Richter verweigert die Blutentnahme

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Ghostrider1
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Richter verweigert die Blutentnahme

Beitragvon Ghostrider1 » Fr 21. Mai 2010, 12:33

Ein Fahrradfahrer ist im öVR unterwegs. Der Fahrradfahrer wird kontrolliert. Starker Alkoholgeruch. Ein AAT mit dem Drägergerät ergibt einen Wert über 1,6 Promille.
Der Bürger gibt an, eben ein Bier getrunken zu haben. Die Beamten warten 10 min. In der Zeit fand keine Aufnahme von Getränken statt. Der 2. AAT ergibt annäherend den gleichen Wert.

Über den DGF wird der Richter angerufen um eine BE machen zu dürfen. Der Richter verweigert aber, obwohl die Fakten eindeutig sind :!:

Nun meine Frage. Der Richter ist frei in der Beweiswürdigung, aber kann sich ein Richter der Strafvereitelung (im Amt) schuldig machen? Die Sachlage war eindeutig.

Die Anzeige § 316 StGB wurde zwar geschrieben, aber sie muß eingestellt werden, weil die Beweissicherung nicht vorgenommen wurde / werden durfte.

Edit: Rechtschreibefehler verbessert
Zuletzt geändert von Ghostrider1 am Fr 21. Mai 2010, 12:57, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Richter verweigert die Blutentnahme

Beitragvon Diag » Fr 21. Mai 2010, 12:36

Ghostrider1 hat geschrieben:Der Richter verweigert aber, obwohl die Fakten eindeutig sind :!:
Begründung?

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Ghostrider1
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Re: Richter verweigert die Blutentnahme

Beitragvon Ghostrider1 » Fr 21. Mai 2010, 12:47

Weiß ich nicht. Der Kollege hat es mir nur kurz gesagt, weil die Zeit knapp war. Ich war nicht dabei.

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Re: Richter verweigert die Blutentnahme

Beitragvon springer » Fr 21. Mai 2010, 13:07

Soviel ich weiß ist das beim Richter keine Strafvereitelung sondern Rechtsbeugung (§339 StGB).

Joe1605

Re: Richter verweigert die Blutentnahme

Beitragvon Joe1605 » Fr 21. Mai 2010, 13:26

Im Umkehrschluss könnte man dann ja sagen, dass immer wenn der Beweisgrenzwert überschritten ist, man gar keinen Richter anrufen muss!

Wenn die AAK nur knapp über dem Beweisgrenzwert lag, dann könnte er es mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begründen.

Oder? :)

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Re: Richter verweigert die Blutentnahme

Beitragvon Diag » Fr 21. Mai 2010, 13:27

Der Richtervorbehalt gilt dann aber immer noch.

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Re: Richter verweigert die Blutentnahme

Beitragvon MVA » Fr 21. Mai 2010, 13:54

Ghostrider1 hat geschrieben:Ein Fahrradfahrer ist im öVR unterwegs. Der Fahrradfahrer wird kontrolliert. Starker Alkoholgeruch. Ein AAT mit dem Drägergerät ergibt einen Wert über 1,6 Promille.
Stellt sich die Frage, ob "nur" der Grenzwert für die absolute FU genannt wurde, ober ob auch Ausfallerscheinungen zu beobachten waren. Im Falle der Ausfallerscheinungen hätte der Richter anordnen müssen. Hier zu spekulieren ist nicht so ergebnisorientiert, denn die AAK-Vortests sind Indizien mit Fehlerquote. Sollte nunmehr "nur" absolute FU begründet werden, da der erste Wert z.B. 1,63 und der zweite nach 10 Minuten 1,62 Promille betrug, ist die Entscheidung des Richters nachvollziehbar. Da innerhalb der ersten zwei Stunden nach der Radfahrt nicht zurückgerechnet wird, ist der Blutalkoholwert maßgeblich. Da die Möglichkeit nicht auszuschließen ist, dass bei abfallendem Wert zum Zeitpunkt der Feststellung auch der Grenzwert bei der Blutentnahme nicht mehr erreicht wird (Rückrechnung unzulässig), käme keine absolute FU mehr heraus!
Im einzelnen kann das nur der Richter begründen- ggf. ist sich an den AG-Präsidenten mit Klärungsbedarf für die Zukunft zu richten. Ich hätte den Anfangsverdacht auch für ausreichend gehalten. Aber der Richter hat nunmal die Hand drauf und der Beamte ist nicht mehr verantwortlich. Unbefriedigend, aber Tatsache.

