Ermittlungen bei der FIU

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wolfi71
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Ermittlungen bei der FIU

Beitragvon wolfi71 » Di 14. Jul 2020, 12:54

Bei der Zolleinheit Financial Intelligence Unit in Köln läuft eine Hausdurchsuchung wegen Verdacht auf Strafvereitelung im Amt.
Angestoßen wurde das von der Polizei, die es leid war, dass die Verdachtsmeldungen so sehr verzögert wurden, dass die Ermittlungen ins Leere liefen.

https://www.spiegel.de/panorama/justiz/ ... 134da79905
Der Vorwurf lautet nun, dass die Strafverfolgungsbehörden nicht eingreifen konnten, weil sie nicht rechtzeitig von den heiklen Transaktionen erfuhren. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren von Amts wegen eingeleitet, nachdem die zuständigen Ermittler der Polizei Osnabrück die Fälle in einem Auswertebericht aufgelistet hatten.

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Re: Ermittlungen bei der FIU

Beitragvon Knaecke77 » Di 14. Jul 2020, 16:48

Mir stellt sich die Frage, was der Zoll so grundsätzlich anders gemacht hat als das BKA? Hat sich das Hinweisaufkommen vervielfacht oder hat man beim BKA schlicht effizienter gearbeitet? :gruebel:

Die im Spiegel beschriebenen Vorwürfe sind ja nicht ohne.

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Re: Ermittlungen bei der FIU

Beitragvon fmaster2000 » Di 14. Jul 2020, 17:51

Knaecke77 hat geschrieben:
Di 14. Jul 2020, 16:48
Mir stellt sich die Frage, was der Zoll so grundsätzlich anders gemacht hat als das BKA? Hat sich das Hinweisaufkommen vervielfacht oder hat man beim BKA schlicht effizienter gearbeitet? :gruebel:

Die im Spiegel beschriebenen Vorwürfe sind ja nicht ohne.

Es sind viel zu viele übermotivierte unterwegs, die die ganze Welt retten wollen.

Sicherlich sind Fehler gemacht worden. Und vieles ist bestimmt Verbesserungswürdig.

Aber dass ist in jeder Verwaltung so!

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Re: Ermittlungen bei der FIU

Beitragvon Cologne » Di 14. Jul 2020, 19:25

........... "am Ende der wohl einzige Weg, um sämtliche Missstände bei der FIU aufzudecken und zu beheben"...
Strafverfahren als einziger Weg um Missstände bei einer Behörde aufzudecken?
Hat sich das Hinweisaufkommen vervielfacht
Anscheinend ja.
Seit der Übernahme der FIU durch den Zoll
haben sich die eingehenden Geldwäscheverdachtsmeldungen der Verpflichteten von den
ursprünglich veranschlagten ca. 25.000 Meldungen pro Jahr mehr als verdoppelt. Der bislang
nicht erreichte Personaleinsatz von 165 Beschäftigten für die FIU zeigt sich folglich für die
anstehenden Herausforderungen als deutlich zu
gering bemessen. Angesichts der gestiegenen
Verdachtsmeldungen warnte der BDZ bereits im
Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der
Vierten EU-Geldwäscherichtlinie vor einer nicht
zumutbaren Arbeitsverdichtung und Überlastung
für die Beschäftigten der FIU (vgl. Berichterstattung des BDZ „Financial Intelligence Unit: BDZ
fordert angemessene Personalausstattung“ vom Februar 2017). Der BDZ fordert einen deutlichen und
sofortigen Stellenzuwachs bei der FIU, um die vorhandenen Analysten zu entlasten und den katastrophalen Anstieg nicht ausgewerteter Verdachtsmeldungen signifikant zu reduzieren. Der BDZ stellt sich
mit seinen Forderungen erneut hinter die Beschäftigten der FIU, die derzeit neben der hohen Arbeitsbelastung einem erheblichen Druck durch diverse negative Pressemeldungen unterliegen.
Quelle;
https://www.bdz.eu/fileadmin/dokumente/ ... nsicht.pdf

Bekanntermaßen waren die Missstände wohl bekannt...

