Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten
Moderator: schutzmann_schneidig
-
- Corporal
- Beiträge: 517
- Registriert: Di 9. Aug 2011, 23:24
Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten
Ich habe mir jetzt deinen Beitrag vom 8. Jan 2017, 14:15, angeschaut. Leider habe ich auch dort keine Quelle zu deiner empirischen und belastbaren Studie gefunden.
Aus deinem Beitrag geht auch nicht hervor, ob es bei den Durchsuchungen lediglich um "Wohnungsdurchsuchungen" geht, oder um alle von §§102, 103 StPO umfassten Durchsuchungen. Wenn es um alle von §§102, 103 StPO umfassten Durchsuchungen geht, dann kann ich die geringen Prozentsätze absolut nachvollziehen (mal davon abgesehen, dass ich deren Authentizität mangels Quelle in Frage stelle). Geht es dabei nur um Wohnungsdurchsuchungen, so stelle ich die Prozentsätze ausdrücklich in Frage!
Insofern du dich auf Durchsuchungen im Bereich BtM beziehst, hast du vollkommen Recht damit, dass GiV dort öfter vorliegt, als in anderen Bereichen. Die Begründung dafür dürfte dir nicht schwer fallen.
Darüber hinaus sehe ich nicht das Erfordernis, unter dem Oberbegriff des "Fairnessprinzips" einen Richtervorbehalt zu wahren, der nirgendwo im Grundgesetz gefordert wird. Für die Wohnungsdurchsuchung wird er im Art. 13 GG gefordert, für den Freiheitsentzug im Art. 104 GG. Auf welcher Grundlage soll das für die Blutentnahme erforderlich sein? Es gibt keine.
Aus deinem Beitrag geht auch nicht hervor, ob es bei den Durchsuchungen lediglich um "Wohnungsdurchsuchungen" geht, oder um alle von §§102, 103 StPO umfassten Durchsuchungen. Wenn es um alle von §§102, 103 StPO umfassten Durchsuchungen geht, dann kann ich die geringen Prozentsätze absolut nachvollziehen (mal davon abgesehen, dass ich deren Authentizität mangels Quelle in Frage stelle). Geht es dabei nur um Wohnungsdurchsuchungen, so stelle ich die Prozentsätze ausdrücklich in Frage!
Insofern du dich auf Durchsuchungen im Bereich BtM beziehst, hast du vollkommen Recht damit, dass GiV dort öfter vorliegt, als in anderen Bereichen. Die Begründung dafür dürfte dir nicht schwer fallen.
Darüber hinaus sehe ich nicht das Erfordernis, unter dem Oberbegriff des "Fairnessprinzips" einen Richtervorbehalt zu wahren, der nirgendwo im Grundgesetz gefordert wird. Für die Wohnungsdurchsuchung wird er im Art. 13 GG gefordert, für den Freiheitsentzug im Art. 104 GG. Auf welcher Grundlage soll das für die Blutentnahme erforderlich sein? Es gibt keine.
Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten
Natürlich kann ein Polizist über Blutentnahme, Wohnungsdurchsuchung oder Freiheitsentzug entscheiden. Dafür ist unsere Polizei rechtsstaatlich, menschlich, demokratisch, fachlich, etc. eine "gute Polizei ".
Die Frage ist tatsächlich ob man das alles will.
Ich hoffe auf einen 24/7 Entscheidungsrichter.
Bei der BE nach KV gibt es in der Polizei unterschiedliche Auffassungen über Notwendigkeit. Anders die BE bei Trunkenheitsfahrten. Deshalb kann ich die jetzige Änderung in dieser Form nachvollziehen.
Gewahrsam oder Wohnungsdurchsuchungen nachts halte ich in vielen Fällen für rechtswidrig. Und das nur, weil die Richter ihre Arbeitszeiten nicht den Erfordernissen angepasst haben.
Die Frage ist tatsächlich ob man das alles will.
Ich hoffe auf einen 24/7 Entscheidungsrichter.
Bei der BE nach KV gibt es in der Polizei unterschiedliche Auffassungen über Notwendigkeit. Anders die BE bei Trunkenheitsfahrten. Deshalb kann ich die jetzige Änderung in dieser Form nachvollziehen.
