AZV - 13 Stunden Grenze

Fachliche Diskussionen zum Themenbereich Dienstrecht

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AZV - 13 Stunden Grenze

Beitragvon grenzwertig » Sa 3. Mär 2018, 15:39

Hallo.

Gem. §4 AZV dürfen grds. 13 Stunden Arbeitszeit einschließlich Pausen nicht überschritten werden.
§15 AZV erlaubt Abweichungen hiervon nur bei spezifischen "Tätigkeiten, die dem Schutz der Bevölkerung oder des Allgemeinwohls zur Abwehr schwerwiegender kollektiver Gefahrensituationen dienen". Als Beispiel wird in einem Schreiben des BMI zur Anwendung der AZV ein Katastropheneinsatz erwähnt, was m.M. nach dagegen spricht, dass jede beliebige dienstliche Situation dafür geeignet ist, den §4 auszuhebeln.

Nun die Frage, wie bzw. ob bei Polizei/ Zoll diese Ausnahme angewandt wird und wenn, wie dies dokumentiert bzw. konkret geregelt ist. Immerhin stehen möglicherweise ja Regressansprüche des Dienstherrn gegen den Beamten im Raum, der sich "eigenmächtig" über die 13-Stunden Regel hinwegsetzt.

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Re: AZV - 13 Stunden Grenze

Beitragvon 1957 » Sa 3. Mär 2018, 16:51

Die AZVOen sind unterschiedlich.

Hier NRW : (3) Die tägliche Arbeitszeit soll zehn Stunden nicht überschreiten. Das für Inneres zuständige Ministerium kann für einzelne Dienstzweige, Dienststellen oder Teile von Dienststellen eine abweichende Regelung treffen oder zulassen, wenn die dienstlichen Verhältnisse sie zwingend erfordern und ein angemessener Schutz der Gesundheit gewährleistet wird.

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Re: AZV - 13 Stunden Grenze

Beitragvon Controller » Sa 3. Mär 2018, 17:18

jupp, das stimmt @ 1957; RLP:
§ 6
Höchstarbeitszeiten, Pausen
(1) Die Arbeitszeit darf

1.
zehn Stunden am Tag,

2.
60 Stunden in der Woche und

3.
innerhalb eines Zeitraums von vier Monaten durchschnittlich 48 Stunden in der Woche

nicht überschreiten. Abweichend von Satz 1 Nr. 1 kann die oberste Dienstbehörde bei dringenden dienstlichen Anlässen eine Arbeitszeit von bis zu zwölf Stunden zulassen.

(2) Die Arbeit ist spätestens nach sechs Stunden durch eine Pause von mindestens 30 Minuten zu unterbrechen. Bei festen Arbeitszeiten von mehr als neun Stunden muss die Pause mindestens 45 Minuten umfassen; sie kann in zwei Abschnitte von mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Pausen werden nicht auf die Arbeitszeit angerechnet.

(3) Innerhalb einer Woche ist eine zusammenhängende Ruhezeit von mindestens 36 Stunden zu gewähren.
und:
§ 9
Besondere Dienstbereiche
(1) Im Polizeidienst und im Justizvollzugsdienst sind abweichend von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Arbeitszeiten von bis zu zwölf Stunden am Tag zulässig. Im Justizvollzugsdienst kann die oberste Dienstbehörde außerdem abweichend von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Arbeitszeiten von bis zu 68 Stunden in der Woche sowie Ausnahmen von § 6 Abs. 3 zulassen. In den Fällen des Satzes 2 ist in der Folgewoche eine zusammenhängende Ruhezeit von mindestens 56 Stunden zu gewähren. Im Polizeidienst und im Justizvollzugsdienst kann im Schicht- und Wechselschichtdienst sowie bei der Teilnahme an Einsätzen aus besonderem Anlass und an Übungen zur Sicherstellung der Kontinuität des Dienstes von § 6 Abs. 2 abgewichen werden, wenn die dienstlichen Belange dies erfordern. In diesen Fällen ist den Beamtinnen und Beamten während des Dienstes ein angemessener Gesundheitsschutz, insbesondere Zeit zur Verpflegung, zu gewähren.

(2) Im Einsatzdienst der Feuerwehr findet § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 keine Anwendung. Wird die Arbeitszeit über zwölf Stunden hinaus verlängert, muss nach spätestens 24 Stunden eine anschließende Ruhezeit von mindestens 24 Stunden gewährt werden. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(3) Auf Dienstbereiche, deren Aufgabe darin besteht, die Sicherheit oder Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, finden die Bestimmungen dieser Verordnung keine Anwendung, soweit eine in Schwere oder Ausmaß über die gewöhnlichen Umstände des jeweiligen Dienstes hinausgehende Sachlage oder unabwendbare innerbetriebliche Umstände es erfordern. In diesen Ausnahmefällen ist dafür Sorge zu tragen, dass unter Berücksichtigung der Ziele der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl. EG Nr. L 183 S. 1) eine größtmögliche Sicherheit und ein größtmöglicher Gesundheitsschutz der Beamtinnen und Beamten gewährleistet ist.
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Re: AZV - 13 Stunden Grenze

Beitragvon grenzwertig » Sa 3. Mär 2018, 18:51

Mir geht es darum,wann bei Polizei / Zoll von der Regel abgewichen wird und wie das im Einzelfall angeordnet / dokumentiert wird. Und wie das konkret aussieht,da ja dann auch besondere Anforderungen an die Fürsorge gestellt werden.