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Re: Ermittlungen bei der FIU

Beitragvon wolfi71 » Do 16. Jul 2020, 23:04

Es gab in den vergangenen Jahren immer wieder Meldungen in der Presse über die Mißstände. Natürlich kommt bei der Strafanzeige nichts raus unterm Strich. Es würde nur was rauskommen, wenn man einem der Verantwortlichen in Berlin am Kittel flicken könnte. Das ist aber eher unwahrscheinlich, weil da sicherlich Vorschriften erlassen wurden, die diese Herren schützen.

Die Frage nach Überlastungsanzeigen durch die Mitarbeiter stellt sich gleichwohl.

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Re: Ermittlungen bei der FIU

Beitragvon Cologne » Fr 17. Jul 2020, 18:05

wolfi71 hat geschrieben:
Do 16. Jul 2020, 23:04
Die Frage nach Überlastungsanzeigen durch die Mitarbeiter stellt sich gleichwohl.
Die Möglichkeit gibt's natürlich.
Was bringt's aber außer der Tatsache , dass der Beschäftigte eventuell aus einer möglichen Haftung raus wäre.
Das BMF/die GZD, einzelne Hauptzollämter wissen seit Jahren, dass manche Dienststellen auf Verschleiß gefahren werden, auf dem Rücken der Mitarbeiter.
Diese haben natürlich nichts eiligeres zu tun als solche Dienststellen zu verlassen.
Man verschleißt die Leute und wundert sich über steigende Ausfallzeiten und Unzufriedenheit.

Macht ja nix, kommen ja jedes Jahr neue Verschleißkräfte aus der Ausbildung :applaus: :applaus: :applaus:

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Re: Ermittlungen bei der FIU

Beitragvon wolfi71 » Fr 17. Jul 2020, 18:19

Cologne hat geschrieben:
Fr 17. Jul 2020, 18:05
wolfi71 hat geschrieben:
Do 16. Jul 2020, 23:04
Die Frage nach Überlastungsanzeigen durch die Mitarbeiter stellt sich gleichwohl.
Die Möglichkeit gibt's natürlich.
Was bringt's aber außer der Tatsache , dass der Beschäftigte eventuell aus einer möglichen Haftung raus wäre.
Das BMF/die GZD, einzelne Hauptzollämter wissen seit Jahren, dass manche Dienststellen auf Verschleiß gefahren werden, auf dem Rücken der Mitarbeiter.
Diese haben natürlich nichts eiligeres zu tun als solche Dienststellen zu verlassen.
Man verschleißt die Leute und wundert sich über steigende Ausfallzeiten und Unzufriedenheit.

Macht ja nix, kommen ja jedes Jahr neue Verschleißkräfte aus der Ausbildung :applaus: :applaus: :applaus:
Hast du nicht gewusst, der Dienstherr kümmert sich fürsorglich um seine Beamten.
Aber es ist wie immer, die Vorschrift schützt vor allem den Erlasser. Er delegiert damit seine Verantwortung an verzichtbares Verschleißpersonal.

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Re: Ermittlungen bei der FIU

Beitragvon Cologne » Sa 18. Jul 2020, 16:35

wolfi71 hat geschrieben:
Fr 17. Jul 2020, 18:19
Er delegiert damit seine Verantwortung an verzichtbares Verschleißpersonal.
Und genau hier könnte sich der Kreis zur FIU schließen.
Mit der Hälfte der Leute ein mehr als doppeltes an Arbeit.
Ob wohl auch gegen die GZD ermittelt wird? :polizei13:

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Re: Ermittlungen bei der FIU

Beitragvon Vollzugsbub » So 19. Jul 2020, 08:16

.....das kommt davon wenn man jeden Schrott
an sich zieht. Das BKA war froh von dieser Aufgabe
entbunden zu sein.
es gibt viele fettnäpfchen, so viele das sie für alle reichen............