Gewahrsam oder Wohnungsdurchsuchungen nachts halte ich in vielen Fällen für rechtswidrig. Und das nur, weil die Richter ihre Arbeitszeiten nicht den Erfordernissen angepasst haben.
- Controller
- Deputy Inspector
- Beiträge: 17824
- Registriert: Mo 20. Dez 2004, 00:00
Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten
poliziotto ich kann dir leider keine digitale Quelle liefern,
ich bezog mich auf eine alte Festschrift, in der Jost Benfer mit den Zahlen zitiert wurde.
Und die hab ich nur z.T. in Kopie vorliegen.
Das Fairnessprinzip ist eine Ausformung des Art. 103 GG Recht auf ein faires Verfahren
Seine verfassungsrechtliche Grundlage ist Art. 2 (1) GG in Verbindung mit dem Rechtssaatprinzip.
Die Wurzel des Anspruchs erblickt das BVerfG in der Würde des Menschen und in den Grundrechten ......
z.B. eine Quelle
will ich nicht beurteilen - es wird solche und solche geben.
Die Frage ist, wie das im Lichte der Verfassung gelöst wird.
ich bezog mich auf eine alte Festschrift, in der Jost Benfer mit den Zahlen zitiert wurde.
Und die hab ich nur z.T. in Kopie vorliegen.
Das Fairnessprinzip ist eine Ausformung des Art. 103 GG Recht auf ein faires Verfahren
Seine verfassungsrechtliche Grundlage ist Art. 2 (1) GG in Verbindung mit dem Rechtssaatprinzip.
Die Wurzel des Anspruchs erblickt das BVerfG in der Würde des Menschen und in den Grundrechten ......
z.B. eine Quelle
ob sie das kannNatürlich kann ein Polizist über Blutentnahme, Wohnungsdurchsuchung oder Freiheitsentzug entscheiden
will ich nicht beurteilen - es wird solche und solche geben.
Die Frage ist, wie das im Lichte der Verfassung gelöst wird.
Regeln sind wie Donuts, sie haben Löcher.
Und darin lebt der Ermessensspielraum.
- Verstorben am 09.08.2021 -
Und darin lebt der Ermessensspielraum.
- Verstorben am 09.08.2021 -
- Vito
- Deputy Inspector
- Beiträge: 8255
- Registriert: So 24. Jul 2005, 00:00
- Wohnort: Da wo man babbele dud
- Kontaktdaten:
Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten
In dem Entwurf steht auf Seite 36:schutzmann_schneidig hat geschrieben:
Im jetzt vorgelegten Gesetzentwurf heißt es jedoch:„Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von Satz 1 keiner richterlichen
Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Straftat
nach § 315a Absatz 1 Nummer 1, § 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder
§ 316 des Strafgesetzbuchs begangen worden ist.“
Hier wird die Anordnungskompetenz nicht mehr ausdrücklich nur der StA übertragen, sondern gem. des vorgeschalteten Satz 1 der StA und ihren Ermittlungspersonen.
Mit dem Ergebnis, dass einige da nun eine Rangfolge sehen und andere eine solche Rangfolge verneinen. Dass man den ursprünglichen Referentenentwurf, der eine solche Rangfolge ausdrücklich nannte, in die jetzige Fassung geändert hat, könnte dafür sprechen, dass man eine solche Rangfolge nicht möchte.
In jedem Fall hätte man es aber noch klarer und unmissverständlicher formulieren können, denn so wird es früher oder später erneut Gegenstand gerichtlicher Klärung werden. Das hätte man sich ersparen können.
