, dass ein Tatbestand wie der Mord nicht nur mit besonderer Verwerflichkeit begründet werden kann. Im Angesicht der ultimativen Rechtsfolge musste der Paragraph konkreter gestaltet werden. Dies führt nunmehr dazu, dass diese konkreten Mordmerkmale der Realität nicht immer gerecht werden. Eine Tötung kann halt Heimtückisch sein, aber nicht herausragend verwerflich. Die Mordmerkmale müssten einfach "aufgeweicht" werden, damit die Gerichte mehr spielraum bekämen. Indem man z.B. die besondere Verwerflichkeit als wesentliches Tatbestandmerkmal verwendet, und die jetzigen Mordmerkmale zu simplen Regelbeispielen werden. Damit wäre meiner Meinung nach das gesamte Problem gelöst.
Grüße
Ab 4.10.2011 PKA in BB =)
Re: Experten schlagen Änderungen am Mordparagrafen vor
Hier gibt es Inhalte aus dem Gesetzentwurf, den der Justizminister vorlegen will:
Strafrecht: Bundesjustizminister will zwingende lebenslange Haft für Mord abschaffen
Strafrecht: Bundesjustizminister will zwingende lebenslange Haft für Mord abschaffen
Mörder sollen in Deutschland nicht mehr zwingend mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe bestraft werden. Bundesjustizminister Maas will nach SPIEGEL-Informationen einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen.
Re: Experten schlagen Änderungen am Mordparagrafen vor
Halte ich persönlich für völligen Schwachsinn, aber was weiß ich schon ...
Alleine schon diese Formulierung hier
"...durch eine "schwere Beleidigung" ... zum Zorn gereizt" wurde ..."
ist in meinen Augen an juristischem Unvermögen kaum zu überbieten.
Alleine schon diese Formulierung hier
"...durch eine "schwere Beleidigung" ... zum Zorn gereizt" wurde ..."
ist in meinen Augen an juristischem Unvermögen kaum zu überbieten.
Re: Experten schlagen Änderungen am Mordparagrafen vor
Das schreit für mich danach, Ehrenmorde schwächer bestrafen zu dürfen!zambo84 hat geschrieben:"...durch eine "schwere Beleidigung" ... zum Zorn gereizt" wurde ..."
Aber vielleicht ist es auch nur mein Verschwörungstheorie-Syndrom...
-
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Re: Experten schlagen Änderungen am Mordparagrafen vor
Die USA verhängen bereits für mittelschwere oder mehrfach begangene Delikte astronomische Strafen, welche beim hiesigen Beobachter - teils zu Recht - nur Kopfschütteln auslösen können.
Im Gegensatz dazu ist auch im Bewusstsein der breiten Bevölkerung in Deutschland bereits angekommen, dass vorhandene Strafrahmen kaum ausgeschöpft werden, viele Täter unter dem Vorwand der Resozialisierung nur geringe Strafen zu erwarten haben und diese im Regelfall auch selten in vollem Umfang zu "ertragen" haben. Immer wieder bekomme ich zu hören: "Bringt eine Anzeige denn etwas? Es passiert doch eh nicht's."
Und bei dem hier gegenständlichen Gesetzesentwurf sehe ich auch mehr die Signalwirkung, als andere Aspekte. Das Leben ist eines unserer höchsten Rechtsgüter. Wenn dieses jetzt nicht mehr in seiner Absolution gesehen wird, sondern in eine Relation gestellt wird, dann kann das nicht der richtige Weg sein.
Das Gewaltmonopol des Staates wird seinem Wortlaut nicht mehr treu. Der zahnlose Tiger trifft es eher.
Im Gegensatz dazu ist auch im Bewusstsein der breiten Bevölkerung in Deutschland bereits angekommen, dass vorhandene Strafrahmen kaum ausgeschöpft werden, viele Täter unter dem Vorwand der Resozialisierung nur geringe Strafen zu erwarten haben und diese im Regelfall auch selten in vollem Umfang zu "ertragen" haben. Immer wieder bekomme ich zu hören: "Bringt eine Anzeige denn etwas? Es passiert doch eh nicht's."
Und bei dem hier gegenständlichen Gesetzesentwurf sehe ich auch mehr die Signalwirkung, als andere Aspekte. Das Leben ist eines unserer höchsten Rechtsgüter. Wenn dieses jetzt nicht mehr in seiner Absolution gesehen wird, sondern in eine Relation gestellt wird, dann kann das nicht der richtige Weg sein.
Das Gewaltmonopol des Staates wird seinem Wortlaut nicht mehr treu. Der zahnlose Tiger trifft es eher.
Re: Experten schlagen Änderungen am Mordparagrafen vor
Seltsam, in diese Richtung ging auch mein erster Gedankehellbert hat geschrieben:Das schreit für mich danach, Ehrenmorde schwächer bestrafen zu dürfen!zambo84 hat geschrieben:"...durch eine "schwere Beleidigung" ... zum Zorn gereizt" wurde ..."
Aber vielleicht ist es auch nur mein Verschwörungstheorie-Syndrom...
Der Horizont vieler Menschen ist wie ein Kreis mit Radius Null. Das nennen sie dann ihren Standpunkt.
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Re: Experten schlagen Änderungen am Mordparagrafen vor
Dass sich Strafverteidiger eine Aufweichung des Mordparagraphen wünschen ist kein Wunder. Schließlich verdienen sie ihr Geld damit, ein möglichst geringes Strafmaß für ihren Mandanten heraus zu holen. Und je mehr Ausnahmen und Unklarheiten es gibt, desto mehr Spielraum zum argumentieren haben sie.
An sich ist nichts weder gut noch böse, das denken macht es erst dazu!(Shakespeare)
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