Und wenn ich es richtig gelesen habe,ist die Ausnahme überall identisch geregelt,z.B.
(3) Auf Dienstbereiche, deren Aufgabe darin besteht, die Sicherheit oder Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, finden die Bestimmungen dieser Verordnung keine Anwendung, soweit eine in Schwere oder Ausmaß über die gewöhnlichen Umstände des jeweiligen Dienstes hinausgehende Sachlage oder unabwendbare innerbetriebliche Umstände es erfordern. In diesen Ausnahmefällen ist dafür Sorge zu tragen, dass unter Berücksichtigung der Ziele der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl. EG Nr. L 183 S. 1) eine größtmögliche Sicherheit und ein größtmöglicher Gesundheitsschutz der Beamtinnen und Beamten gewährleistet ist.

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Re: AZV - 13 Stunden Grenze

Beitragvon 1957 » Sa 3. Mär 2018, 19:58

Also wenn es bei uns erforderlich wird, machen wir einfach länger -und zwar solange wie es dauert.
Im Wachdienst können das schon mal mehrere Stunden sein.

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Re: AZV - 13 Stunden Grenze

Beitragvon MICHI » Sa 3. Mär 2018, 22:51

Ich sehe hier das Problem nicht.
Gruß
MICHI


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Re: AZV - 13 Stunden Grenze

Beitragvon grenzwertig » Sa 3. Mär 2018, 23:26

MICHI hat geschrieben:
Sa 3. Mär 2018, 22:51
Ich sehe hier das Problem nicht.
Das sehen glaube ich einige nicht,weil ja auch meistens nichts passiert. Aber was ist denn,wenn man nach 15 Stunden Dienst auf dem Heimweg von einem Einsatz zur Dienststelle mit dem DKfz einen Unfall baut. Womöglich mit Personenschaden. Ist zwar.B. die Heimfahrt noch von der Definition des jeweiligen Ausnahmetatbestandes gedeckt? Gibt es da vom EL im Einzelfall oder generell eine Regelung?

Es sollen schon Kollegen in Regress genommen worden sein.

Ich würde daher gerne wissen,in welchen konkreten Lagen in den jeweiligen Behörden der Ausnahmetatbestand zum Tragen kommt und wie das dokumentiert bzw. gerechtfertigt wird.

Hintergrund:

Die AZV stellt nach dem jeweiligen Gesetzestext recht hohe Hürden für eine Abweichung von der maximal zulässigen täglichen Arbeitszeit auf.

AZV RLP (s.o.):
...finden die Bestimmungen dieser Verordnung keine Anwendung, soweit eine in Schwere oder Ausmaß über die gewöhnlichen Umstände des jeweiligen Dienstes hinausgehende Sachlage oder unabwendbare innerbetriebliche Umstände es erfordern.
AZV Bund :
Soweit Besonderheiten bestimmter spezifischer Tätigkeiten, die dem Schutz der Bevölkerung oder des Allgemeinwohls zur Abwehr schwerwiegender kollektiver Gefahrensituationen dienen...
Das sind unbestimmte Rechtsbegriffe,die der konkreten Auslegung bzw Klarstellung bedürfen. Aber was meiner Meinung nach nicht geht,ist,wie oben mal erwähnt,"wenn es halt mal (wieder) länger dauert". Wie gesagt,so lange nichts passiert,kümmert es niemanden.

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Re: AZV - 13 Stunden Grenze

Beitragvon Controller » Sa 3. Mär 2018, 23:55

Es sollen schon Kollegen in Regress genommen worden sein.
:o :o

Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.
Da müsste m.M.n. zuerst ein Stravferfahren mit Verurteilung gelaufen sein :polizei10:

Hast du da nen Link oder Az dazu ??
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Re: AZV - 13 Stunden Grenze

Beitragvon 1957 » So 4. Mär 2018, 05:48

Ich weiß, das Probleme auch konstruiert werden können. Heutzutage wird das sehr gern gemacht. In allen Bereichen und Ebenen.

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Re: AZV - 13 Stunden Grenze

Beitragvon grenzwertig » So 4. Mär 2018, 08:16

Controller hat geschrieben:
Sa 3. Mär 2018, 23:55
Es sollen schon Kollegen in Regress genommen worden sein.
:o :o

Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.
Da müsste m.M.n. zuerst ein Stravferfahren mit Verurteilung gelaufen sein :polizei10:

Hast du da nen Link oder Az dazu ??
Warum ein Strafverfahren? Ein Verstoß gegen das Dienstrecht ist meist keine Straftat sondern wird disziplinarisch geahndet. Daher ist es auch fraglich,ob ein (dienstrechtliches) Urteil dazu zu finden ist. Aber ich werde mich mal schlau machen.
1957 hat geschrieben:
So 4. Mär 2018, 05:48
Ich weiß, das Probleme auch konstruiert werden können. Heutzutage wird das sehr gern gemacht. In allen Bereichen und Ebenen.
Vielleicht ist es aber auch besser,man macht sich mal Gedanken über mögliche Probleme,bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.
Und ich denke,dass Forum ist die geeignete Plattform,um Erfahrungswerte abzufragen. Also was stört dich? Das sich jemand Gedanken macht?