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Re: Ermittlungen bei der FIU

Beitragvon Cologne » Mo 20. Jul 2020, 06:51

War mir gar nicht bewusst dass wir diesen sch.... gewollt haben.
Ich bin bis jetzt davon ausgegangen, dass es politische Vorgabe war.

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Re: Ermittlungen bei der FIU

Beitragvon Vollzugsbub » Mo 20. Jul 2020, 17:23

Cologne hat geschrieben:
Mo 20. Jul 2020, 06:51
War mir gar nicht bewusst dass wir diesen sch.... gewollt haben.
Ich bin bis jetzt davon ausgegangen, dass es politische Vorgabe war.
.....Schäuble lässt grüßen
es gibt viele fettnäpfchen, so viele das sie für alle reichen............

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Re: Ermittlungen bei der FIU

Beitragvon wolfi71 » Mo 20. Jul 2020, 23:43

Unter Schäuble zog das FinMin einiges an sich um es versanden zu lassen. Deren Hauptaufgabe ist nicht Steuern rein zu kriegen, sondern den Finanzplatz Deutschland attraktiv zu machen für internationale Schwarzgelder. Der Steuerberater Schäuble hat seine Profession ausgelebt.

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Re: Ermittlungen bei der FIU

Beitragvon Knaecke77 » Di 21. Jul 2020, 07:04

Die Frage ist ja, ob es aufgrund des enorm gestiegenen Hinweisaufkommens auch beim BKA zu diesen massiven Problemen gekommen wäre oder dies besonderer zollinterner Abläufe geschuldet ist?! :gruebel:

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Re: Ermittlungen bei der FIU

Beitragvon Cologne » Do 23. Jul 2020, 14:51

Knaecke77 hat geschrieben:
Di 21. Jul 2020, 07:04
Die Frage ist ja, ob es aufgrund des enorm gestiegenen Hinweisaufkommens auch beim BKA zu diesen massiven Problemen gekommen wäre oder dies besonderer zollinterner Abläufe geschuldet ist?! :gruebel:
Das weiß man nicht,
man hat es seit Einführung der KLP nicht geschafft Qualitätsstandards für einfachste Abläufe festzulegen.
Daher kann es sein, dass bei Dienststelle A beim Zoll der Vorgang X rein rechnerisch zwei Stunden Bearbeitungszet hat, und ein gleicher Vorgang bei Dienststelle B 10 Minuten.
Da nirgendwo festgehalten wird wie der Vorgang zu erledigen ist. sind beide Bearbeitungszeiten gängige Praxis. Die 10 Minuten sind typisch für die Personalverschleissdienststellen, also die Dienststellen mit unzureichender Personalausstattung. Hierzu könnte nach bisherigem Kenntnisstand auch die FIU gehören.
Ich glaube nicht, dass das BKA so arbeitet.

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Re: Ermittlungen bei der FIU

Beitragvon Knaecke77 » Fr 24. Jul 2020, 08:40

Das Desaster um die Financial Intelligence Unit (FIU)
Missstände in der FIU werden auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen
Berlin/Köln/Hilden.

Vorläufiger Höhepunkt der öffentlichen Schmach ist die strafprozessuale Durchsuchung der FIU, weil der Verdacht auf Strafvereitelung im Amt besteht. Vermutlich liegt diesem Vorwurf aber nicht das Fehlverhalten Einzelner zu Grunde, sondern langjährige erhebliche Strukturprobleme und Probleme bei der strategischen Ausrichtung, die ursächlich dafür sind, dem Kernauftrag nicht gerecht zu werden.