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Re: Richter verweigert die Blutentnahme

Beitragvon Controller » Fr 21. Mai 2010, 14:08

Ich vermute einfach mal, dass der Richter argumentiert:

2 x über 1,6 Promille mit dem Drägergerät (also Datum und Zeit aktenkundig)
+
Fahrradfahrer (von einer eventuellen FE war keine Rede)
das reicht im hiesiger Bezirk zu einer Verurteilung ......... oder eben auch nicht :polizei10:

Probleme ?? :polizei10:


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Re: Richter verweigert die Blutentnahme

Beitragvon CopBerlin » So 23. Mai 2010, 07:56

Hi,

wenn der Richter nach Würdigung aller Umstände zu dem Entschluss kommen sollte, dass keine BE durchgefürht werden soll, dann ist das halt so.

Wo da das Problem sein soll, verstehe ich auch nicht wirklich ?

Mir darüber Gedanken zu machen, warum ein Richter/StA/AA augenscheinlich irgendwelche komischen, nicht navollziehbaren Entscheidungern trifft, habe ich mir schon lange abgewöhnt.

Und seine Entscheidung hat nun rein gar nichts mit Rechtsbeugung oder anderes zu tun.

:verweis:

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Re: Richter verweigert die Blutentnahme

Beitragvon HaSiBaer » So 23. Mai 2010, 08:43

Ich habe mir aber auch schon die Frage gestellt, warum Richter/STA kein Blut wollten. :polizei13:
KFZ-Führer mit 2,0 Promille und mehr, mit/ohne Ausfallerscheinung und da wurde nichts gemacht. Habe leider keine Erfahrung, wie die Verfahren ausgegangen sind.

Gruß HaSiBär

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Re: Richter verweigert die Blutentnahme

Beitragvon DocSnuggles » So 23. Mai 2010, 10:17

Wenn seine (Richter) Begründung lautet, dass er kurzfristig ohne eine Akte nicht entscheiden kann, dass kannst Du doch GiV annehmen.
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Re: Richter verweigert die Blutentnahme

Beitragvon Controller » So 23. Mai 2010, 10:24

öhm,

steile These, wie Lima immer zu sagen pflegt ! :polizei1:
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Re: Richter verweigert die Blutentnahme

Beitragvon Gast » So 23. Mai 2010, 10:27

DocSnuggles hat geschrieben:Wenn seine (Richter) Begründung lautet, dass er kurzfristig ohne eine Akte nicht entscheiden kann, [...].
na dann gibts ja nie wieder eine richterlich angeordnete BE weil zu dem zeitpunkt zu dem die entscheidung des richters eingeholt wird noch kein vorgang existiert.
der vorgang wird ja erst erstellt wenn der bes tatsächlich angezeigt wird.

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Re: Richter verweigert die Blutentnahme

Beitragvon Apollo » So 23. Mai 2010, 11:21

DocSnuggles hat geschrieben:Wenn seine (Richter) Begründung lautet, dass er kurzfristig ohne eine Akte nicht entscheiden kann, dass kannst Du doch GiV annehmen.
Hab ich schon mal in nem Urteil gelesen daß das wirklich zulässig ist.
Das stimmt wirklich auch wenns komisch klingt.
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Wo Alph, der heil´ge Strom, durchfloss,
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Re: Richter verweigert die Blutentnahme

Beitragvon General » So 23. Mai 2010, 12:01

CopBerlin hat geschrieben:Hi,

wenn der Richter nach Würdigung aller Umstände zu dem Entschluss kommen sollte, dass keine BE durchgefürht werden soll, dann ist das halt so.

Wo da das Problem sein soll, verstehe ich auch nicht wirklich ?

Mir darüber Gedanken zu machen, warum ein Richter/StA/AA augenscheinlich irgendwelche komischen, nicht navollziehbaren Entscheidungern trifft, habe ich mir schon lange abgewöhnt.

Und seine Entscheidung hat nun rein gar nichts mit Rechtsbeugung oder anderes zu tun.

:verweis:
Das verstehst du nicht? Meines Wissens nach ist der gemessene Atemalkohol kein rechtskräftiges Beweismittel.
Klar, wir waren alle nicht in der Situation und wer weiß wie das alles abgelaufen ist und was noch alles passiert oder nicht passiert ist. Aber mal angenommen es ist genau so wie beschrieben, dann muss doch wohl Blut abgenommen werden um einen gesicherten Wert zu erhalten, der auch vor Gericht verwendet werden kann. Das ist doch einfach nur logisch oder nicht? Und gerade bei einer so klaren Lage. Hier gehts nur um eine Alkoholmessung, was wenn es um eine schwere Straftat geht und der Richter "Nö" sagt, obwohl auch da die Lage klar ist...?!


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