Gewerkschaft sinnvoll?

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Gewerkschaft sinnvoll?

Beitragvon Fatal » Fr 3. Jul 2020, 22:28

Hallo,

ich bin Polizeibeamter in Hamburg und seit meiner Ausbildung bei der DPolG. Nun überdenke ich den Quartalsbeitrag in Höhe von ca. 40 Euro, da mir eine Gewerkschaft bis heute nicht viel gebracht hat. Wie ist das mit den enthaltenen Versicherungen? Sind die sinnvoll und unerlässlich?

Laut Website habe ich in dem Gewerkschaftsbeitrag

eine dienstliche Rechtsschutzversicherung,
eine Diensthaftpflichtversicherung,
eine Regressversicherung
und eine Geräte- und Geräteregresshaftpflichtversicherung

enthalten.

Bis jetzt habe ich von keinem Fall gehört, wo ein Kollege diese Versicherungen in Anspruch nehmen musste. Ist man über den Dienstherrn auch grundsätzlich abgesichert?

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Re: Gewerkschaft sinnvoll?

Beitragvon Habakuk2 » Fr 3. Jul 2020, 22:32

Ob man Mitglied in einer Gewerkschaft sein muss weiß ich nicht ( ich bin es). Diensthaftpflicht, Rechtschutz und die anderen von dir genannten Dinge halte ich für sehr sinnvoll. Verkehrsunfall im Dienst, eine Anzeige bezüglich eines Amtsdeliktes, bei meinem Bundesland vielleicht bald wegen anderer Dinge :pfeif: , das alles passiert schnell und kann viel Geld kosten.

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Re: Gewerkschaft sinnvoll?

Beitragvon Kaeptn_Chaos » Sa 4. Jul 2020, 06:36

Die Aussage alleine, dass du keinen Nutzen von den Gewerkschaften hast, ist schon kurz gedacht. Guck mal auf die Historie der Landesgruppe deiner und auch der anderen. Auch und gerade in HH haben die genug Einsatz gezeigt, um ein gewisses Level an sozialenen Standards aber auch an FEM zu erreichen und zu erhalten.

Und dass du in einer Großbehörde keinen kennst, der auf die Versicherungsleistungen zurück greifen musste, wundert mich.
In meiner Kreisgruppe sind ca. 1000 Menschen organisiert. Regelmäßig haben wir 60 - 90 Rechtsschutzfälle im Jahr, eben, weil der Behördenrechtsschutz dann nicht greift, wenn dir die Behörde einen Vorwurf macht oder du gegen die Behörde vorgehen willst.
Zudem haben wir alleine bis heute im Kalenderjahr knapp 23.000 Euro Regresskosten von den Kollegen abgewendet, der zerschossene Funkwagen mit 14.000 Euro sticht da ein bisschen raus, aber auch mit der Falschbetankung von ca. 180 Euro oder dem Rangierunfall mit 400 Euro hat man seine 40 Euro schnell wieder raus.
:lah:

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Re: Gewerkschaft sinnvoll?

Beitragvon kosake » Sa 4. Jul 2020, 06:40

Die Frage, ob das sinnvoll ist in einer Gewerkschaft zu sein, stelle ich mir auch.
Dadurch dass man sich diese Frage stellt, zeigt man, dass man von der Gewerkschaftsarbeit nicht überzeugt wurde.
Anderseits brauchen wir die Gewerkschaften. Sie streiten mit der Politik und versuchen Verbesserungen zu erwirken. Wer weiß auf was wir hätten verzichten müssten (Geld, Arbeitszeit, Ausstattung).

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Re: Gewerkschaft sinnvoll?

Beitragvon Kaeptn_Chaos » Sa 4. Jul 2020, 06:47

Also laut hp der GdP HH haben die aktuell starken Einsatz für die Funktionskleidung gezeigt und kämpfen für die Einführung der bodycam.
Denke nicht, dass Grote so Geld in die Hand nehmen würde.
:lah:

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Re: Gewerkschaft sinnvoll?

Beitragvon MICHI » Sa 4. Jul 2020, 08:33


Fatal hat geschrieben:
Bis jetzt habe ich von keinem Fall gehört, wo ein Kollege diese Versicherungen in Anspruch nehmen musste. Ist man über den Dienstherrn auch grundsätzlich abgesichert?

Ich schon von so einigen und nein, du bist nicht grundsätzlich durch den Dienstherrn abgesichert.
Das solltest du eigentlich wissen.