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Re: AZV - 13 Stunden Grenze

Beitragvon 1957 » So 4. Mär 2018, 08:56

Nein, es stört mich nicht, dass du dir Gedanken machst. Ich habe nur meinen Senf dazu beigetragen.

Zum Straftatbestand. Wer übermüdet ein Fahrzeug führt, entsprechende Ausfallerscheinungen hat oder sogar einen Unfall baut, macht sich nach den §§ 315c bzw. 316 STGB strafbar.

Dein Hinweis auf disziplinarrechtliche Folgen sind in diesem Zusammenhang ein wenig undurchsichtig, denn wie soll das Diszi zustande kommen?
Szenarien sind zwar vorstellbar , aber die dürften sich dann doch regelmäßig nicht gegen den Mehrdienstleistenden sondern gegen dessen Dienststelle richten. Da wären wir aber auch nur dann im Disziplinarrecht, wenn die Anordnung zum Mehrdienst individuell rechtswidrig wäre.
Die Fälle, in welchen sich ein Beamter "eigenmächtig" über diese Regel hinwegsetzt, erscheinen mir fraglich. Mehrdienst braucht i.d.R. eine Anordnung. Werde konkret. Dahinter kann sich natürlich ein Diszi oder schlimmeres verbergen.
Du erwähntes Regressnahmen. Werde da mal konkret. Da kommt es nämlich sehr auf den Einzelfall an. Wenn du das nicht kannst ( also das konkret werden), solltest du diesen Aspekt nicht als Argument o. ä. anführen.

Gleichwohl kenne ich weder konkrete Fälle, noch Urteile ( auch nicht unter Bemühung der Juriswebdatenbank) zu dem von dir erkannten Problem. Grundsätzlich bin ich da bewandert.

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Re: AZV - 13 Stunden Grenze

Beitragvon der kanadier » So 4. Mär 2018, 10:40

Wer im Dienst übermüdet ein Fahrzeug führt/ führen soll, tut gut daran, dies dem Vorgesetzten zu melden. Spätestens wenns kracht wird sich die Frage nach der Meldung stellen. Und idR wird der Chef dann auch schauen, dass gehandelt wird (Pause/Fahrertausch etc.)

Ad hoc Einsätze in Überlänge sind bei uns unproblematisch, wenn die Lage es notwendig macht bleiben wir, bis die Dienststelle was anderes sagt bzw die Lage bereinigt ist.
Planbare Sachen werden von der Dienststelle und dem Personalrat entschieden. Bislang kamen da auch brauchbare Sachen bei rum. Die Anlässe dafür waren mannigfaltig

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Re: AZV - 13 Stunden Grenze

Beitragvon Controller » So 4. Mär 2018, 12:51

grenzwertig, auch ich habe diesen Passus im Zusammenhang verstanden:
Aber was ist denn,wenn man nach 15 Stunden Dienst auf dem Heimweg von einem Einsatz zur Dienststelle mit dem DKfz einen Unfall baut. Womöglich mit Personenschaden. Ist zwar.B. die Heimfahrt noch von der Definition des jeweiligen Ausnahmetatbestandes gedeckt? Gibt es da vom EL im Einzelfall oder generell eine Regelung?

Es sollen schon Kollegen in Regress genommen worden sein.
Reines Dienstvergehen, ohne Strafverfahren und Regress ?

hm

aus dem Bauch raus:

Beamter betankt nach 15 Stunden Dienst ( oder noch längerer Dienstzeit) das Dienstkfz mit dem falschen Kraftstoff, Dienstherr meldet Regressansprüche an.

Da kann ich mir vorstellen dass das sehr interessant wird; persönlich denke ich, dass er sich diese Ansprüche in die Haare schmieren kann. :ja:
Regeln sind wie Donuts, sie haben Löcher.
Und darin lebt der Ermessensspielraum. :mrgreen: :zunge:

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Re: AZV - 13 Stunden Grenze

Beitragvon 1957 » So 4. Mär 2018, 16:46

Diese Tankfälle gelten bereits ohne 15 Stunden Dienst als grob fahrlässig. Regress ist daher möglich und wurde auch schon in Anspruch genommen.
Solche Dinge sind ohnehin Einzelfallentscheidungen.

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Re: AZV - 13 Stunden Grenze

Beitragvon Controller » So 4. Mär 2018, 16:53

Diese Tankfälle gelten bereits ohne 15 Stunden Dienst als grob fahrlässig.
Teils, teils ... von daher bin ich guter Hoffnung, vor allem, weil in unserem BL einzig das Mysterium des Innern und für Sport dies Tanksachen mit Regress belegt. Die anderen Dienstbereiche verzichten darauf.
Regeln sind wie Donuts, sie haben Löcher.
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