Dadurch dürften doch alle Spatzen gefangen sein.Die Anordnungsbefugnis wird vom Gericht auf die Staatsanwaltschaft und auf ihre Ermittlungspersonen
übertragen. Aufgrund des der StPO zugrundliegenden Prinzips der Sachleitungsbefugnis
der Staatsanwaltschaft steht ihr die Anordnung der Entnahme der Blutprobe
grundsätzlich vorrangig zu. Die Staatsanwaltschaft trägt die Verantwortung für eine
rechtstaatliche, faire und ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens, auch soweit es
durch die Polizei geführt wird; ihr steht daher gegenüber ihren Ermittlungspersonen ein
uneingeschränktes Weisungsrecht in Bezug auf ihre auf die Sachverhaltserforschung gerichtete
strafverfolgende Tätigkeit zu. Dabei bleibt es der Staatsanwaltschaft jedoch überlassen,
ob sie konkrete Einzelweisungen zu Art und Durchführung einzelner Ermittlungshandlungen
erteilt oder ihre Leitungsbefugnis im Rahmen der Aufklärung unabhängig vom
Einzelfall durch allgemeine Weisungen im Voraus in Anspruch nimmt (vgl. etwa BGH,
Beschluss vom 27. Mai 2009 – 1 StR 99/09, NJW 2009, 2612, 2613). Für den Kreis der
genannten Straftaten kann die Anordnungskompetenz daher etwa im Rahmen von Verwaltungsvorschriften
wie gemeinsamen Runderlassen der Landesinnen- und Landesjustizministerien
oder im Wege sonstiger genereller Weisungen auf die Polizei übertragen
werden. In diesen Fällen wären die Polizeibehörden als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft
abgesehen von den Konstellationen der Gefährdung des Untersuchungserfolges
durch Verzögerung berechtigt, die Maßnahme selbst anzuordnen. Für die Annah
me einer Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung, in denen die Polizei
befugt ist, die Maßnahme selbst anzuordnen, gelten die für die Annahme der Eilkompetenz
in der Rechtsprechung bislang herausgearbeiteten Grundsätze. Insbesondere sind
die Strafverfolgungsbehörden verpflichtet, die Gefährdung des Untersuchungserfolges in
Eilsituationen mit einzelfallbezogenen Tatsachen zu begründen und diese Tatsachen in
den Ermittlungsakten zu dokumentieren, sofern die Dringlichkeit nicht evident ist.
Freiheit für die Spareribs
- schutzmann_schneidig
- Moderator
- Beiträge: 5682
- Registriert: So 24. Apr 2005, 00:00
- Wohnort: Niedersachsen
Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten
Klar, das ist offenkundig der Wille des Gesetzgebers. Und ich gehe davon aus, dass die meisten (oder sogar sämtliche) StA'en im Rahmen einer allgemeinen/generellen Weisung die Anordnungskompetenz auf die Polizei übertragen werden.
Und zwar aus den gleichen Gründen, die auch den Richterbund veranlasst haben, diese Änderung der StPO ausdrücklich zu begrüßen.
Dennoch ist letztlich der Wortlaut der StPO entscheidend, die Begründung des Gesetzgebers kann da höchstens als Indiz gewertet werden. Und daher wird es früher oder später dazu kommen, dass jemand versuchen wird, die Rechtmäßigkeit einer solchen allgemeinen/generellen Weisung vor Gericht in Zweifel zu ziehen.
Ich bin da aber ganz guter Dinge, dass das letztlich Bestand haben wird.
Und zwar aus den gleichen Gründen, die auch den Richterbund veranlasst haben, diese Änderung der StPO ausdrücklich zu begrüßen.
Dennoch ist letztlich der Wortlaut der StPO entscheidend, die Begründung des Gesetzgebers kann da höchstens als Indiz gewertet werden. Und daher wird es früher oder später dazu kommen, dass jemand versuchen wird, die Rechtmäßigkeit einer solchen allgemeinen/generellen Weisung vor Gericht in Zweifel zu ziehen.
Ich bin da aber ganz guter Dinge, dass das letztlich Bestand haben wird.
- It's a deadly stupid thing to point a gun (real or fake) at a police officer in the dark of night or the light of day -
- schutzmann_schneidig
- Moderator
- Beiträge: 5682
- Registriert: So 24. Apr 2005, 00:00
- Wohnort: Niedersachsen
Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten
Am 09.03.17 wurde der Gesetzentwurf in erster Lesung im Bundestag behandelt. Man scheint auf Kurs zu sein, das Verfahren noch vor der Sommerpause zum Abschluss zu bringen.