Was nun, Herr Scholz? Vier Jahre ist es her, dass der damalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) veranlasst hat, dass die Financial Intelligence Unit (FIU) als Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen zur wirksamen Geldwäschebekämpfung aus dem Ressort des Bundesinnenministeriums in sein Finanzressort wechselte. Die neue Dienststelle FIU wurde in der Folge Teil des Zolls und hier wie eine kleine Matrjoschka als selbstständige Behörde in einer anderen selbstständigen Behörde in einer weiteren selbstständigen Behörde eingerichtet. So ist die heutige FIU Teil des Zollkriminalamtes (Abteilung D), das wiederum Teil der Generalzolldirektion (Direktion VIII) ist. Bereits diese organisatorische Einbindung der FIU ist alles andere als ein Garant für wirksame Geldwäschebekämpfung. Schlanke und verantwortliche Verwaltungsorganisation sieht unseres Erachtens anders aus. Das war zu Beginn bereits einer der großen Geburtsfehler. Schon die Einbindung des Zollkriminalamtes in die Generalzolldirektion ist polizeifachlich problematisch. Das gilt noch viel mehr für die weitere Einbindung der bewusst administrativ ausgerichteten FIU in eine materiell-rechtliche Polizeibehörde (Zollkriminalamt) unter dem Dach der riesigen und trägen Oberbehörde des Zolls.

Die FIU müsste vielmehr als tatsächlicher Intelligence-Dienst eine wirklich selbstständige und vor allem abgeschirmte Behörde neben der Generalzolldirektion (GZD) und dem Zollkriminalamt (ZKA) sein. Stattdessen hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) von den drei theoretisch denkbaren Varianten, die FIU als Polizei-, Verwaltungs- oder Intelligencebehörde einzurichten, mit der heute nur administrativ ausgerichteten Verwaltungsvariante die denkbar ungünstigste gewählt. In der Folge bedeutet das, dass die FIU nicht im Ansatz über die nötigen Daten und die nötige strategisch-fachliche Ausrichtung verfügt, die sie zur konkreten polizeilichen und nachrichtendienstlichen Analyse der vielen eingehenden Meldungen benötigt, um insbesondere fundierte und belastbare Verdachtslagen auf Organisierte Kriminalität und Terrorismusfinanzierung zu generieren. In Ermangelung ausreichender Zugänge auf polizeiliche und nachrichtendienstliche Daten und klarer polizeifachlicher Parameter für die Analyse sowie die mit dem Systemwechsel 2016 gekappten Schnittstellen zu den übrigen Polizeibehörden der Länder und des Bundes müht sich die FIU und ihr Personal nun redlich ab, den Bedürfnissen der Bedarfsträger bei den Ermittlungsbehörden im Land gerecht zu werden. Dieses Mühen steht jedoch seit Einrichtung der FIU in der unermüdlichen Kritik durch Landeskriminalämter, Staatsanwaltschaften und andere Ermittlungsdienste, die seit dem Start der FIU nicht abreißen. Auch eine Vielzahl von parlamentarischen Anfragen von Abgeordneten an die Bundesregierung, umfangreiche Medienberichterstattungen sowie zu Beginn noch wohl gemeinte Hinweise, Ratschläge und Warnungen aus der Fachwelt und seitens der Gewerkschaft der Polizei (GdP) wurden geflissentlich durch die Führung im BMF und in der GZD in den Wind geschossen. Zuletzt beschwerten sich sogar einige Landesjustizministerien in ungewöhnlicher Schärfe bei der Bundesjustizministerin über die Zustände in der FIU, die in ihrem vorherigen Amt im BMF als Parlamentarische Staatssekretärin oft die kritischen Anfragen aus dem Parlament beantwortet hat.

Nun werden die seit Jahren bekannten massiven Missstände in der FIU auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen. Vorläufiger Höhepunkt der öffentlichen Schmach ist die strafprozessuale Durchsuchung der FIU, weil der Verdacht auf Strafvereitelung im Amt besteht. Vermutlich liegt diesem Vorwurf aber nicht das Fehlverhalten Einzelner zu Grunde, sondern langjährige erhebliche Strukturprobleme und Probleme bei der strategischen Ausrichtung, die ursächlich dafür sind, dem Kernauftrag nicht gerecht zu werden.
Quelle: GdP


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