Gruß
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Re: Gewerkschaft sinnvoll?

Beitragvon Proud » Sa 4. Jul 2020, 15:21

Wobei ich aus einem Bekanntenkreis auch schon mitbekommen habe, dass die grüne Gewerkschaft VOR Übernahme der anwaltlichen Tätigkeit prüft, ob das Verfahren gewonnen werden kann.
Deren Einschätzung war damals nicht so, die Übernahme wurde abgelehnt.
War allerdings kein Verfahren gegen den Dienstherren.


In Bezug auf die gestellten Forderungen durch Gewerkschaften an die Politik, würde ich grds. sagen das es sich lohnt.

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Re: Gewerkschaft sinnvoll?

Beitragvon Kaeptn_Chaos » Sa 4. Jul 2020, 15:44

In NRW wäre das nicht so...da landet man bei der blauen aber nicht beim eigenen Juristen, sondern im 'Kompetenzzentrum' des dbb, wo nicht zwingend als erster jemand sitzt, der weiß, worum es geht.
Und jetzt? Sollen wir noch mehr unbelegbare Einzelanekdoten austauschen?
:lah:

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Re: Gewerkschaft sinnvoll?

Beitragvon 1957 » Sa 4. Jul 2020, 19:47

Eine Gewerkschaft ist nur so gut wie die Anzahl und der Einsatz ihrer Mitglieder.
Ich kann nur jedem Kollegen und jeder Kollegin raten, wenigstens die Mitgliedschaft mit nicht zu unterschätzenden Vorteilen für einen vergleichsweise recht geringen Obulus, nicht zu verwerfen.
Aus meiner Erfahrung heraus hat sich in meinem Beritt die Gewerkschaft ( hier GDP) für viele Kollegen und Kolleginnen mit Rat, Tat und Unterstutzung eingesetzt.

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Re: Gewerkschaft sinnvoll?

Beitragvon Controller » Sa 4. Jul 2020, 19:49

:zustimm: :zustimm:
Regeln sind wie Donuts, sie haben Löcher.
Und darin lebt der Ermessensspielraum. :mrgreen: :zunge:

- Verstorben am 09.08.2021 -

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Re: Gewerkschaft sinnvoll?

Beitragvon Proud » Sa 4. Jul 2020, 21:36

Kaeptn_Chaos hat geschrieben:
Sa 4. Jul 2020, 15:44
Und jetzt? Sollen wir noch mehr unbelegbare Einzelanekdoten austauschen?
Ja ist doch nice :hallo:

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Re: Gewerkschaft sinnvoll?

Beitragvon Polli » So 5. Jul 2020, 00:44

Hi Fatal ,

alle Jahre wieder, :smilingplanet: fragen sich die neuen Kolleginnen
und Kollegen, ob es sinnvoll ist, einer Gewerkschaft beizutreten. :gruebel:

Ich finde es gut, wenn ihr euch gedanklich mit dieser Thematik auseinander setzt. :bindafür:


Die Polizei wird durch Beschlüsse :verweis: der Politik gelenkt.

So bestimmen z. B. unsere Politiker,

:arrow: wie viele Leute eingestellt werden können, :gossip: :gossip:
:arrow: wie viel die Polizei verdienen soll, :juggle:
:arrow: wie wir ausgerüstet werden :apfel: und vieles mehr.

Jeder Polizeibeamte ist Arbeitnehmer. :flehan:

Dabei spielt es keine Rolle, ob man nun Anwärter, oder Leitender Polizeidirektor ist.
Wir sitzen alle in einem Boot.

Als Einzelner ist es unmöglich, Strukturen zu bewegen. :nein:
Das ist nur in einer Solidargemeinschaft möglich. :ja:

Dieser Solidargemeinschaft, den Gewerkschaften, haben wir es zu verdanken, dass es
uns im Verhältnis zur Gesamtstruktur unserer Gesellschaft recht gut geht. :tanz:

Allerdings sind die für uns positiven Entscheidungen nicht vom Himmel gefallen. :magic:
Sie wurden mühsam erkämpft und erstritten. :box:


Gewerkschaftsarbeit bedeutet mit einem Handbohrer dicke Bretter zu durchbohren.
Das braucht sehr viel Ausdauer :runningdog: und Zeit .:time::


So wurde von meiner Gewerkschaft erstritten, dass der Polizeianwärter nicht als
Polizeihauptwachtmeister, sondern als Kommissar seine Laufbahn beginnt.
Damit konnte eine gerechtere Bezahlung (ca. 250 € pro Monat mehr) errungen werden.
Warum es den Direkteinstieg in NRW gibt – bitte draufklicken :mrgreen:

Aufgrund der aktuellen miserablen Haushaltslage aller Bundesländer gilt es,
die Errungenschaften der letzten Jahre zu verteidigen. :ritter:

Das wird ein schwerer Kampf. :yau:

Da wird jeder benötigt, egal ob als aktives oder als passives Mitglied.