- It's a deadly stupid thing to point a gun (real or fake) at a police officer in the dark of night or the light of day -
Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten
Ich weiß nicht, inwieweit das hier schon erwähnt wurde, im Saarland ist es jedoch so, dass auf Verfügung der StA außerhalb der Geschäftszeiten (21:00 h - 06:00 h) die Polizeibeamten selbst anordnungsbefugt sind zur Entnahme einer Blutprobe nach 81a, wenn es z.B. um einen 316 geht. Rücksprache bzw. Anordnung eines Richters sind hier nicht nötig.
Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten
Auch im Saarland gilt das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes.
https://www.bundesverfassungsgericht.de ... 44400.html
Du kannst im übrigen sicher sein, dass die hier schreibenden Kollegen über die Anordnungsbefugnisse Bescheid wissen. Du solltest den Thread von dessen Beginn an lesen.
https://www.bundesverfassungsgericht.de ... 44400.html
Du kannst im übrigen sicher sein, dass die hier schreibenden Kollegen über die Anordnungsbefugnisse Bescheid wissen. Du solltest den Thread von dessen Beginn an lesen.
Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten
Ich würde mal annehmen, dass das unglücklich ausgedrückt war und die "Umgehung des Richtervorbehalts" daran liegt, dass es dort in der genannten Zeit keinen richterlichen Bereitschaftsdienst gibt.
- schutzmann_schneidig
- Moderator
- Beiträge: 5682
- Registriert: So 24. Apr 2005, 00:00
- Wohnort: Niedersachsen
Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten
Hier ist eine recht detaillierte Zusammenfassung des bisherigen Verfahrensgangs mit mAn zutreffenden Bewertungen der angestrebten Reform des § 81a StPO zu lesen:
Kriminalpolitische Zeitschrift
Kriminalpolitische Zeitschrift
- It's a deadly stupid thing to point a gun (real or fake) at a police officer in the dark of night or the light of day -
- schutzmann_schneidig
- Moderator
- Beiträge: 5682
- Registriert: So 24. Apr 2005, 00:00
- Wohnort: Niedersachsen
Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten
Am 22.06.2017 hat der Bundestag u.a. die Änderung der §§ 81a StPO u. 46 OWiG gem. der Entwurfsfassung der Bundesregierung vom 22.02.2017 (Link) beschlossen.
Dem § 81a Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:
„Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von Satz 1 keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Straftat nach § 315a Absatz 1 Nummer 1, § 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder § 316 des Strafgesetzbuchs begangen worden ist.“
„Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes begangen worden ist.“
- It's a deadly stupid thing to point a gun (real or fake) at a police officer in the dark of night or the light of day -
- schutzmann_schneidig
- Moderator
- Beiträge: 5682
- Registriert: So 24. Apr 2005, 00:00
- Wohnort: Niedersachsen
Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten
Mit der heutigen Verkündung im Bundesgesetzblatt tritt die obig genannte Abschaffung des Richtervorbehalts ab 00:00 Uhr des morgigen Tages in Kraft.
- It's a deadly stupid thing to point a gun (real or fake) at a police officer in the dark of night or the light of day -
-
- Sergeant
- Beiträge: 975
- Registriert: Di 15. Sep 2009, 00:00
- Wohnort: NRW / Owl
Re: Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei bestimmten Verkehrsdelikten
Hallo Schutzmann,
erklär mich bitte nicht für blöde, aber ich finde den Passus im Bundesgesetzblatt vom 23.08. nicht. Kannst du mit einem Link o.ä. aushelfen?
Grüße
erklär mich bitte nicht für blöde, aber ich finde den Passus im Bundesgesetzblatt vom 23.08. nicht. Kannst du mit einem Link o.ä. aushelfen?
Grüße
Wer ist online?
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 0 Gäste
- Menü
- Neue Mitglieder
- Benutzername Registriert
frenzY 24 Mär
vivienbmn 22 Mär
RalphWerner 22 Mär
Stellatimberlake4 21 Mär
burgwächter 19 Mär
KonstantinPi 18 Mär
Sven3008 18 Mär
Brandy99 14 Mär
- Top Poster
- CopZone Spende