Es wird übrigens nicht, wie in einigen Firmen der Freien Wirtschaft,
als negativ angesehen, wenn man Mitglied ist.

Rund 80 % aller KollegInnen sind bundesweit in den drei Gewerkschaften organisiert.

Zur Auswahl stehen

:arrow: GdP (Gewerkschaft der Polizei – Mitglied im DGB),

:arrow: DpolG (Deutsche Polizeigewerkschaft – Mitglied im Deutschen Beamtenbund) und

:arrow: BDK (Bund Deutscher Kriminalbeamter)


In der heutigen Gesellschaft wird das Thema Geschichte, hier im Speziellen
Gewerkschaftsgeschichte als schwere Kost :tanz: empfunden.
Man braucht einiges an Hintergrundwissen, um Zusammenhänge zu verstehen.

Heute wird eher gefragt:

„Man ey, wat kostet mich sonne Mitgliedschaft und wat kriech ich da widda raus,
wenn ich son Mitglied vonne Gewerkschaft werde. :?::lol:

Wenn ich 5 Euronen einzahle, müssen die auch widda irgendwo raus kommen. ;)


Der Mitgliedsbeitrag - während der Dauer der Ausbildung - kostet monatlich etwa soviel
wie eine Schachtel Zigaretten.


Im Mitgliedsbeitrag enthalten sind die ganzen dienstlichen Versicherungen,
wie Regress-, Rechtschutz-, Haftplicht- und Unfallversicherung .

Während der Dauer der Ausbildung ist die kleine Anwartschaftversicherung enthalten.

Bei Reisen, die über das gewerkschaftseigene Reisebüro gebucht werden, gibt es 5 % Rabatt.
Dadurch kann man seine Jahresbeiträge wieder zurück holen.

Aaaber, wie gesagt, bei einer Gewerkschaft geht es nicht darum, was man an Geld wieder rausbekommt.
Es geht vielmehr darum, sich gemeinschaftlich zu organisieren, nach dem Motto:
Einigkeit macht stark. :mukkies:

Sehr viel meines Wissens, das ich hier im Forum anbringen kann,
habe ich meiner Gewerkschaft zu verdanken. ;)

In diesem Sinne ;)

Gruß ;)

P.S.: Informationen zum Thema Anwartschaftsversicherung und allgemeine Infos
zum Thema Versicherungen findet ihr u. a. in diesen Threads:
Checkliste für Versicherungen

Anwartschaftsversicherung



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Re: Gewerkschaft sinnvoll?

Beitragvon Vollzugsbub » So 5. Jul 2020, 05:46

Habakuk2 hat geschrieben:
Fr 3. Jul 2020, 22:32
Ob man Mitglied in einer Gewerkschaft sein muss weiß ich nicht ( ich bin es). Diensthaftpflicht, Rechtschutz und die anderen von dir genannten Dinge halte ich für sehr sinnvoll. Verkehrsunfall im Dienst, eine Anzeige bezüglich eines Amtsdeliktes, bei meinem Bundesland vielleicht bald wegen anderer Dinge :pfeif: , das alles passiert schnell und kann viel Geld kosten.
:zustimm: :zustimm:
es gibt viele fettnäpfchen, so viele das sie für alle reichen............

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Re: Gewerkschaft sinnvoll?

Beitragvon TheMoinMan » So 5. Jul 2020, 20:32

Danke Polli für deinen ausführlichen Beitrag. :zustimm:

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Re: Gewerkschaft sinnvoll?

Beitragvon Polli » So 5. Jul 2020, 23:28

Hi TheMoinMan,

das war eine leichte Übung für mich, da ich den Beitrag 2008 bereits geschrieben habe. :polizei1:

viewtopic.php?t=38296&sid=e44aa0071e81e ... 01019f51ef

Den brauchte ich quasi nur kopieren.... Am Inhalt und der Thematik hat sich seitdem nix geändert...

Gruß :polizei2:




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